Aus: Friedrich Schiller: Maria Stuart, Reclam Ausgabe 2001.
Der erste Aufzug des Trauerspiels
Maria Stuart spielt im Schloss zu Fotheringhay.
Erster Auftritt
Der Ritter Paulet und sein Gehilfe Drury dringen in das Zimmer von Maria Stuart ein, um nach verstecktem Schmuck zu suchen, mit dem Maria Stuart das Personal bestechen könnte. Mit Hilfe eines Brecheisens öffnen sie die Schränke und wühlen in den privaten Gegenständen der Gefangenen herum. Hanna Kennedy, die Amme der Königin von Schottland, versucht, die beiden Männer aufzuhalten und bittet um Gnade. Doch Paulet lässt sich nicht auf ihre Bitten ein und steckt die gefundenen Briefe und den letzten Schmuck von Maria Stuart ein. Die Amme klagt, dass Maria Stuart doch nach England gekommen sei, um Schutz zu suchen und nun stattdessen unwürdig gefangen gehalten würde. Paulet ist da allerdings anderer Meinung. Er erklärt, Maria Stuart sei eine Mörderin, die nun England bedrohe.
Zweiter Auftritt
Maria Stuart kommt mit Schleier und Kreuz in der Hand hinzu. Kennedy eilt sofort zu ihr und berichtet, dass sie nun nichts Königliches mehr besitze. Die Königin von Schottland aber trägt diese Nachricht mit Fassung und wendet sich freundlich an Paulet. Er solle den Brief, den er ihr stehlen wollte, der Königin von England übergeben. Mit dem Brief will Maria Stuart um ein Treffen mit Elisabeth bitten, damit sie sich ihr öffnen kann. Weiterhin erbittet Maria Stuart von ihrem Hüter einen katholischen Priester und einen Notar, um ihr Testament aufzusetzen. Auch um das Wohlergehen ihrer Diener sorgt sie sich. Doch weder dazu, noch zur Frage nach ihrem Urteil, bekommt Maria Stuart von Ritter Paulet eine Antwort.
Dritter Auftritt
Mortimer, Paulets Neffe, tritt in das Zimmer, ohne Maria Stuart auch nur eines Blickes zu würdigen. Er teilt Paulet mit, dass er gesucht wird und verlässt sofort wieder den Raum. Maria klagt daraufhin über den Übermut von Mortimer und bittet, dass Paulet ihr dessen Anblick erspart. Der aber erklärt nur: „Er ist keiner von den weichen Toren, die eine falsche Weiberträne schmelzt. (...) Lady, an dem ist Eure Kunst verloren!“ (S. 13, Z. 257-261) Mit diesen Worten verlässt er den Raum.
Vierter Auftritt
Maria Stuart und ihre Amme bleiben allein zurück. Kennedy erkennt schnell, dass die Königin von Schottland plötzlich mutlos und nachdenklich ist. Es ist der Jahrestag der Ermordung ihres Gatten. Maria Stuart fühlt sich noch immer schuldig, weil sie ihn ins „Todesnetz“ (S. 14, Z. 293) lockte. Kennedy versucht ihre Königin zu trösten, sie hätte ihren Mann nicht umgebracht, erinnert an dessen blutige Taten und die bösen Künste von Bothwell, der Maria Stuart verführte. Maria solle neuen Mut fassen und sich nicht in England wegen dieser Tat gefangen halten lassen.
Fünfter Auftritt
Mortimer tritt scheu ins Zimmer und schickt Kennedy als Wache hinaus, damit er mit Maria Stuart sprechen kann. Die beiden Frauen gehen zunächst nicht darauf ein, erst nachdem Mortimer der Königin eine Karte überreicht und deutlich macht, dass sein Onkel der Feind ist, verlässt die Amme den Raum.
Sechster Auftritt
Die Karte entpuppt sich als Nachricht des Kardinals von Lothringen aus Frankreich, dem Onkel der schottischen Königin. „Traut dem Sir Mortimer, der Euch dies bringt, denn keinen treuern Freund habt ihr in England“, schreibt dieser (S. 17, Z. 388-389). Mortimer berichtet Maria Stuart, wie er über ihren Onkel den Bischof von Roße, Leßley, kennenlernte. Dieser berichtete ihm von Marias Märtyrtum, woraufhin Mortimer recherchierte und zu dem Schluss kam, dass Maria Stuart und nicht Elisabeth als uneheliches Kind Königin von England sein sollte. Mortimer, ganz verzückt von Maria Stuart, will sie retten und gesteht ihr nun, dass sie schuldig gesprochen wurde und getötet werden soll. Maria Stuart, die mit lebenslanger Haft gerechnet hatte, kann nicht glauben, dass Elisabeth sie aufs Schafott jagt. Sie fürchtet sich vielmehr vor heimlichem Mord. Davor möchte Mortimer sie mit Hilfe von zwölf Jünglingen bewahren. Maria Stuart will ihn allerdings von diesem 0lan abbringen. Sie bittet ihn stattdessen mit Graf Leicester zu sprechen und überreicht ihm ein Schreiben mit ihrem Bildnis. Als die Amme die beiden vor der Ankunft von Paulet und Lord Burleigh warnt, verschwindet Mortimer heimlich.
Siebenter Auftritt
Lord Burleigh, der Großschatzmeister von England, kommt als Gesandter des Gerichts. Er soll Maria Stuart das Urteil verkünden. Diese beklagt, dass ihr Verfahren nicht korrekt gewesen sei und diskutiert mit Burleigh über die Strafe. Burleigh bleibt standhaft, wirft ihr sogar vor, sie wollte mittels Bürgerkrieg Englands Thron übernehmen und hätte sich mit anderen Königen gegen England verschworen. Maria Stuart wehrt die Vorwürfe ab und betont, dass sie, anders als Elisabeth, sich nie mit Mord beflecken würde.
Achter Auftritt
Nachdem Maria Stuart das Zimmer verlassen hat, bleiben Burleigh und Paulet allein zurück. Der Kerkermeister gibt zu, dass im Rechtsstreit nicht alles korrekt zugegangen sei und merkt an, dass dieser Umstand für England ein Problem werden könnte. Burleigh schlägt Paulet daraufhin indirekt den Mord an Maria Stuart vor, um Königin Elisabeth die schwere Entscheidung zu ersparen. Dieser aber lehnt entschieden ab und betont, er werde Maria Stuart bis zu ihrer Hinrichtung schützen.