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Inhaltsverzeichnis

Abschnitt 6

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Unter diesen Umständen übernahm der Doktor Martin Luther das
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Geschäft, den Kohlhaas, durch die Kraft beschwichtigender Worte, von
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dem Ansehn, das ihm seine Stellung in der Welt gab, unterstützt, in den
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Damm der menschlichen Ordnung zurückzudrücken, und auf ein tüchtiges
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Element in der Brust des Mordbrenners bauend, erließ er ein Plakat
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folgenden Inhalts an ihn, das in allen Städten und Flecken des
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Kurfürstentums angeschlagen ward:
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»Kohlhaas, der du dich gesandt zu sein vorgibst, das Schwert der
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Gerechtigkeit zu handhaben, was unterfängst du dich, Vermessener,
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im Wahnsinn stockblinder Leidenschaft, du, den Ungerechtigkeit
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selbst, vom Wirbel bis zur Sohle erfüllt? Weil der Landesherr dir, dem
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du untertan bist, dein Recht verweigert hat, dein Recht in dem Streit
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um ein nichtiges Gut, erhebst du dich, Heilloser, mit Feuer und
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Schwert, und brichst, wie der Wolf der Wüste, in die friedliche
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Gemeinheit, die er beschirmt. Du, der die Menschen mit dieser Angabe,
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voll Unwahrhaftigkeit und Arglist, verführt: meinst du, Sünder, vor Gott
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dereinst, an dem Tage, der in die Falten aller Herzen scheinen wird,
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damit auszukommen? Wie kannst du sagen, daß dir dein Recht
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verweigert worden ist, du, dessen grimmige Brust, vom Kitzel
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schnöder Selbstrache gereizt, nach den ersten, leichtfertigen
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Versuchen, die dir gescheitert, die Bemühung gänzlich aufgegeben
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hat, es dir zu verschaffen? Ist eine Bank voll Gerichtsdienern und
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Schergen, die einen Brief, der gebracht wird, unterschlagen, oder ein
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Erkenntnis, das sie abliefern sollen, zurückhalten, deine Obrigkeit?
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Und muß ich dir sagen, Gottvergessener, daß deine Obrigkeit von
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deiner Sache nichts weiß – was sag ich? daß der Landesherr, gegen
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den du dich auflehnst, auch deinen Namen nicht kennt, dergestalt, daß
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wenn dereinst du vor Gottes Thron trittst, in der Meinung, ihn
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anzuklagen, er, heiteren Antlitzes, wird sprechen können: diesem
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Mann, Herr, tat ich kein Unrecht, denn sein Dasein ist meiner Seele
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fremd? Das Schwert, wisse, das du führst, ist das Schwert des Raubes
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und der Mordlust, ein Rebell bist du und kein Krieger des gerechten
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Gottes, und dein Ziel auf Erden ist Rad und Galgen, und jenseits die
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Verdammnis, die über die Missetat und die Gottlosigkeit verhängt ist.
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Wittenberg, usw.
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Martin Luther.«
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Kohlhaas wälzte eben, auf dem Schlosse zu Lützen, einen neuen Plan,
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Leipzig einzuäschern, in seiner zerrissenen Brust herum: – denn auf die, in
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den Dörfern angeschlagene Nachricht, daß der Junker Wenzel in Dresden
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sei, gab er nichts, weil sie von niemand, geschweige denn vom Magistrat,
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wie er verlangt hatte, unterschrieben war: – als Sternbald und Waldmann
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das Plakat, das, zur Nachtzeit, an den Torweg des Schlosses, angeschlagen
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worden war, zu ihrer großen Bestürzung, bemerkten. Vergebens hofften sie,
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durch mehrere Tage, daß Kohlhaas, den sie nicht gern deshalb antreten
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wollten, es erblicken würde; finster und in sich gekehrt, in der Abendstunde
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erschien er zwar, aber bloß, um seine kurzen Befehle zu geben, und sah
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nichts: dergestalt, daß sie an einem Morgen, da er ein paar Knechte, die in
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der Gegend, wider seinen Willen, geplündert hatten, aufknöpfen lassen
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wollte, den Entschluß faßten, ihn darauf aufmerksam zu machen. Eben kam
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er, während das Volk von beiden Seiten schüchtern auswich, in dem
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Aufzuge, der ihm, seit seinem letzten Mandat, gewöhnlich war, von dem
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Richtplatz zurück, ein großes Cherubsschwert, auf einem rotledernen
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Kissen, mit Quasten von Gold verziert, ward ihm vorangetragen, und zwölf
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Knechte, mit brennenden Fackeln folgten ihm, da traten die beiden Männer,
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ihre Schwerter unter dem Arm, so, daß es ihn befremden mußte, um den
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Pfeiler, an welchen das Plakat angeheftet war, herum. Kohlhaas, als er, mit
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auf dem Rücken zusammengelegten Händen, in Gedanken vertieft, unter
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das Portal kam, schlug die Augen auf und stutzte; und da die Knechte, bei
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seinem Anblick, ehrerbietig auswichen: so trat er, indem er sie zerstreut
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ansah, mit einigen raschen Schritten, an den Pfeiler heran. Aber wer
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beschreibt, was in seiner Seele vorging, als er das Blatt, dessen Inhalt ihn
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der Ungerechtigkeit zieh, daran erblickte: unterzeichnet von dem teuersten
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und verehrungswürdigsten Namen, den er kannte, von dem Namen Martin
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Luthers! Eine dunkle Röte stieg in sein Antlitz empor; er durchlas es, indem
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er den Helm abnahm, zweimal von Anfang bis zu Ende; wandte sich, mit
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ungewissen Blicken, mitten unter die Knechte zurück, als ob er etwas
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sagen wollte, und sagte nichts; löste das Blatt von der Wand los, durchlas
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es noch einmal; und rief: Waldmann! laß mir mein Pferd satteln! sodann:
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Sternbald! folge mir ins Schloß! und verschwand. Mehr als dieser wenigen
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Worte bedurfte es nicht, um ihn, in der ganzen Verderblichkeit, in der er
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dastand, plötzlich zu entwaffnen. Er warf sich in die Verkleidung eines
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thüringischen Landpächters; sagte Sternbald, daß ein Geschäft, von
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bedeutender Wichtigkeit, ihn nach Wittenberg zu reisen nötige; übergab
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ihm, in Gegenwart einiger der vorzüglichsten Knechte, die Anführung des
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in Lützen zurückbleibenden Haufens; und zog, unter der Versicherung, daß
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er in drei Tagen, binnen welcher Zeit kein Angriff zu fürchten sei, wieder
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zurück sein werde, nach Wittenberg ab.
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Er kehrte, unter einem fremden Namen, in ein Wirtshaus ein, wo er,
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sobald die Nacht angebrochen war, in seinem Mantel, und mit einem Paar
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Pistolen versehen, die er in der Tronkenburg erbeutet hatte, zu Luthern ins
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Zimmer trat. Luther, der unter Schriften und Büchern an seinem Pulte saß,
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und den fremden, besonderen Mann die Tür öffnen und hinter sich
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verriegeln sah, fragte ihn: wer er sei? und was er wolle? und der Mann, der
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seinen Hut ehrerbietig in der Hand hielt, hatte nicht sobald, mit dem
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schüchternen Vorgefühl des Schreckens, den er verursachen würde,
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erwidert: daß er Michael Kohlhaas, der Roßhändler sei; als Luther schon:
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weiche fern hinweg! ausrief, und indem er, vom Pult erstehend, nach einer
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Klingel eilte, hinzusetzte: dein Odem ist Pest und deine Nähe Verderben!
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Kohlhaas, indem er, ohne sich vom Platz zu regen, sein Pistol zog, sagte:
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Hochwürdiger Herr, dies Pistol, wenn Ihr die Klingel rührt, streckt mich
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leblos zu Euren Füßen nieder! Setzt Euch und hört mich an; unter den
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Engeln, deren Psalmen Ihr aufschreibt, seid Ihr nicht sicherer, als bei mir.
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Luther, indem er sich niedersetzte, fragte: was willst du? Kohlhaas
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erwiderte: Eure Meinung von mir, daß ich ein ungerechter Mann sei,
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widerlegen! Ihr habt mir in Eurem Plakat gesagt, daß meine Obrigkeit von
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meiner Sache nichts weiß: wohlan, verschafft mir freies Geleit, so gehe ich
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nach Dresden, und lege sie ihr vor. – »Heilloser und entsetzlicher Mann!«
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rief Luther, durch diese Worte verwirrt zugleich und beruhigt: »wer gab dir
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das Recht, den Junker von Tronka, in Verfolg eigenmächtiger
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Rechtsschlüsse, zu überfallen, und da du ihn auf seiner Burg nicht fandst
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mit Feuer und Schwert die ganze Gemeinschaft heimzusuchen, die ihn
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beschirmt?« Kohlhaas erwiderte: hochwürdiger Herr, niemand, fortan! Eine
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Nachricht, die ich aus Dresden erhielt, hat mich getäuscht, mich verführt!
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Der Krieg, den ich mit der Gemeinheit der Menschen führe, ist eine
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Missetat, sobald ich aus ihr nicht, wie Ihr mir die Versicherung gegeben
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habt, verstoßen war! Verstoßen! rief Luther, indem er ihn ansah. Welch eine
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Raserei der Gedanken ergriff dich? Wer hätte dich aus der Gemeinschaft
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des Staats, in welchem du lebtest, verstoßen? Ja, wo ist, so lange Staaten
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bestehen, ein Fall, daß jemand, wer es auch sei, daraus verstoßen worden
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wäre? – Verstoßen, antwortete Kohlhaas, indem er die Hand
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zusammendrückte, nenne ich den, dem der Schutz der Gesetze versagt ist!
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Denn dieses Schutzes, zum Gedeihen meines friedlichen Gewerbes, bedarf
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ich; ja, er ist es, dessenhalb ich mich, mit dem Kreis dessen, was ich
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erworben, in diese Gemeinschaft flüchte; und wer mir ihn versagt, der stößt
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mich zu den Wilden der Einöde hinaus; er gibt mir, wie wollt Ihr das
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leugnen, die Keule, die mich selbst schützt, in die Hand. – Wer hat dir den
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Schutz der Gesetze versagt? rief Luther. Schrieb ich dir nicht, daß die
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Klage, die du eingereicht, dem Landesherrn, dem du sie eingereicht, fremd
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ist? Wenn Staatsdiener hinter seinem Rücken Prozesse unterschlagen,
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oder sonst seines geheiligten Namens, in seiner Unwissenheit, spotten;
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wer anders als Gott darf ihn wegen der Wahl solcher Diener zur
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Rechenschaft ziehen, und bist du, gottverdammter und entsetzlicher
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Mensch, befugt, ihn deshalb zu richten? – Wohlan, versetzte Kohlhaas,
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wenn mich der Landesherr nicht verstößt, so kehre ich auch wieder in die
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Gemeinschaft, die er beschirmt, zurück. Verschafft mir, ich wiederhol es,
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freies Geleit nach Dresden: so lasse ich den Haufen, den ich im Schloß zu
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Lützen versammelt, auseinander gehen, und bringe die Klage, mit der ich
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abgewiesen worden bin, noch einmal bei dem Tribunal des Landes vor. –
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Luther, mit einem verdrießlichen Gesicht, warf die Papiere, die auf seinem
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Tisch lagen, übereinander, und schwieg. Die trotzige Stellung, die dieser
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seltsame Mensch im Staat einnahm, verdroß ihn; und den Rechtsschluß,
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den er, von Kohlhaasenbrück aus, an den Junker erlassen, erwägend,
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fragte er: was er denn von dem Tribunal zu Dresden verlange? Kohlhaas
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antwortete: Bestrafung des Junkers, den Gesetzen gemäß;
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Wiederherstellung der Pferde in den vorigen Stand; und Ersatz des
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Schadens, den ich sowohl, als mein bei Mühlberg gefallener Knecht Herse,
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durch die Gewalttat, die man an uns verübte, erlitten. – Luther rief: Ersatz
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des Schadens! Summen zu Tausenden, bei Juden und Christen, auf
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Wechseln und Pfändern, hast du, zur Bestreitung deiner wilden
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Selbstrache, aufgenommen. Wirst du den Wert auch, auf der Rechnung,
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wenn es zur Nachfrage kommt, ansetzen? – Gott behüte! erwiderte
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Kohlhaas. Haus und Hof, und den Wohlstand, den ich besessen, fordere ich
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nicht zurück; so wenig als die Kosten des Begräbnisses meiner Frau!
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Hersens alte Mutter wird eine Berechnung der Heilkosten, und eine
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Spezifikation dessen, was ihr Sohn in der Tronkenburg eingebüßt,
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beibringen; und den Schaden, den ich wegen Nichtverkaufs der Rappen
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erlitten, mag die Regierung durch einen Sachverständigen abschätzen
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lassen. – Luther sagte: rasender, unbegreiflicher und entsetzlicher Mensch!
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und sah ihn an. Nachdem dein Schwert sich, an dem Junker, Rache, die
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grimmigste, genommen, die sich erdenken läßt: was treibt dich, auf ein
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Erkenntnis gegen ihn zu bestehen, dessen Schärfe, wenn es zuletzt fällt,
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ihn mit einem Gewicht von so geringer Erheblichkeit nur trifft? – Kohlhaas
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erwiderte, indem ihm eine Träne über die Wangen rollte: hochwürdiger
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Herr! es hat mich meine Frau gekostet; Kohlhaas will der Welt zeigen, daß
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sie in keinem ungerechten Handel umgekommen ist. Fügt Euch in diesen
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Stücken meinem Willen, und laßt den Gerichtshof sprechen; in allem
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anderen, was sonst noch streitig sein mag, füge ich mich Euch. – Luther
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sagte: schau her, was du forderst, wenn anders die Umstände so sind, wie
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die öffentliche Stimme hören läßt, ist gerecht; und hättest du den Streit,
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bevor du eigenmächtig zur Selbstrache geschritten, zu des Landesherrn
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Entscheidung zu bringen gewußt, so wäre dir deine Forderung, zweifle ich
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nicht, Punkt vor Punkt bewilligt worden. Doch hättest du nicht, alles wohl
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erwogen, besser getan, du hättest, um deines Erlösers willen, dem Junker
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vergeben, die Rappen, dürre und abgehärmt, wie sie waren, bei der Hand
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genommen, dich aufgesetzt, und zur Dickfütterung in deinen Stall nach
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Kohlhaasenbrück heimgeritten? – Kohlhaas antwortete: kann sein! indem
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er ans Fenster trat: kann sein, auch nicht! Hätte ich gewußt, daß ich sie mit
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Blut aus dem Herzen meiner lieben Frau würde auf die Beine bringen
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müssen: kann sein, ich hätte getan, wie Ihr gesagt, hochwürdiger Herr, und
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einen Scheffel Hafer nicht gescheut! Doch, weil sie mir einmal so teuer zu
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stehen gekommen sind, so habe es denn, meine ich, seinen Lauf: laßt das
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Erkenntnis, wie es mir zukömmt, sprechen, und den Junker mir die Rappen
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auffüttern. – – Luther sagte, indem er, unter mancherlei Gedanken, wieder
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zu seinen Papieren griff: er wolle mit dem Kurfürsten seinethalben in
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Unterhandlung treten. Inzwischen möchte er sich, auf dem Schlosse zu
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Lützen, still halten; wenn der Herr ihm freies Geleit bewillige, so werde man
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es ihm auf dem Wege öffentlicher Anplackung bekannt machen. – Zwar,
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fuhr er fort, da Kohlhaas sich herabbog, um seine Hand zu küssen: ob der
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Kurfürst Gnade für Recht ergehen lassen wird, weiß ich nicht; denn einen
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Heerhaufen, vernehm ich, zog er zusammen, und steht im Begriff, dich im
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Schlosse zu Lützen aufzuheben: inzwischen, wie ich dir schon gesagt
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habe, an meinem Bemühen soll es nicht liegen. Und damit stand er auf, und
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machte Anstalt, ihn zu entlassen. Kohlhaas meinte, daß seine Fürsprache
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ihn über diesen Punkt völlig beruhige; worauf Luther ihn mit der Hand
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grüßte, jener aber plötzlich ein Knie vor ihm senkte und sprach: er habe
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noch eine Bitte auf seinem Herzen. Zu Pfingsten nämlich, wo er an den
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Tisch des Herrn zu gehen pflege, habe er die Kirche, dieser seiner
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kriegerischen Unternehmungen wegen, versäumt; ob er die Gewogenheit
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haben wolle, ohne weitere Vorbereitung, seine Beichte zu empfangen, und
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ihm, zur Auswechselung dagegen, die Wohltat des heiligen Sakraments zu
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erteilen? Luther, nach einer kurzen Besinnung, indem er ihn scharf ansah,
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sagte: ja, Kohlhaas, das will ich tun! Der Herr aber, dessen Leib du
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begehrst, vergab seinem Feind. – Willst du, setzte er, da jener ihn betreten
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ansah, hinzu, dem Junker, der dich beleidigt hat, gleichfalls vergeben: nach
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der Tronkenburg gehen, dich auf deine Rappen setzen, und sie zur
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Dickfütterung nach Kohlhaasenbrück heimreisen? – »Hochwürdiger Herr«,
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sagte Kohlhaas errötend, indem er seine Hand ergriff, – nun? – »der Herr
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auch vergab allen seinen Feinden nicht. Laßt mich den Kurfürsten, meinen
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beiden Herren, dem Schloßvogt und Verwalter, den Herren Hinz und Kunz,
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und wer mich sonst in dieser Sache gekränkt haben mag, vergeben: den
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Junker aber, wenn es sein kann, nötigen, daß er mir die Rappen wieder dick
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füttere.« – Bei diesen Worten kehrte ihm Luther, mit einem
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mißvergnüglichen Blick, den Rücken zu, und zog die Klingel. Kohlhaas,
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während, dadurch herbeigerufen, ein Famulus sich mit Licht in dem Vorsaal
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meldete, stand betreten, indem er sich die Augen trocknete, vom Boden
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auf; und da der Famulus vergebens, weil der Riegel vorgeschoben war, an
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der Türe wirkte, Luther aber sich wieder zu seinen Papieren niedergesetzt
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hatte: so machte Kohlhaas dem Mann die Türe auf. Luther, mit einem
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kurzen, auf den fremden Mann gerichteten Seitenblick, sagte dem Famulus:
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leuchte! worauf dieser, über den Besuch, den er erblickte, ein wenig
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befremdet, den Hausschlüssel von der Wand nahm, und sich, auf die
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Entfernung desselben wartend, unter die halboffene Tür des Zimmers
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zurückbegab. – Kohlhaas sprach, indem er seinen Hut bewegt zwischen
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beide Hände nahm: und so kann ich, hochwürdigster Herr, der Wohltat
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versöhnt zu werden, die ich mir von Euch erbat, nicht teilhaftig werden?
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Luther antwortete kurz: deinem Heiland, nein; dem Landesherrn, – das
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bleibt einem Versuch, wie ich dir versprach, vorbehalten! Und damit winkte
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er dem Famulus, das Geschäft, das er ihm aufgetragen, ohne weiteren
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Aufschub, abzumachen. Kohlhaas legte, mit dem Ausdruck schmerzlicher
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Empfindung, seine beiden Hände auf die Brust; folgte dem Mann, der ihm
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die Treppe hinunter leuchtete, und verschwand.

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