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Inhaltsverzeichnis

Fünfter Auftritt

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Der Prinz. Emilia. Marinelli.
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Der Prinz: Wo ist sie? wo? – Wir suchen Sie überall, schönstes Fräulein. –
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Sie sind doch wohl? – Nun so ist alles wohl! Der Graf, Ihre Mutter –
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Emilia: Ah, gnädigster Herr! Wo sind sie? Wo ist meine Mutter?
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Der Prinz: Nicht weit; hier ganz in der Nähe.
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Emilia: Gott, in welchem Zustande werde ich die eine oder den andern
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vielleicht treffen! Ganz gewiß treffen! – denn Sie verhehlen mir,
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gnädiger Herr – ich seh es, Sie verhehlen mir –
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Der Prinz: Nicht doch, bestes Fräulein. – Geben Sie mir Ihren Arm und
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folgen Sie mir getrost.
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Emilia (unentschlossen): Aber – wenn ihnen nichts widerfahren – wenn
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meine Ahnungen mich trügen: – warum sind sie nicht schon hier?
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Warum kamen sie nicht mit Ihnen, gnädiger Herr?
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Der Prinz: So eilen Sie doch, mein Fräulein, alle diese Schreckenbilder mit
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eins verschwinden zu sehen.
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Emilia: Was soll ich tun? (Die Hände ringend.)
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Der Prinz: Wie, mein Fräulein? Sollten Sie einen Verdacht gegen mich
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hegen? –
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Emilia (die vor ihm niederfällt): Zu Ihren Füßen, gnädiger Herr –
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Der Prinz (sie aufhebend): Ich bin äußerst beschämt. – Ja, Emilia, ich
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verdiene diesen stummen Vorwurf. – Mein Betragen diesen Morgen ist
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nicht zu rechtfertigen: – zu entschuldigen höchstens. Verzeihen Sie
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meiner Schwachheit. – Ich hätte Sie mit keinem Geständnisse
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beunruhigen sollen, von dem ich keinen Vorteil zu erwarten habe. Auch
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ward ich durch die sprachlose Bestürzung, mit der Sie es anhörten,
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oder vielmehr nicht anhörten, genugsam bestraft. – Und könnt' ich
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schon diesen Zufall, der mir nochmals, ehe alle meine Hoffnung auf
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ewig verschwindet – mir nochmals das Glück, Sie zu sehen und zu
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sprechen, verschafft; könnt' ich schon diesen Zufall für den Wink eines
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günstigen Glückes erklären – für den wunderbarsten Aufschub meiner
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endlichen Verurteilung erklären, um nochmals um Gnade flehen zu
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dürfen: so will ich doch – beben Sie nicht, mein Fräulein – einzig und
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allein von Ihrem Blicke abhangen. Kein Wort, kein Seufzer soll Sie
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beleidigen. – Nur kränke mich nicht Ihr Mißtrauen. Nur zweifeln Sie
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keinen Augenblick an der unumschränktesten Gewalt, die Sie über mich
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haben. Nur falle Ihnen nie bei, daß Sie eines andern Schutzes gegen
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mich bedürfen. – Und nun kommen Sie, mein Fräulein – kommen Sie,
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wo Entzückungen auf Sie warten, die Sie mehr billigen. (Er führt sie,
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nicht ohne Sträuben, ab.) Folgen Sie uns, Marinelli. –
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Marinelli: Folgen Sie uns – das mag heißen: folgen Sie uns nicht! – Was
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hätte ich ihnen auch zu folgen? Er mag sehen, wie weit er es unter vier
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Augen mit ihr bringt. – Alles, was ich zu tun habe, ist – zu verhindern,
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daß sie nicht gestöret werden. Von dem Grafen zwar hoffe ich nun wohl
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nicht. Aber von der Mutter; von der Mutter! Es sollte mich sehr wundern,
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wenn die so ruhig abgezogen wäre und ihre Tochter im Stiche gelassen
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hätte. – Nun, Battista? was gibt's?

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