Vor dem Tore
2
Spaziergänger aller Art ziehen hinaus.
3
4
Einige Handwerksburschen:
5
Warum denn dort hinaus?
6
7
Andre:
8
Wir gehn hinaus aufs Jägerhaus.
9
10
Die Ersten:
11
Wir aber wollen nach der Mühle wandern.
12
13
Ein Handwerksbursch:
14
Ich rat euch, nach dem Wasserhof zu gehn.
15
16
Zweiter:
17
Der Weg dahin ist gar nicht schön.
18
19
Die Zweiten:
20
Was tust denn du?
21
22
Ein Dritter:
23
Ich gehe mit den andern.
24
25
Vierter:
26
Nach Burgdorf kommt herauf, gewiß dort findet ihr
27
Die schönsten Mädchen und das beste Bier,
28
Und Händel von der ersten Sorte.
29
30
Fünfter:
31
Du überlustiger Gesell,
32
Juckt dich zum drittenmal das Fell?
33
Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.
34
35
Dienstmädchen:
36
Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zurück.
37
38
Andre:
39
Wir finden ihn gewiß bei jenen Pappeln stehen.
40
41
Erste:
42
Das ist für mich kein großes Glück;
43
Er wird an deiner Seite gehen,
44
Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.
45
Was gehn mich deine Freuden an!
46
47
Andre:
48
Heut ist er sicher nicht allein,
49
Der Krauskopf, sagt er, würde bei ihm sein.
50
51
Schüler:
52
Blitz, wie die wackern Dirnen schreiten!
53
Herr Bruder, komm! wir müssen sie begleiten.
54
Ein starkes Bier, ein beizender Toback,
55
Und eine Magd im Putz, das ist nun mein Geschmack.
56
57
Bürgermädchen:
58
Da sieh mir nur die schönen Knaben!
59
Es ist wahrhaftig eine Schmach:
60
Gesellschaft könnten sie die allerbeste haben,
61
Und laufen diesen Mägden nach!
62
63
Zweiter Schüler (zum ersten):
64
Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwei,
65
Sie sind gar niedlich angezogen,
66
s ist meine Nachbarin dabei;
67
Ich bin dem Mädchen sehr gewogen.
68
Sie gehen ihren stillen Schritt
69
Und nehmen uns doch auch am Ende mit.
70
71
Erster:
72
Herr Bruder, nein! Ich bin nicht gern geniert.
73
Geschwind! daß wir das Wildbret nicht verlieren.
74
Die Hand, die samstags ihren Besen führt
75
Wird sonntags dich am besten karessieren.
76
77
Bürger:
78
Nein, er gefällt mir nicht, der neue Burgemeister!
79
Nun, da er's ist, wird er nur täglich dreister.
80
Und für die Stadt was tut denn er?
81
Wird es nicht alle Tage schlimmer?
82
Gehorchen soll man mehr als immer,
83
Und zahlen mehr als je vorher.
84
85
Bettler (singt):
86
Ihr guten Herrn, ihr schönen Frauen,
87
So wohlgeputzt und backenrot,
88
Belieb es euch, mich anzuschauen,
89
Und seht und mildert meine Not!
90
Laßt hier mich nicht vergebens leiern!
91
Nur der ist froh, der geben mag.
92
Ein Tag, den alle Menschen feiern,
93
Er sei für mich ein Erntetag.
94
95
Andre Bürger:
96
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
97
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
98
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
99
Die Völker aufeinander schlagen.
100
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
101
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
102
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
103
Und segnet Fried und Friedenszeiten.
104
105
Dritter Bürger:
106
Herr Nachbar, ja! so laß ich's auch geschehn:
107
Sie mögen sich die Köpfe spalten,
108
Mag alles durcheinander gehn;
109
Doch nur zu Hause bleib's beim alten.
26
110
Alte (zu den Bürgermädchen):
111
Ei! wie geputzt! das schöne junge Blut!
112
Wer soll sich nicht in euch vergaffen?-
113
Nur nicht so stolz! es ist schon gut!
114
Und was ihr wünscht, das wüßt ich wohl zu schaffen.
115
116
Bürgermädchen:
117
Agathe, fort! ich nehme mich in acht,
118
Mit solchen Hexen öffentlich zu gehen;
119
Sie ließ mich zwar in Sankt Andreas' Nacht
120
Den künft'gen Liebsten leiblich sehen-
121
Die Andre:
122
Mir zeigte sie ihn im Kristall,
123
Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;
124
Ich seh mich um, ich such ihn überall,
125
Allein mir will er nicht begegnen.
126
127
Soldaten:
128
Burgen mit hohen
129
Mauern und Zinnen,
130
Mädchen mit stolzen
131
Höhnenden Sinnen
132
Möcht ich gewinnen!
133
Kühn ist das Mühen,
134
Herrlich der Lohn!
135
136
Und die Trompete
137
Lassen wir werben,
138
Wie zu der Freude,
139
So zum Verderben.
140
Das ist ein Stürmen!
141
Das ist ein Leben!
142
Mädchen und Burgen
143
Müssen sich geben.
144
Kühn ist das Mühen,
145
Herrlich der Lohn!
146
Und die Soldaten
147
Ziehen davon.
148
149
Faust und Wagner.
150
151
Faust:
152
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
153
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
154
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
155
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
156
Zog sich in rauhe Berge zurück.
157
Von dorther sendet er, fliehend, nur
158
Ohnmächtige Schauer kornigen Eises
159
In Streifen über die grünende Flur;
160
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
161
Überall regt sich Bildung und Streben,
162
Alles will sie mit Farben beleben;
163
Doch an Blumen fehlt's im Revier
164
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
165
Kehre dich um, von diesen Höhen
166
Nach der Stadt zurückzusehen.
167
Aus dem hohlen finstern Tor
168
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
169
Jeder sonnt sich heute so gern.
170
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
171
Denn sie sind selber auferstanden,
172
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
173
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
174
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
175
Aus der Straßen quetschender Enge,
176
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
177
Sind sie alle ans Licht gebracht.
178
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
179
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
180
Wie der Fluß, in Breit und Länge
181
So manchen lustigen Nachen bewegt,
182
Und bis zum Sinken überladen
183
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
184
Selbst von des Berges fernen Pfaden
185
Blinken uns farbige Kleider an.
186
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
187
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
188
Zufrieden jauchzet groß und klein:
189
Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!
190
191
Wagner:
192
Mit Euch, Herr Doktor, zu spazieren
193
Ist ehrenvoll und ist Gewinn;
194
Doch würd ich nicht allein mich her verlieren,
195
Weil ich ein Feind von allem Rohen bin.
196
Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben
197
Ist mir ein gar verhaßter Klang;
198
Sie toben wie vom bösen Geist getrieben
199
Und nennen's Freude. nennen's Gesang.
200
201
Bauern unter der Linde. Tanz und Gesang.
202
203
Der Schäfer putzte sich zum Tanz,
204
Mit bunter Jacke, Band und Kranz,
205
Schmuck war er angezogen.
206
Schon um die Linde war es voll,
207
Und alles tanzte schon wie toll.
208
Juchhe! Juchhe!
209
Juchheisa! Heisa! He!
210
So ging der Fiedelbogen.
211
212
Er drückte hastig sich heran,
213
Da stieß er an ein Mädchen an
214
Mit seinem Ellenbogen;
215
Die frische Dirne kehrt, sich um
216
Und sagte: Nun, das find ich dumm!
217
Juchhe! Juchhe!
218
Juchheisa! Heisa! He!
219
Seid nicht so ungezogen!
220
221
Doch hurtig in dem Kreise ging's,
222
Sie tanzten rechts, sie tanzten links,
223
Und alle Röcke flogen.
224
Sie wurden rot, sie wurden warm
225
Und ruhten atmend Arm in Arm,
226
Juchhe! Juchhe!
227
Juchheisa! Heisa! He!
228
Und Hüft an Ellenbogen.
229
230
Und tu mir doch nicht so vertraut!
231
Wie mancher hat nicht seine Braut
232
Belogen und betrogen!
233
Er schmeichelte sie doch bei Seit,
234
Und von der Linde scholl es weit:
235
Juchhe! Juchhe!
236
Juchheisa! Heisa! He!
237
Geschrei und Fiedelbogen.
238
239
Alter Bauer:
240
Herr Doktor, das ist schön von Euch,
241
Daß Ihr uns heute nicht verschmäht,
242
Und unter dieses Volksgedräng,
243
Als ein so Hochgelahrter, geht.
244
So nehmet auch den schönsten Krug,
245
Den wir mit frischem Trunk gefüllt,
246
Ich bring ihn zu und wünsche laut,
247
Daß er nicht nur den Durst Euch stillt:
248
Die Zahl der Tropfen, die er hegt,
249
Sei Euren Tagen zugelegt.
250
251
Faust:
252
Ich nehme den Erquickungstrank
253
Erwidr' euch allen Heil und Dank.
254
(Das Volk sammelt sich im Kreis umher.)
255
256
Alter Bauer:
257
Fürwahr, es ist sehr wohl getan,
258
Daß Ihr am frohen Tag erscheint;
259
Habt Ihr es vormals doch mit uns
260
An bösen Tagen gut gemeint!
261
Gar mancher steht lebendig hier
262
Den Euer Vater noch zuletzt
263
Der heißen Fieberwut entriß,
264
Als er der Seuche Ziel gesetzt.
265
Auch damals Ihr, ein junger Mann,
266
Ihr gingt in jedes Krankenhaus,
267
Gar manche Leiche trug man fort,
268
Ihr aber kamt gesund heraus,
269
Bestandet manche harte Proben;
270
Dem Helfer half der Helfer droben.
271
272
Alle:
273
Gesundheit dem bewährten Mann,
274
Daß er noch lange helfen kann!
275
276
Faust:
277
Vor jenem droben steht gebückt,
278
Der helfen lehrt und Hülfe schickt.
279
(Er geht mit Wagnern weiter.)
280
281
Wagner:
282
Welch ein Gefühl mußt du, o großer Mann,
283
Bei der Verehrung dieser Menge haben!
284
O glücklich, wer von seinen Gaben
285
Solch einen Vorteil ziehen kann!
286
Der Vater zeigt dich seinem Knaben,
287
Ein jeder fragt und drängt und eilt,
288
Die Fiedel stockt, der Tänzer weilt.
289
Du gehst, in Reihen stehen sie,
290
Die Mützen fliegen in die Höh;
291
Und wenig fehlt, so beugten sich die Knie,
292
Als käm das Venerabile.
293
294
Faust:
295
Nur wenig Schritte noch hinauf zu jenem Stein,
296
Hier wollen wir von unsrer Wandrung rasten.
297
Hier saß ich oft gedankenvoll allein
298
Und quälte mich mit Beten und mit Fasten.
299
An Hoffnung reich, im Glauben fest,
300
Mit Tränen, Seufzen, Händeringen
301
Dacht ich das Ende jener Pest
302
Vom Herrn des Himmels zu erzwingen.
303
Der Menge Beifall tönt mir nun wie Hohn.
304
O könntest du in meinem Innern lesen,
305
Wie wenig Vater und Sohn
306
Solch eines Ruhmes wert gewesen!
307
Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
308
Der über die Natur und ihre heil'gen Kreise
309
In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
310
Mit grillenhafter Mühe sann;
311
Der, in Gesellschaft von Adepten,
312
Sich in die schwarze Küche schloß,
313
Und, nach unendlichen Rezepten,
314
Das Widrige zusammengoß.
315
Da ward ein roter Leu, ein kühner Freier,
316
Im lauen Bad der Lilie vermählt,
317
Und beide dann mit offnem Flammenfeuer
318
Aus einem Brautgemach ins andere gequält.
319
Erschien darauf mit bunten Farben
320
Die junge Königin im Glas,
321
Hier war die Arzenei, die Patienten starben,
322
Und niemand fragte: wer genas?
323
So haben wir mit höllischen Latwergen
324
In diesen Tälern, diesen Bergen
325
Weit schlimmer als die Pest getobt.
326
Ich habe selbst den Gift an Tausende gegeben:
327
Sie welkten hin, ich muß erleben,
328
Daß man die frechen Mörder lobt.
329
330
Wagner:
331
Wie könnt Ihr Euch darum betrüben!
332
Tut nicht ein braver Mann genug,
333
Die Kunst, die man ihm übertrug,
334
Gewissenhaft und pünktlich auszuüben?
335
Wenn du als Jüngling deinen Vater ehrst,
336
So wirst du gern von ihm empfangen;
337
Wenn du als Mann die Wissenschaft vermehrst,
338
So kann dein Sohn zu höhrem Ziel gelangen.
339
340
Faust:
341
O glücklich, wer noch hoffen kann,
342
Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen!
343
Was man nicht weiß, das eben brauchte man,
344
Und was man weiß, kann man nicht brauchen.
345
Doch laß uns dieser Stunde schönes Gut
346
Durch solchen Trübsinn nicht verkümmern!
347
Betrachte, wie in Abendsonne-Glut
348
Die grünumgebnen Hütten schimmern.
349
Sie rückt und weicht, der Tag ist überlebt,
350
Dort eilt sie hin und fördert neues Leben.
351
O daß kein Flügel mich vom Boden hebt
352
Ihr nach und immer nach zu streben!
353
Ich säh im ewigen Abendstrahl
354
Die stille Welt zu meinen Füßen,
355
Entzündet alle Höhn beruhigt jedes Tal,
356
Den Silberbach in goldne Ströme fließen.
357
Nicht hemmte dann den göttergleichen Lauf
358
Der wilde Berg mit allen seinen Schluchten;
359
Schon tut das Meer sich mit erwärmten Buchten
360
Vor den erstaunten Augen auf.
361
Doch scheint die Göttin endlich wegzusinken;
362
Allein der neue Trieb erwacht,
363
Ich eile fort, ihr ew'ges Licht zu trinken,
364
Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht,
365
Den Himmel über mir und unter mir die Wellen.
366
Ein schöner Traum, indessen sie entweicht.
367
Ach! zu des Geistes Flügeln wird so leicht
368
Kein körperlicher Flügel sich gesellen.
369
Doch ist es jedem eingeboren
370
Daß sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt,
371
Wenn über uns, im blauen Raum verloren,
372
Ihr schmetternd Lied die Lerche singt;
373
Wenn über schroffen Fichtenhöhen
374
Der Adler ausgebreitet schwebt,
375
Und über Flächen, über Seen
376
Der Kranich nach der Heimat strebt.
377
378
Wagner:
379
Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,
380
Doch solchen Trieb hab ich noch nie empfunden.
381
Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt;
382
Des Vogels Fittich werd ich nie beneiden.
383
Wie anders tragen uns die Geistesfreuden
384
Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!
385
Da werden Winternächte hold und schön
386
Ein selig Leben wärmet alle Glieder,
387
Und ach! entrollst du gar ein würdig Pergamen,
388
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.
389
390
Faust:
391
Du bist dir nur des einen Triebs bewußt,
392
O lerne nie den andern kennen!
393
Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
394
Die eine will sich von der andern trennen;
395
Die eine hält, in derber Liebeslust,
396
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
397
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
398
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
399
O gibt es Geister in der Luft,
400
Die zwischen Erd und Himmel herrschend weben
401
So steiget nieder aus dem goldnen Duft
402
Und führt mich weg zu neuem, buntem Leben!
403
Ja, wäre nur ein Zaubermantel mein,
404
Und trüg er mich in fremde Länder!
405
Mir sollt er um die köstlichsten Gewänder,
406
Nicht feil um einen Königsmantel sein.
407
408
Wagner:
409
Berufe nicht die wohlbekannte Schar,
410
Die strömend sich im Dunstkreis überbreitet,
411
Dem Menschen tausendfältige Gefahr,
412
Von allen Enden her, bereitet.
413
Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn
414
Auf dich herbei, mit pfeilgespitzten Zungen;
415
Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran,
416
Und nähren sich von deinen Lungen;
417
Wenn sie der Mittag aus der Wüste schickt,
418
Die Glut auf Glut um deinen Scheitel häufen
419
So bringt der West den Schwarm, der erst erquickt,
420
Um dich und Feld und Aue zu ersäufen.
421
Sie hören gern, zum Schaden froh gewandt,
422
Gehorchen gern, weil sie uns gern betrügen;
423
Sie stellen wie vom Himmel sich gesandt,
424
Und lispeln englisch, wenn sie lügen.
425
Doch gehen wir! Ergraut ist schon die Welt,
426
Die Luft gekühlt, der Nebel fällt!
427
Am Abend schätzt man erst das Haus.-
428
Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus?
429
Was kann dich in der Dämmrung so ergreifen?
430
431
Faust:
432
Siehst du den schwarzen Hund durch Saat und Stoppel streifen?
433
434
Wagner:
435
Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir.
436
437
Faust:
438
Betracht ihn recht! für was hältst du das Tier?
439
440
Wagner:
441
Für einen Pudel, der auf seine Weise
442
Sich auf der Spur des Herren plagt.
443
444
Faust:
445
Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise
446
Er um uns her und immer näher jagt?
447
Und irr ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
448
Auf seinen Pfaden hinterdrein.
449
450
Wagner:
451
Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel;
452
Es mag bei Euch wohl Augentäuschung sein.
453
454
Faust:
455
Mir scheint es, daß er magisch leise Schlingen
456
Zu künft'gem Band um unsre Füße zieht.
457
458
Wagner:
459
Ich seh ihn ungewiß und furchtsam uns umspringen,
460
Weil er, statt seines Herrn, zwei Unbekannte sieht.
461
462
Faust:
463
Der Kreis wird eng, schon ist er nah!
464
465
Wagner:
466
Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
467
Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,
468
Er wedelt. Alles Hundebrauch.
469
470
Faust:
471
Geselle dich zu uns! Komm hier!
472
473
Wagner:
474
Es ist ein pudelnärrisch Tier.
475
Du stehest still, er wartet auf;
476
Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
477
Verliere was, er wird es bringen,
478
Nach deinem Stock ins Wasser springen.
479
480
Faust:
481
Du hast wohl recht; ich finde nicht die Spur
482
Von einem Geist, und alles ist Dressur.
483
484
Wagner:
485
Dem Hunde, wenn er gut gezogen,
486
Wird selbst ein weiser Mann gewogen.
487
Ja, deine Gunst verdient er ganz und gar,
488
Er, der Studenten trefflicher Skolar.
489
(Sie gehen in das Stadttor.)