Handlung

Zusammenfassung

Die Erzählung Der Sandmann von E.T.A. Hoffmann handelt von dem Studenten Nathanael, dessen Leben von einem Kindheitstrauma rund um die rätselhafte Figur des Sandmanns geprägt ist. Sogar in seinem Studienwohnort G., fernab von seinem Zuhause, fühlt er sich von den bösen Mächten des Sandmanns verfolgt. Nicht einmal seine Verlobte Clara und sein Zieh-Bruder Lothar können ihm helfen. Zwar versuchen sie, Nathanael klar zu machen, dass er unter Wahnvorstellungen leidet, doch dieser will davon nichts hören. Er wird mehr und mehr verrückt und begeht schließlich Selbstmord.

Nathanael an Lothar

Die Erzählung beginnt mit einem Brief, den Nathanael an seinen Zieh-Bruder Lothar schreibt. Darin berichtet er von einer großen inneren Unruhe, die ihn in letzter Zeit plagt: „Etwas Entsetzliches ist in mein Leben getreten! - Dunkle Ahnungen eines grässlichen mir drohenden Geschicks breiten sich wie schwarze Wolkenschatten über mich aus, undurchdringlich jedem freundlichen Sonnenstrahl“ (S. 5, Z. 13-17). Verzweifelt versucht er Lothar zu schildern, was diesen „tödlichen Eindruck“ (S. 5, Z. 27) in ihm hinterlassen hat, und ahnt zugleich: „Jetzt hältst du mich gewiss für einen aberwitzigen Geisterseher“ (S. 5, Z. 25-26). All seine Sorge wurde nämlich von nichts anderem ausgelöst, als von einem Besuch eines Wetterglashändlers. Ebendieser erinnert ihn aber an eine grausame Geschichte aus seiner früheren Jugend. Damals schickte seine Mutter ihn abends oft mit den Worten „Zu Bette! Der Sandmann kommt, ich merk es schon“ (S.6, Z. 32-33) eilig von von seinem Vater weg. Kurz darauf konnte er schwere, polternde Schritte im Hausflur hören. Außerdem, so schreibt Nathanael, hat die Amme seiner Schwester ihn mit einer schlimmen Geschichte über den Sandmann geängstigt. „Das ist ein böser Mann, der kommt zu den Kindern, wenn sie nicht zu Bett gehen wollen, und wirft ihnen Händevoll Sand in die Augen, dass sie blutig zum Kopf herausspringen“ (S. 7, Z. 18-23), zitiert Nathanael die Amme. Eines Tages aber glaubte er nicht mehr an diese Geschichte und schlich sich heimlich in das Arbeitszimmer seines Vaters, um selbst herauszufinden, was es mit dem Sandmann wirklich auf sich hat. Der Sandmann entpuppte sich als der alte Advokat Coppelius, der ihm und seinen Geschwistern aufgrund der widerlichen Erscheinung verhasst war. Coppelius schien mit seinem Vater heimlich alchemistische Experimente durchzuführen. Es entstand ein seltsam riechender Dampf, Nathanael sah plötzlich Gesichter ohne Augen, kreischte auf und wurde so von Coppelius entdeckt. Der Anwalt habe ihn gepackt, ihm gedroht, seine Augen zu verbrennen, und ihm Hände und Füße abgerissen und verkehrt wieder eingesetzt, schreibt Nathanael weiter. Erst nach mehreren Wochen Fieber erwachte er wieder aus diesem Schrecken. Coppelius ließ sich fortan ein Jahr nicht mehr blicken. Bei seinem letzten Besuch aber kam es zu einer Explosion, bei der Nathanaels Vater starb. Nathanael und die Obrigkeit gaben Coppelius die Schuld daran, dieser aber war spurlos verschwunden. Doch nun hat Nathanael den Advokat Coppelius in dem Wetterglashändler Giuseppe Coppola wiedererkannt und kündigt gegenüber Lothar an, dass er seinen Vater rächen will.

Clara an Nathanael

Anstelle einer Antwort von Lothar, erhält Nathanael einen Brief von seiner Verlobten Clara. Sie erklärt ihm, dass er versehentlich ihren Namen auf den Umschlag geschrieben hatte und der Brief so in ihre Hände fiel. Zunächst gesteht sie, dass der Anfang seines Briefes sie „tief erschütterte“ (S. 15, Z. 17) und der Wetterglashändler sogar ihren „sonst so ruhigen Schlaf in allerlei wunderlichen Traumgebilden zerstören konnte“ (S. 15, Z. 30-31). Schon Tags darauf aber war sie wieder beruhigt. Gerade heraus schreibt sie Nathanael, dass er sich alles nur eingebildet haben muss, dass „alles Entsetzliche und Schreckliche, wovon du sprichst, nur in deinem Innern vorging, die wahre wirkliche Außenwelt aber daran wenig teilhatte“ (S.15, Z. 40, S. 16 Z. 1-2). Sie erklärt ihm, dass seine Mutter wohl wegen der alchemistischen Versuche des Vaters unzufrieden war. Weiter zitiert sie einen Apotheker, der ihr bestätigte, dass eine tödliche Explosion bei solchen Versuchen vorkommen kann. Clara versucht ihrem Verlobten klar zu machen, dass er die böse Macht in seinem Inneren gewinnen lässt, wenn er an sie glaubt. Darüber sei sie sich auch mit Lothar einig. Deshalb empfiehlt sie Nathanael: „Sei heiter - heiter!“ (S. 18, Z. 14).

Nathanael an Lothar

Nachdem Nathanael den Brief von Clara gelesen hat, schreibt er erneut an Lothar. Er zeigt sich erstaunt über Claras verständige, logische Erörterung seiner Situation und schreibt weiter: „Übrigens ist es wohl gewiss, dass der Wetterglashändler Giuseppe Coppola keineswegs der alte Advokat Coppelius ist“ (S. 19, Z. 3-5). Sein Physikprofessor Spalanzani habe ihm erklärt, er kenne den italienischen Coppola schon lange. Trotzdem gibt Nathanael zu, dass er den bedrohlichen Eindruck, den Coppola auf ihn gemacht hat, nicht vergessen kann. Er sei also nicht ganz beruhigt. Weiter berichtet Nathanael seinem Ziehbruder von der seltsamen Tochter seines Professors. Er habe Olimpia eingesperrt in einem Raum entdeckt, in dem sie regungslos und mit starrem Blick saß. Nach dieser kleinen Anekdote beendet Nathanael seinen Brief mit der Ankündigung, dass er bald für einen Besuch zu seiner Familie kommen wird.

Zwischenrede des Erzählers

Nach diesem kurzen Briefwechsel schaltet sich nun ein Erzähler ein. Dieser stellt sich dem Leser als ein Freund von Nathanael vor und erklärt in einer kurzen Zwischenrede, wie schwer es ihm gefallen ist, die wunderliche, verhängnisvolle Geschichte von Nathanaels Leben wiederzugeben. „Nimm, geneigter Leser! die drei Briefe, welche Freund Lothar mir gütigst mitteilte, für den Umriss des Gebildes, in das ich nun erzählend immer mehr und mehr Farbe hineinzutragen mich bemühen werde“ (S. 22, Z. 7-11), schreibt er. Außerdem erklärt er dem Leser die Grundsituation: Nathanaels Mutter hatte kurz nach dem Tod ihres Mannes die verwaisten Geschwister Clara und Lothar bei sich aufgenommen. Nathanael hätte sich bald in Clara verliebt, die keineswegs als schön gelten könne, aber wunderbares Haar und faszinierende Augen habe. Außerdem habe sie ein heiteres, zartes Gemüt mit scharfem Verstand und eine schweigsame Art.
Nach dieser eingehenden Erklärung fährt der Erzähler mit der eigentlichen Handlungsbeschreibung fort. Er berichtet, dass Nathanael schon kurz nach seiner Heimkehr alle Wiedersehensfreude vergisst und wieder in düstere Gedanken versinkt. Andauernd spricht er von dunklen Mächten und riskiert damit sein Liebesglück mit Clara. „Sein Verdruss über Claras kaltes prosaisches Gemüt stieg höher, Clara konnte ihren Unmut über Nathanaels dunkle, düstere, langweilige Mystik nicht überwinden, und so entfernten beide im Innern sich immer mehr voneinander“ (S. 26, Z. 2-6), lässt der Erzähler den Leser wissen. Als Nathanael seiner Verlobten ein Gedicht vorträgt, in dem Coppelius ihre Liebe zerstört, kommt es schließlich zum Streit. Um seine zutiefst verletzte Schwester zu verteidigen, fordert Lothar seinen Zieh-Bruder zum Zweikampf heraus. Clara aber stürzt kurz vor dem Kampf herbei und klagt die Männer an: „Stoßt mich nur gleich nieder, eher ihr euch anfallt“ (S. 28, Z. 30). Daraufhin erwacht Nathanael aus seinem Wahn, spürt die Liebe zu Clara neu erblühen und versöhnt sich mit ihr und Lothar. Drei Tage später reist Nathanael wie befreit zurück nach G., wo er noch ein Jahr lang studieren will.

Weitere Erzählung

Zurück in seiner Studienstadt G. erfährt Nathanael, dass seine Wohnung niedergebrannt ist. Er muss umziehen und erhält eine Wohnung, die direkt gegenüber der seines Professors Spalanzani liegt. Zwar bemerkt er, dass er direkt in Olimpias Zimmer sehen kann. Die schöne Tochter seines Professors war ihm aber gleichgültig, hat er doch Clara in seinem Herzen. Eines Tages aber bekommt Nathanael erneut Besuch von Coppola, der ihm „sköne Oke“ (S. 30, Z. 28) anbietet. Nathanael - so ruhig er zu bleiben versucht - spürt wieder seinen alten Schrecken, sieht beim Anblick der vielen Brillen tausend zuckende Augen. Erst als Coppola die Brillen wegpackt, wird Nathanael wieder ruhig und kauft ihm als Wiedergutmachung für sein Verhalten ein Taschenperspektiv ab. Er blickt mit dem kleinen Fernglas hinüber in Olimpias Zimmer und ist plötzlich fasziniert von ihr. Ihre einst starren, toten Augen erwachen und erscheinen ihm durch das Fernglas immer lebendiger. Tage lang beobachtet er wie verzaubert seine Nachbarin, Clara wich aus seinem Innern. Bei einer Feier im Hause Spalanzani verliebt er sich schließlich völlig in Olimpia, besucht sie fortan regelmäßig. Es stört ihn auch nicht, dass sein Freund Siegmund und die anderen jungen Männer Olimpia als starr, seelenlos und Holzpuppe bezeichnen. Nathanael will Olimpia sogar einen Heiratsantrag machen. Auf dem Weg zu ihr hört er in Spalanzanis Studierzimmer seinen Professor mit Coppola streiten. Beide zerren an einer Puppe, die, wie er erkennen muss, Olimpia ist. Als Coppola mit ihr davonrennt und Spalanzani Nathanael mit den Glasaugen bewirft, packt ihn der Wahnsinn. Nathanael versucht Spalanzani zu erwürgen und wird daraufhin in ein Irrenhaus gebracht.
Der Erzähler berichtet nun, dass die Geschichte von der mechanischen Holzpuppe in der Bevölkerung für allerlei Verunsicherung geführt habe. Nathanael wurde währenddessen von seinem Wahnsinn geheilt. Wieder versöhnt mit Clara plant er die gemeinsame Zukunft auf einem Gutshof und steigt mit ihr zum Abschied aus dem Städtchen auf den Ratsturm hinauf. Als Clara ihn auf einen „sonderbaren kleinen grauen Busch“ (S. 44, Z. 30) aufmerksam macht, der auf sie zuzuschreiten scheint, greift Nathanael zu Coppolas Fernglas, schaut hindurch und wird wieder von seinem Wahn ergriffen. Er erblickt in Clara ein Holzpüppchen und will sie vom Turm stoßen. Lothar eilt herbei und rettet Clara. Nathanael aber, der unten in der Menschenmenge Coppelius erblickt, springt vom Turm und schreit: „Ha! Sköne Oke - Sköne Oke“ (S. 45, Z. 34). Wie der Erzähler gehört haben will, hat Clara einige Jahre nach Nathanaels Selbstmord ihr Familienglück noch gefunden.