Lerninhalte in Deutsch
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Inhaltsverzeichnis

Achter Auftritt

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Claudia Galotti. Die Vorigen.
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Claudia (die im Hereintreten sich umsiehet und, sobald sie ihren Gemahl
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erblickt, auf ihn zuflieget): Erraten! – Ah, unser Beschützer, unser
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Retter! Bist du da, Odoardo? Bist du da? – Aus ihren Wispern, aus
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ihren Mienen schloß ich es. – Was soll ich dir sagen, wenn du noch
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nichts weißt? – Was soll ich dir sagen, wenn du schon alles weißt? –
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Aber wir sind unschuldig. Ich bin unschuldig. Deine Tochter ist
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unschuldig. Unschuldig, in allem unschuldig!
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Odoardo (der sich bei Erblickung seiner Gemahlin zu fassen gesucht): Gut,
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gut. Sei nur ruhig, nur ruhig – und antworte mir. (Gegen die Orsina.)
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Nicht, Madame, als ob ich noch zweifelte – Ist der Graf tot?
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Claudia: Tot.
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Odoardo: Ist es wahr, daß der Prinz heute morgen Emilien in der Messe
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gesprochen?
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Claudia: Wahr. Aber wenn du wüßtest, welchen Schreck es ihr verursacht,
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in welcher Bestürzung sie nach Hause kam –
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Orsina: Nun, hab ich gelogen?
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Odoardo (mit einem bittern Lachen): Ich wollt' auch nicht, Sie hätten! Um
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wie vieles nicht!
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Orsina: Bin ich wahnwitzig?
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Odoardo (wild hin und her gehend): Oh – noch bin ich es auch nicht. –
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Claudia: Du gebotest mir ruhig zu sein, und ich bin ruhig. – Bester Mann,
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darf auch ich – ich dich bitten –
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Odoardo: Was willst du? Bin ich nicht ruhig? Kann man ruhiger sein, als ich
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bin? (Sich zwingend.) Weiß es Emilia, daß Appiani tot ist?
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Claudia: Wissen kann sie es nicht. Aber ich fürchte, daß sie es argwohnet,
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weil er nicht erscheinet. –
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Odoardo: Und sie jammert und winselt. –
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Claudia: Nicht mehr. – Das ist vorbei: nach ihrer Art, die du kennest. Sie ist
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die Furchtsamste und Entschlossenste unsers Geschlechts. Ihrer ersten
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Eindrücke nie mächtig, aber nach der geringsten Überlegung in alles
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sich findend, auf alles gefaßt. Sie hält den Prinzen in einer Entfernung,
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sie spricht mit ihm in einem Tone – Mache nur, Odoardo, daß wir
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wegkommen.
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Odoardo: Ich bin zu Pferde. – Was zu tun? – Doch, Madame, Sie fahren ja
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nach der Stadt zurück?
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Orsina: Nicht anders.
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Odoardo: Hätten Sie wohl die Gewogenheit, meine Frau mit sich zu
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nehmen?
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Orsina: Warum nicht? Sehr gern.
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Odoardo: Claudia – (ihr die Gräfin bekannt machend) die Gräfin Orsina,
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eine Dame von großem Verstande, meine Freundin, meine Wohltäterin.
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– Du mußt mit ihr herein, um uns sogleich den Wagen
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herauszuschicken. Emilia darf nicht wieder nach Guastalla. Sie soll mit
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mir.
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Claudia: Aber – wenn nur – Ich trenne mich ungern von dem Kinde.
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Odoardo: Bleibt der Vater nicht in der Nähe? Man wird ihn endlich doch
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vorlassen. Keine Einwendung! – Kommen Sie, gnädige Frau. (Leise zu
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ihr.) Sie werden von mir hören. – Komm, Claudia. (Er führt sie ab.)

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