Lerninhalte in Deutsch
Abi-Aufgaben LF
Lektürehilfen
Lektüren
Basiswissen
Inhaltsverzeichnis

Erster Auftritt

2
Szene: in den Kreuzgängen des Klosters.
3
Der Klosterbruder und bald darauf der Tempelherr.
4
Klosterbruder:
5
Ja, ja! er hat schon recht, der Patriarch!
6
Es hat mir freilich noch von alledem
7
Nicht viel gelingen wollen, was er mir
8
So aufgetragen. Warum trägt er mir
9
Auch lauter solche Sachen auf? Ich mag
10
Nicht fein sein; mag nicht überreden; mag
11
Mein Näschen nicht in alles stecken; mag
12
Mein Händchen nicht in allem haben. Bin
13
Ich darum aus der Welt geschieden, ich
14
Für mich; um mich für andre mit der Welt
15
Noch erst recht zu verwickeln?
16
Tempelherr (mit Hast auf ihn zukommend):
17
Guter Bruder!
18
Da seid Ihr ja. Ich hab Euch lange schon
19
Gesucht.
20
Klosterbruder:
21
Mich, Herr?
22
Tempelherr:
23
Ihr kennt mich schon nicht mehr?
24
Klosterbruder:
25
Doch, doch! Ich glaubte nur, daß ich den Herrn
26
In meinem Leben wieder nie zu sehn
27
Bekommen würde. Denn ich hofft' es zu
28
Dem lieben Gott. Der liebe Gott, der weiß,
29
Wie sauer mir der Antrag ward, den ich
30
Dem Herrn zu tun verbunden war. Er weiß,
31
Ob ich gewünscht, ein offnes Ohr bei Euch
32
Zu finden; weiß, wie sehr ich mich gefreut,
33
Im Innersten gefreut, daß Ihr so rund
34
Das alles, ohne viel Bedenken, von
35
Euch wies't, was einem Ritter nicht geziemt.
36
Nun kommt Ihr doch; nun hat's doch nachgewirkt!
37
Tempelherr:
38
Ihr wißt es schon, warum ich komme? Kaum
39
Weiß ich es selbst.
40
Klosterbruder:
41
Ihr habt's nun überlegt;
42
Habt nun gefunden, daß der Patriarch
43
So unrecht doch nicht hat; daß Ehr' und Geld
44
Durch seinen Anschlag zu gewinnen; daß
45
Ein Feind ein Feind ist, wenn er unser Engel
46
Auch siebenmal gewesen wäre. Das,
47
Das habt Ihr nun mit Fleisch und Blut erwogen,
48
Und kommt, und tragt Euch wieder an. Ach Gott!
49
Tempelherr:
50
Mein frommer, lieber Mann! gebt Euch zufrieden.
51
Deswegen komm ich nicht; deswegen will
52
Ich nicht den Patriarchen sprechen. Noch,
53
Noch denk ich über jenen Punkt, wie ich
54
Gedacht, und wollt' um alles in der Welt
55
Die gute Meinung nicht verlieren, deren
56
Mich ein so grader, frommer, lieber Mann
57
Einmal gewürdiget. Ich komme bloß,
58
Den Patriarchen über eine Sache
59
Um Rat zu fragen ...
60
Klosterbruder:
61
Ihr den Patriarchen?
62
Ein Ritter, einen Pfaffen?
63
(Sich schüchtern umsehend.)
64
Tempelherr:
65
Ja; die Sach'
66
Ist ziemlich pfäffisch.
67
Klosterbruder:
68
Gleichwohl fragt der Pfaffe
69
Den Ritter nie, die Sache sei auch noch
70
So ritterlich.
71
Tempelherr:
72
Weil er das Vorrecht hat,
73
Sich zu vergehn; das unsereiner ihm
74
Nicht sehr beneidet. Freilich, wenn ich nur
75
Für mich zu handeln hätte; freilich, wenn
76
Ich Rechenschaft nur mir zu geben hätte:
77
Was braucht' ich Euers Patriarchen? Aber
78
Gewisse Dinge will ich lieber schlecht,
79
Nach andrer Willen, machen; als allein
80
Nach meinem, gut. Zudem, ich seh nun wohl,
81
Religion ist auch Partei; und wer
82
Sich drob auch noch so unparteiisch glaubt,
83
Hält, ohn' es selbst zu wissen, doch nur seiner
84
Die Stange. Weil das einmal nun so ist:
85
Wird's so wohl recht sein.
86
Klosterbruder:
87
Dazu schweig ich lieber.
88
Denn ich versteh den Herrn nicht recht.
89
Tempelherr:
90
Und doch!
91
(Laß sehn, warum mir eigentlich zu tun!
92
Um Machtspruch oder Rat? Um lautern, oder
93
Gelehrten Rat?)
94
Ich dank Euch, Bruder; dank
95
Euch für den guten Wink. Was Patriarch?
96
Seid Ihr mein Patriarch! Ich will ja doch
97
Den Christen mehr im Patriarchen, als
98
Den Patriarchen in dem Christen fragen.
99
Die Sach' ist die ...
100
Klosterbruder:
101
Nicht weiter, Herr, nicht weiter!
102
Wozu? Der Herr verkennt mich. Wer viel weiß,
103
Hat viel zu sorgen; und ich habe ja
104
Mich einer Sorge nur gelobt. O gut!
105
Hört! seht! Dort kömmt, zu meinem Glück, er selbst.
106
Bleibt hier nur stehn. Er hat Euch schon erblickt.

Weiter lernen mit SchulLV-PLUS!

monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?