Religionsfrage
Lessing nutzte das Werk Nathan der Weise, um die Frage nach der wahren Religion trotz Zensur versteckt stellen zu können.
Lessings Religionsansichten
- Stammt aus einer lutherischen Pastorenfamilie
- Studierte einige Zeit lang Theologie
- Nach dem Tod seiner Frau und seines Sohnes hinterfragte Lessing die Religion mehr denn je
- Lessing gab die Schriften des aufgeklärten Orientalisten Hermann Samuel Reimarus (1694-1768) heraus und zweifelte damit den Wahrheitsgehalt der Bibel an
- 1778 führte er den sogenannten Fragmentenstreit mit dem Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze
- Ein Zensurerlass vom 13. Juli 1778 verbot Lessing, sich weiter in seinen Werken zu Religionsfragen zu äußern
Die Ringparabel als Lessings Glaubensbekenntnis
- Lessing will die Frage klären, ob das Christentum, das Judentum oder der Islam die beste Religion ist
- In der Parabel lässt Lessing bzw. Nathan einen Richter antworten, dass diese Frage nicht geklärt werden kann; die drei Weltreligionen sind wie die drei Ringe ununterscheidbar, nur Gott selbst könne eine Entscheidung fällen
- Der Wettstreit der Brüder ist analog zum Krieg, den die drei monotheistischen Weltreligionen gegeneinander führen
- Wie die drei Söhnen in der Parabel sind auch alle drei Religionen einem Gott verpflichtet; außerdem werden alle Menschen von Gott gleich geliebt, wie auch der Vater alle Söhne gleich lieb hatte
- Es geht letzlich nicht darum, dafür zu kämpfen, welche Religion die wahre ist, sondern darum, als Mensch die Lehren der eigenen Religion zu leben und Gutes zu tun
- Die Parabel fordert eine friedliche Koexistenz der drei Religionen
Zusammenhang der Religionen
- Lessing zeigt mit Nathan der Weise auf, dass alle drei monotheistischen Religionen zusammenhängen; sinnbildlich damit, dass alle Religionen letzlich eine Familie sind
- Die Grundsätze der einen Religion finden sich in der anderen wieder
- Nicht nur, dass Menschen aller drei Religionen friedlich miteinander leben; besonders die Figur der Recha vereint alle drei Religionen in sich
- In der Ringparabel macht Lessing durch Nathan deutlich, dass alle drei Religionen ein und demselben Gott verpflichtet sind
Forderung nach Toleranz
- Jeder Mensch wird in eine Religion hineingeboren und glaubt den Überlieferungen seiner Vorfahren
- Alle Religionen erziehen ihre Mitglieder mit der Forderung nach Humanität, Nächstenliebe, Achtung der Menschen und Frieden
- Wer seine Religion, die er für wahr hält, leben will, muss demnach tolerant sein anderen Glaubensrichtungen gegenüber
- Toleranz bedeutet, andere Religionen wertzuschätzen und ihnen mit Respekt, Offenheit und Akzeptanz zu begegnen
- Lessing zeigt in Nathan der Weise auf, dass diese Toleranz oft fehlt. Besonders die fanatische Figur des christlichen Patriarchen, der die Kreuzzüge führt, soll dies verdeutlichen
- Durch Intoleranz anderen Religionen gegenüber wird jede Humanität zerstört; dies zeigt sich daran, dass der Patriarch den jüdischen Ziehvater auf dem Scheiterhaufen sehen will, obwohl dieser Recha als Kind vor dem Tod gerettet hat
- Nur Menschen, die ihre Vernunft benutzen, können tolerant sein; bestes Beispiel dafür ist Nathan, der Recha die Wahl lässt, was sie glauben möchte