27. Kapitel
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Innstetten und Annie saßen sich eine Weile stumm gegenüber; endlich
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als ihm die Stille peinlich wurde, tat er ein paar Fragen über die
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Schulvorsteherin und welche Lehrerin sie eigentlich am liebsten habe.
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Annie antwortete auch, aber ohne rechte Lust, weil sie fühlte, daß
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Innstetten wenig bei der Sache war. Es wurde erst besser, als Johanna
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nach dem zweiten Gericht ihrem Anniechen zuflüsterte, es gäbe noch was.
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Und wirklich, die gute Roswitha, die dem Liebling an diesem Unglückstag
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was schuldig zu sein glaubte, hatte noch ein übriges getan und sich zu
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einer Omelette mit Apfelschnitten aufgeschwungen.
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Annie wurde bei diesem Anblicke denn auch etwas redseliger, und
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ebenso zeigte sich Innstettens Stimmung gebessert, als es gleich danach
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klingelte und Geheimrat Rummschüttel eintrat. Ganz zufällig. Er sprach nur
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vor, ohne jede Ahnung, daß man nach ihm geschickt und um seinen
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Besuch gebeten habe. Mit den aufgelegten Kompressen war er zufrieden.
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»Lassen Sie noch etwas Bleiwasser holen und Annie morgen zu Hause
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bleiben. Überhaupt Ruhe.« Dann fragte er noch nach der gnädigen Frau
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und wie die Nachrichten aus Ems seien; er werde den andern Tag
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wiederkommen und nachsehen.
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Als man von Tisch aufgestanden und in das nebenan gelegene Zimmer –
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dasselbe, wo man mit so viel Eifer und doch vergebens nach dem
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Verbandstück gesucht hatte – eingetreten war, wurde Annie wieder auf das
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Sofa gebettet. Johanna kam und setzte sich zu dem Kind, während
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Innstetten die zahllosen Dinge, die bunt durcheinandergewürfelt noch auf
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dem Fensterbrett umher wieder in den Nähtisch einzuräumen begann. Dann
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und wann wußte er sich nicht recht Rat und mußte fragen.
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»Wo haben die Briefe gelegen, Johanna?«
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»Ganz zuunterst«, sagte diese, »hier in diesem Fach.«
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Und während so Frage und Antwort ging, betrachtete Innstetten etwas
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aufmerksamer als vorher das kleine, mit einem roten Faden
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zusammengebundene Paket, das mehr aus einer Anzahl zusammengelegter
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Zettel als auch Briefen zu bestehen schien. Er fuhr, als wäre es ein Spiel
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Karten, mit dem Daumen und Zeigefinger an der Seite des Päckchens hin,
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und einige Zeilen, eigentlich nur vereinzelte Worte, flogen dabei an seinem
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Auge vorüber. Von deutlichem Erkennen konnte keine Rede sein, aber es
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kam ihm doch so vor, als habe er die Schriftzüge schon irgendwo gesehen.
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Ob er nachsehen solle?
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»Johanna, Sie könnten uns den Kaffee bringen. Annie trinkt auch eine
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halbe Tasse. Der Doktor hat's nicht verboten, und was nicht verboten ist, ist
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erlaubt.«
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Als er das sagte, wand er den roten Faden ab und ließ, während Johanna
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das Zimmer verließ, den ganzen Inhalt des Päckchens rasch durch die
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Finger gleiten. Nur zwei, drei Briefe waren adressiert: »An Frau Landrat von
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Innstetten.« Er erkannte jetzt auch die Handschrift; es war die des Majors.
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Innstetten wußte nichts von einer Korrespondenz zwischen Crampas und
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Effi, und in seinem Kopf begann sich alles zu drehen. Er steckte das Paket
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zu sich und ging in sein Zimmer zurück. Etliche Minuten später, und
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Johanna, zum Zeichen, daß der Kaffee da sei, klopfte leise an die Tür.
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Innstetten antwortete auch, aber dabei blieb es; sonst alles still. Erst nach
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einer Viertelstunde hörte man wieder sein Aufundabschreiten auf dem
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Teppich.
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»Was nur Papa hat?« sagte Johanna zu Annie. »Der Doktor hat ihm doch
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gesagt, es sei nichts.«
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Das Aufundabschreiten nebenan wollte kein Ende nehmen. Endlich
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erschien Innstetten wieder im Nebenzimmer und sagte: »Johanna, achten
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Sie auf Annie und daß sie ruhig auf dem Sofa bleibt. Ich will eine Stunde
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gehen oder vielleicht zwei.«
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Dann sah er das Kind aufmerksam an und entfernte sich. »Hast du
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gesehen, Johanna, wie Papa aussah?«
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»Ja, Annie. Er muß einen großen Ärger gehabt haben. Er war ganz blaß.
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So hab ich ihn noch nie gesehen.«
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Es vergingen Stunden. Die Sonne war schon unter, und nur ein roter
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Widerschein lag noch über den Dächern drüben, als Innstetten wieder
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zurückkam. Er gab Annie die Hand, fragte, wie's ihr gehe, und ordnete dann
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an, daß ihm Johanna die Lampe in sein Zimmer bringe. Die Lampe kam
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auch. In dem grünen Schirm befanden sich halb durchsichtige Ovale mit
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Fotografien, allerlei Bildnisse seiner Frau, die noch in Kessin, damals, als
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man den Wichertschen »Schritt vom Wege« aufgeführt hatte, für die
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verschiedenen Mitspielenden angefertigt waren. Innstetten drehte den
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Schirm langsam von links nach rechts und musterte jedes einzelne Bildnis.
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Dann ließ er ab davon, öffnete, weil er es schwül fand, die Balkontür und
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nahm schließlich das Briefpaket wieder zur Hand.
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Es schien, daß er gleich beim ersten Durchsehen ein paar davon
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ausgewählt und obenauf gelegt hatte. Diese las er jetzt noch einmal mit
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halblauter Stimme.
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»Sei heute nachmittag wieder in den Dünen, hinter der Mühle. Bei der
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alten Adermann können wir uns ruhig sprechen, das Haus ist abgelegen
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genug. Du mußt Dich nicht um alles so bangen. Wir haben auch ein Recht.
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Und wenn Du Dir das eindringlich sagst, wird, denke ich, alle Furcht von Dir
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abfallen. Das Leben wäre nicht des Lebens wert, wenn das alles gelten
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sollte, was zufällig gilt. Alles Beste liegt jenseits davon. Lerne Dich daran
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freuen.«
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»...Fort, so schreibst Du, Flucht. Unmöglich. Ich kann meine Frau nicht im
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Stich lassen, zu allem andern auch noch in Not. Es geht nicht, und wir
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müssen es leicht nehmen, sonst sind wir arm und verloren. Leichtsinn ist
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das Beste, was wir haben. Alles ist Schicksal. Es hat so sein sollen. Und
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möchtest Du, daß es anders wäre, daß wir uns nie gesehen hätten?«
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Dann kam der dritte Brief.
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»...Sei heute noch einmal an der alten Stelle. Wie sollen meine Tage hier
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verlaufen ohne Dich! In diesem öden Nest. Ich bin außer mir, und nur darin
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hast Du recht: Es ist die Rettung, und wir müssen schließlich doch die
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Hand segnen, die diese Trennung über uns verhängt.«
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Innstetten hatte die Briefe kaum wieder beiseite geschoben, als draußen
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die Klingel ging. Gleich danach meldete Johanna: »Geheimrat Wüllersdorf.«
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Wüllersdorf trat ein und sah auf den ersten Blick, daß etwas vorgefallen
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sein müsse.
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»Pardon, Wüllersdorf«, empfing ihn Innstetten, »daß ich Sie gebeten
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habe, noch gleich heute bei mir vorzusprechen. Ich störe niemand gern in
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seiner Abendruhe, am wenigsten einen geplagten Ministerialrat. Es ging
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aber nicht anders. Ich bitte Sie, machen Sie sich's bequem. Und hier eine
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Zigarre.«
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Wüllersdorf setzte sich. Innstetten ging wieder auf und ab und wäre bei
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der ihn verzehrenden Unruhe gern in Bewegung geblieben, sah aber, daß
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das nicht gehe. So nahm er denn auch seinerseits eine Zigarre, setzte sich
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Wüllersdorf gegenüber und versuchte ruhig zu sein. »Es ist«, begann er,
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»um zweier Dinge willen, daß ich Sie habe bitten lassen: erst um eine
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Forderung zu überbringen und zweitens um hinterher, in der Sache selbst,
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mein Sekundant zu sein; das eine ist nicht angenehm und das andere noch
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weniger. Und nun Ihre Antwort. «
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»Sie wissen, Innstetten, Sie haben über mich zu verfügen. Aber eh ich die
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Sache kenne, verzeihen Sie mir die naive Vorfrage: Muß es sein? Wir sind
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doch über die Jahre weg, Sie, um die Pistole in die Hand zu nehmen, und
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ich, um dabei mitzumachen. Indessen mißverstehen Sie mich nicht, alles
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dies soll kein Nein sein. Wie könnte ich Ihnen etwas abschlagen. Aber nun
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sagen Sie, was ist es?«
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»Es handelt sich um einen Galan meiner Frau, der zugleich mein Freund
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war oder doch beinah.«
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Wüllersdorf sah Innstetten an. »Innstetten, das ist nicht möglich.«
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»Es ist mehr als möglich, es ist gewiß. Lesen Sie.«
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Wüllersdorf flog drüber hin. »Die sind an Ihre Frau gerichtet?«
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»Ja. Ich fand sie heut in ihrem Nähtisch.«
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Und wer hat sie geschrieben?«
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»Major Crampas.«
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»Also Dinge, die sich abgespielt, als Sie noch in Kessin waren?«
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Innstetten nickte.
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»Liegt also sechs Jahre zurück oder noch ein halb Jahr länger.«
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»Ja.«
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Wüllersdorf schwieg. Nach einer Weile sagte Innstetten: »Es sieht fast so
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aus, Wüllersdorf, als ob die sechs oder sieben Jahre einen Eindruck auf Sie
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machten. Es gibt eine Verjährungstheorie, natürlich, aber ich weiß doch
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nicht, ob wir hier einen Fall haben, diese Theorie gelten zu lassen.«
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»Ich weiß es auch nicht«, sagte Wüllersdorf. »Und ich bekenne Ihnen
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offen, um diese Frage scheint sich hier alles zu drehen.«
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Innstetten sah ihn groß an. »Sie sagen das in vollem Ernst?«
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In vollem Ernst. Es ist keine Sache, sich in jeu d'esprit oder in
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dialektischen Spitzfindigkeiten zu versuchen. «
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»Ich bin neugierig, wie Sie das meinen. Sagen Sie mir offen, wie stehen
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Sie dazu?«
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»Innstetten, Ihre Lage ist furchtbar, und Ihr Lebensglück ist hin. Aber
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wenn Sie den Liebhaber totschießen, ist Ihr Lebensglück sozusagen
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doppelt hin, und zu dem Schmerz über empfangenes Leid kommt noch der
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Schmerz über getanes Leid. Alles dreht sich um die Frage, müssen Sie's
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durchaus tun? Fühlen Sie sich so verletzt, beleidigt, empört, daß einer weg
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muß, er oder Sie? Steht es so?«
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»Ich weiß es nicht.«
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»Sie müssen es wissen.«
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Innstetten war aufgesprungen, trat ans Fenster und tippte voll nervöser
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Erregung an die Scheiben. Dann wandte er sich rasch wieder, ging auf
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Wüllersdorf zu und sagte: »Nein, so steht es nicht.«
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»Wie steht es denn?«
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»Es steht so, daß ich unendlich unglücklich bin; ich bin gekränkt,
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schändlich hintergangen, aber trotzdem, ich bin ohne jedes Gefühl von Haß
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oder gar von Durst nach Rache. Und wenn ich mich frage, warum nicht, so
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kann ich zunächst nichts anderes finden als die Jahre. Man spricht immer
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von unsühnbarer Schuld; vor Gott ist es gewiß falsch, aber vor den
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Menschen auch. Ich hätte nie geglaubt, daß die Zeit, rein als Zeit, so wirken
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könne. Und dann als zweites: Ich liebe meine Frau, ja, seltsam zu sagen, ich
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liebe sie noch, und so furchtbar ich alles finde, was geschehen, ich bin so
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sehr im Bann ihrer Liebenswürdigkeit, eines ihr eigenen heiteren
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Scharmes, daß ich mich, mir selbst zum Trotz, in meinem letzten
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Herzenswinkel zum Verzeihen geneigt fühle.«
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Wüllersdorf nickte. »Kann ganz folgen, Innstetten, würde mir vielleicht
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ebenso gehen. Aber wenn Sie so zu der Sache stehen und mir sagen: 'Ich
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liebe diese Frau so sehr, daß ich ihr alles verzeihen kann', und wenn wir
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dann das andere hinzunehmen, daß alles weit, weit zurückliegt, wie ein
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Geschehnis auf einem andern Stern, ja, wenn es so liegt, Innstetten, so
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frage ich, wozu die ganze Geschichte?«
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»Weil es trotzdem sein muß. Ich habe mir's hin und her überlegt. Man ist
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nicht bloß ein einzelner Mensch, man gehört einem Ganzen an, und auf das
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Ganze haben wir beständig Rücksicht zu nehmen, wir sind durchaus
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abhängig von ihm. Ginge es, in Einsamkeit zu leben, so könnt ich es gehen
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lassen; ich trüge dann die mir aufgepackte Last, das rechte Glück wäre hin,
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aber es müssen so viele leben ohne dies 'rechte Glück', und ich würde es
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auch müssen und – auch können. Man braucht nicht glücklich zu sein, am
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allerwenigsten hat man einen Anspruch darauf, und den, der einem das
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Glück genommen hat, den braucht man nicht notwendig aus der Welt zu
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schaffen. Man kann ihn, wenn man weltabgewandt weiterexistieren will,
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auch laufen lassen. Aber im Zusammenleben mit den Menschen hat sich
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ein Etwas gebildet, das nun mal da ist und nach dessen Paragraphen wir
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uns gewöhnt haben, alles zu beurteilen, die andern und uns selbst. Und
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dagegen zu verstoßen geht nicht; die Gesellschaft verachtet uns, und
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zuletzt tun wir es selbst und können es nicht aushalten und jagen uns die
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Kugel durch den Kopf. Verzeihen Sie, daß ich Ihnen solche Vorlesung halte,
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die schließlich doch nur sagt, was sich jeder selber hundertmal gesagt hat.
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Aber freilich, wer kann was Neues sagen! Also noch einmal, nichts von Haß
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oder dergleichen, und um eines Glückes willen, das mir genommen wurde,
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mag ich nicht Blut an den Händen haben; aber jenes, wenn Sie wollen, uns
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tyrannisierende Gesellschafts-Etwas, das fragt nicht nach Scharm und
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nicht nach Liebe und nicht nach Verjährung. Ich habe keine Wahl. Ich
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muß.«
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»Ich weiß doch nicht, Innstetten ...«
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Innstetten lächelte. »Sie sollen selbst entscheiden, Wüllersdorf. Es ist
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jetzt zehn Uhr. Vor sechs Stunden, diese Konzession will ich Ihnen vorweg
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machen, hatt' ich das Spiel noch in der Hand, konnt' ich noch das eine und
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noch das andere, da war noch ein Ausweg. Jetzt nicht mehr, jetzt stecke ich
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in einer Sackgasse. Wenn Sie wollen, so bin ich selber schuld daran; ich
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hätte mich besser beherrschen und bewachen, alles in mir verbergen, alles
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im eignen Herzen auskämpfen sollen. Aber es kam mir zu plötzlich, zu
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stark, und so kann ich mir kaum einen Vorwurf machen, meine Nerven nicht
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geschickter in Ordnung gehalten zu haben. Ich ging zu Ihnen und schrieb
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Ihnen einen Zettel, und damit war das Spiel aus meiner Hand. Von dem
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Augenblick an hatte mein Unglück und, was schwerer wiegt, der Fleck auf
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meiner Ehre einen halben Mitwisser und nach den ersten Worten, die wir
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hier gewechselt, hat es einen ganzen. Und weil dieser Mitwisser da ist, kann
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ich nicht mehr zurück.«
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»Ich weiß doch nicht«, wiederholte Wüllersdorf. »Ich mag nicht gerne zu
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der alten abgestandenen Phrase greifen, aber doch läßt sich's nicht besser
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sagen: Innstetten, es ruht alles in mir wie in einem Grabe.«
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»Ja, Wüllersdorf, so heißt es immer. Aber es gibt keine Verschwiegenheit.
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Und wenn Sie's wahrmachen und gegen andere die Verschwiegenheit
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selber sind, so wissen Sie es, und es rettet mich nicht vor Ihnen, daß Sie
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mir eben Ihre Zustimmung ausgedrückt und mir sogar gesagt haben: ich
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kann Ihnen in allem folgen. Ich bin, und dabei bleibt es, von diesem
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Augenblick an ein Gegenstand Ihrer Teilnahme (schon nicht etwas sehr
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Angenehmes), und jedes Wort, das Sie mich mit meiner Frau wechseln
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hören, unterliegt Ihrer Kontrolle, Sie mögen wollen oder nicht, und wenn
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meine Frau von Treue spricht oder, wie Frauen tun, über eine andere zu
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Gericht sitzt, so weiß ich nicht, wo ich mit meinen Blicken hin soll. Und
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ereignet sich's gar, daß ich in irgendeiner ganz alltäglichen
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Beleidigungssache zum Guten rede, »weil ja der dolus fehle« oder so was
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Ähnliches, so geht ein Lächeln über Ihr Gesicht, oder es zuckt wenigstens
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darin, und in Ihrer Seele klingt es: 'Der gute Innstetten, er hat doch eine
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wahre Passion, alle Beleidigungen auf ihren Beleidigungsgehalt chemisch
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zu untersuchen, und das richtige Quantum Stickstoff findet er nie. Er ist
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noch nie an einer Sache erstickt.' ... Habe ich recht, Wüllersdorf, oder
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nicht?«
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Wüllersdorf war aufgestanden. »Ich finde es furchtbar, daß Sie recht
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haben, aber Sie haben recht. Ich quäle Sie nicht länger mit meinem 'Muß es
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sein?'. Die Welt ist einmal, wie sie ist, und die Dinge verlaufen nicht, wie wir
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wollen, sondern wie die andern wollen. Das mit dem 'Gottesgericht', wie
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manche hochtrabend versichern, ist freilich ein Unsinn, nichts davon,
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umgekehrt, unser Ehrenkultus ist ein Götzendienst, aber wir müssen uns
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ihm unterwerfen, solange der Götze gilt.«
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Innstetten nickte.
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Sie blieben noch eine Viertelstunde miteinander, und es wurde
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festgestellt, Wüllersdorf solle noch denselben Abend abreisen. Ein
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Nachtzug ging um zwölf.
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Dann trennten sie sich mit einem kurzen: »Auf Wiedersehen in Kessin.«