Kontext und Einordnung

Aus: Georg Büchner: Dantons Tod, Reclam XL - Text und Kontext, Stuttgart, Reclam 2013 (Erstausgabe 1835).
Dantons Tod ist ein Drama von Georg Büchner. Wie kein anderes Drama des hessischen Autors wurde es bereits zu dessen Lebzeiten, nämlich 1835, veröffentlicht. Das Drama entstand in einer Zeit, in welcher Büchner und seine Freunde in Angst vor der Polizei lebten. 1834 hatte er mit anderen politisch Engagierten den Hessischen Landboten verfasst und veröffentlicht. Dieser war ein Pamphlet, das zum Widerstand gegen die herrschenden Klassen aufrief. Die mutmaßlichen Publizisten und Verfasser wurden von der Polizei verhört und festgenommen. Nach der Fertigstellung von Dantons Tod floh Büchner deshalb nach Straßburg, um seiner eigenen Verhaftung zu entgehen. Dantons Tod spielt im Paris zur Zeit der Französischen Revolution zwischen dem 24. März 1794 und dem 5. April desselben Jahres während einer Zeit großer Unsicherheit und politischer Intrigen inmitten des durch Robespierre angewandten Terrors. Wie der Name des Dramas bereits verrät, geht es um die letzten Lebenswochen Dantons und die Art und Weise, wie die einstige Ikone der Französischen Revolution als Verräter verurteilt und hingerichtet wird.
Die historische Bedeutung und Tragweite des Dramas zeigt sich sowohl an der geschichtlich genauen Darstellung und der häufigen Verwendung von Zitaten - diese sind zum Teil der Zeitschrift Unsere Zeit entnommen, welche sich in Büchners Familie großer Beliebtheit erfreute. Neben diesem historischen Stoff verarbeitet Büchner aber noch seine Welt- und Kunstauffassung. Danton und seine Freunde werden abseits der geschichtlichen Genauigkeit von Büchner benutzt, um für eine realistische Kunst einzutreten und Büchners eigene Glaubenszweifel zu äußern. Fiktives wie Historisches werden so miteinander verwoben, wobei die Handlung selbst nur in wenigen Punkten vom tatsächlichen Geschehen zu Dantons Zeit abweicht.
Das Drama ist in der Epoche des Vormärz zu verordnen. Die Vertreter des Vormärz waren zumeist junge Männer wie Büchner, sehr häufig noch Studenten, die mit ihrer politisch motivierten Literatur die Gesellschaft verändern und einen politischen Wandel provozieren wollten. Dabei wollten sie mit ihrer Literatur nah am Menschen und nah an der eigenen Zeit sein, beschäftigten sich also mit den Themen, die gerade relevant waren. Die Französische Revolution spielt eine herausragende Rolle in der Geschichte der Demokratie in Europa und beeinflusste vor allem die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Fast sämtliche in dieser Zeit betriebene Politik ist eine Reaktion auf die Französische Revolution oder deren Wirkung, die sich im erwachenden Wunsch nach Demokratie, im Liberalismus und dem Nationalismus zeigt. Büchner war der Strömung des Vormärz als junger Mann mit revolutionären Ideen nahe. Er besitzt in ihr jedoch eine Sonderrolle, da er sie für zu bürgerlich hielt und seine Literatur wegen ihrer Fortschrittlichkeit als sehr eigenständig bewertet wird - Büchner wird oft als ein Wegbereiter für den Realismus angesehen. Die Modernität Büchners zeigt sich vor allem in seinen realistischen Charakteren, die weder gut noch böse sind.