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Inhaltsverzeichnis

Abschnitt 7

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Am anderen Morgen erließ Luther ein Sendschreiben an den Kurfürsten
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von Sachsen, worin er, nach einem bitteren Seitenblick auf die seine
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Person umgebenden Herren Hinz und Kunz, Kämmerer und Mundschenk
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von Tronka, welche die Klage, wie allgemein bekannt war, untergeschlagen
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hatten, dem Herrn, mit der Freimütigkeit, die ihm eigen war, eröffnete, daß
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bei so ärgerlichen Umständen, nichts anderes zu tun übrig sei, als den
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Vorschlag des Roßhändlers anzunehmen, und ihm des Vorgefallenen
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wegen, zur Erneuerung seines Prozesses, Amnestie zu erteilen. Die
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öffentliche Meinung, bemerkte er, sei auf eine höchst gefährliche Weise, auf
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dieses Mannes Seite, dergestalt, daß selbst in dem dreimal von ihm
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eingeäscherten Wittenberg, eine Stimme zu seinem Vorteil spreche; und da
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er sein Anerbieten, falls er damit abgewiesen werden sollte, unfehlbar,
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unter gehässigen Bemerkungen, zur Wissenschaft des Volks bringen
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würde, so könne dasselbe leicht in dem Grade verführt werden, daß mit der
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Staatsgewalt gar nichts mehr gegen ihn auszurichten sei. Er schloß, daß
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man, in diesem außerordentlichen Fall, über die Bedenklichkeit, mit einem
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Staatsbürger, der die Waffen ergriffen, in Unterhandlung zu treten,
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hinweggehen müsse; daß derselbe in der Tat durch das Verfahren, das man
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gegen ihn beobachtet, auf gewisse Weise außer der Staatsverbindung
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gesetzt worden sei; und kurz, daß man ihn, um aus dem Handel zu
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kommen, mehr als eine fremde, in das Land gefallene Macht, wozu er sich
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auch, da er ein Ausländer sei, gewissermaßen qualifiziere, als einen
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Rebellen, der sich gegen den Thron auflehne, betrachten müsse. – Der
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Kurfürst erhielt diesen Brief eben, als der Prinz Christiern von Meißen,
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Generalissimus des Reichs, Oheim des bei Mühlberg geschlagenen und an
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seinen Wunden noch daniederliegenden Prinzen Friedrich von Meißen; der
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Großkanzler des Tribunals, Graf Wrede; Graf Kallheim, Präsident der
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Staatskanzlei; und die beiden Herren Hinz und Kunz von Tronka, dieser
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Kämmerer, jener Mundschenk, die Jugendfreunde und Vertrauten des
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Herrn, in dem Schlosse gegenwärtig waren. Der Kämmerer, Herr Kunz, der,
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in der Qualität eines Geheimenrats, des Herrn geheime Korrespondenz, mit
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der Befugnis, sich seines Namens und Wappens zu bedienen, besorgte,
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nahm zuerst das Wort, und nachdem er noch einmal weitläufig auseinander
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gelegt hatte, daß er die Klage, die der Roßhändler gegen den Junker, seinen
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Vetter, bei dem Tribunal eingereicht, nimmermehr durch eine
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eigenmächtige Verfügung niedergeschlagen haben würde, wenn er sie
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nicht, durch falsche Angaben verführt, für eine völlig grundlose und
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nichtsnutzige Plackerei gehalten hätte, kam er auf die gegenwärtige Lage
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der Dinge. Er bemerkte, daß, weder nach göttlichen noch menschlichen
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Gesetzen, der Roßkamm, um dieses Mißgriffs willen, befugt gewesen wäre,
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eine so ungeheure Selbstrache, als er sich erlaubt, auszuüben; schilderte
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den Glanz, der durch eine Verhandlung mit demselben, als einer
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rechtlichen Kriegsgewalt, auf sein gottverdammtes Haupt falle; und die
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Schmach, die dadurch auf die geheiligte Person des Kurfürsten
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zurückspringe, schien ihm so unerträglich, daß er, im Feuer der
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Beredsamkeit, lieber das Äußerste erleben, den Rechtsschluß des
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rasenden Rebellen erfüllt, und den Junker, seinen Vetter, zur Dickfütterung
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der Rappen nach Kohlhaasenbrück abgeführt sehen, als den Vorschlag,
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den der Doktor Luther gemacht, angenommen wissen wollte. Der
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Großkanzler des Tribunals, Graf Wrede, äußerte, halb zu ihm gewandt, sein
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Bedauern, daß eine so zarte Sorgfalt, als er, bei der Auflösung dieser
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allerdings mißlichen Sache, für den Ruhm des Herrn zeige, ihn nicht, bei
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der ersten Veranlassung derselben, erfüllt hätte. Er stellte dem Kurfürsten
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sein Bedenken vor, die Staatsgewalt, zur Durchsetzung einer offenbar
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unrechtlichen Maßregel, in Anspruch zu nehmen; bemerkte, mit einem
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bedeutenden Blick auf den Zulauf, den der Roßhändler fortdauernd im
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Lande fand, daß der Faden der Freveltaten sich auf diese Weise ins
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Unendliche fortzuspinnen drohe, und erklärte, daß nur ein schlichtes
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Rechttun, indem man unmittelbar und rücksichtslos den Fehltritt, den man
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sich zu Schulden kommen lassen, wieder gut machte, ihn abreißen und die
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Regierung glücklich aus diesem häßlichen Handel herausziehen könne. Der
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Prinz Christiern von Meißen, auf die Frage des Herrn, was er davon halte?
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äußerte, mit Verehrung gegen den Großkanzler gewandt: die Denkungsart,
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die er an den Tag lege, erfülle ihn zwar mit dem größesten Respekt; indem
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er aber dem Kohlhaas zu seinem Recht verhelfen wolle, bedenke er nicht
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daß er Wittenberg und Leipzig, und das ganze durch ihn mißhandelte Land,
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in seinem gerechten Anspruch auf Schadenersatz, oder wenigstens
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Bestrafung, beeinträchtige. Die Ordnung des Staats sei, in Beziehung auf
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diesen Mann, so verrückt, daß man sie schwerlich durch einen Grundsatz,
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aus der Wissenschaft des Rechts entlehnt, werde einrenken können. Daher
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stimme er, nach der Meinung des Kämmerers, dafür, das Mittel, das für
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solche Fälle eingesetzt sei, ins Spiel zu ziehen: einen Kriegshaufen, von
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hinreichender Größe zusammenzuraffen, und den Roßhändler, der in
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Lützen aufgepflanzt sei, damit aufzuheben oder zu erdrücken. Der
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Kämmerer, indem er für ihn und den Kurfürsten Stühle von der Wand nahm,
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und auf eine verbindliche Weise ins Zimmer setzte, sagte: er freue sich, daß
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ein Mann von seiner Rechtschaffenheit und Einsicht mit ihm in dem Mittel,
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diese Sache zweideutiger Art beizulegen, übereinstimme. Der Prinz, indem
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er den Stuhl, ohne sich zu setzen, in der Hand hielt, und ihn ansah,
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versicherte ihn: daß er gar nicht Ursache hätte sich deshalb zu freuen,
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indem die damit verbundene Maßregel notwendig die wäre, einen
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Verhaftungsbefehl vorher gegen ihn zu erlassen, und wegen Mißbrauchs
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des landesherrlichen Namens den Prozeß zu machen. Denn wenn
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Notwendigkeit erfordere, den Schleier vor dem Thron der Gerechtigkeit
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niederzulassen, über eine Reihe von Freveltaten, die unabsehbar wie sie
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sich forterzeugt, vor den Schranken desselben zu erscheinen, nicht mehr
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Raum fänden, so gelte das nicht von der ersten, die sie veranlaßt; und
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allererst seine Anklage auf Leben und Tod könne den Staat zur
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Zermalmung des Roßhändlers bevollmächtigen, dessen Sache, wie
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bekannt, sehr gerecht sei, und dem man das Schwert, das er führe, selbst
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in die Hand gegeben. Der Kurfürst, den der Junker bei diesen Worten
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betroffen ansah, wandte sich, indem er über das ganze Gesicht rot ward,
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und trat ans Fenster. Der Graf Kallheim, nach einer verlegenen Pause von
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allen Seiten, sagte, daß man auf diese Weise aus dem Zauberkreise, in dem
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man befangen, nicht herauskäme. Mit demselben Rechte könne seinem
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Neffen, dem Prinzen Friedrich, der Prozeß gemacht werden; denn auch er
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hätte, auf dem Streifzug sonderbarer Art, den er gegen den Kohlhaas
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unternommen, seine Instruktion auf mancherlei Weise überschritten:
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dergestalt, daß wenn man nach der weitläufigen Schar derjenigen frage, die
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die Verlegenheit, in welcher man sich befinde, veranlaßt, er gleichfalls unter
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die Zahl derselben würde benannt, und von dem Landesherrn wegen
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dessen was bei Mühlberg vorgefallen, zur Rechenschaft gezogen werden
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müssen. Der Mundschenk, Herr Hinz von Tronka, während der Kurfürst mit
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ungewissen Blicken an seinen Tisch trat, nahm das Wort und sagte: er
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begriffe nicht, wie der Staatsbeschluß, der zu fassen sei, Männern von
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solcher Weisheit, als hier versammelt wären, entgehen könne. Der
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Roßhändler habe, seines Wissens, gegen bloß freies Geleit nach Dresden,
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und erneuerte Untersuchung seiner Sache, versprochen, den Haufen, mit
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dem er in das Land gefallen, auseinander gehen zu lassen. Daraus aber
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folge nicht, daß man ihm, wegen dieser frevelhaften Selbstrache, Amnestie
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erteilen müsse: zwei Rechtsbegriffe, die der Doktor Luther sowohl, als auch
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der Staatsrat zu verwechseln scheine. Wenn, fuhr er fort, indem er den
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Finger an die Nase legte, bei dem Tribunal zu Dresden, gleichviel wie, das
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Erkenntnis der Rappen wegen gefallen ist; so hindert nichts, den Kohlhaas
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auf den Grund seiner Mordbrennereien und Räubereien einzustecken: eine
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staatskluge Wendung, die die Vorteile der Ansichten beider Staatsmänner
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vereinigt, und des Beifalls der Welt und Nachwelt gewiß ist. – Der Kurfürst,
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da der Prinz sowohl als der Großkanzler dem Mundschenk, Herrn Hinz, auf
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diese Rede mit einem bloßen Blick antworteten, und die Verhandlung
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mithin geschlossen schien, sagte: daß er die verschiedenen Meinungen,
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die sie ihm vorgetragen, bis zur nächsten Sitzung des Staatsrats bei sich
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selbst überlegen würde. – Es schien, die Präliminar-Maßregel, deren der
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Prinz gedacht, hatte seinem für Freundschaft sehr empfänglichen Herzen
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die Lust benommen, den Heereszug gegen den Kohlhaas, zu welchem
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schon alles vorbereitet war, auszuführen Wenigstens behielt er den
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Großkanzler, Grafen Wrede, dessen Meinung ihm die zweckmäßigste
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schien, bei sich zurück; und da dieser ihm Briefe vorzeigte, aus welchen
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hervorging, daß der Roßhändler in der Tat schon zu einer Stärke von
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vierhundert Mann herangewachsen sei; ja, bei der allgemeinen
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Unzufriedenheit, die wegen der Unziemlichkeiten des Kämmerers im Lande
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herrschte, in kurzem auf eine doppelte und dreifache Stärke rechnen
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könne: so entschloß sich der Kurfürst, ohne weiteren Anstand, den Rat,
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den ihm der Doktor Luther erteilt, anzunehmen. Dem gemäß übergab er
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dem Grafen Wrede die ganze Leitung der Kohlhaasischen Sache; und
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schon nach wenigen Tagen erschien ein Plakat, das wir, dem Hauptinhalt
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nach, folgendermaßen mitteilen:
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»Wir etc, etc. Kurfürst von Sachsen, erteilen, in besonders gnädiger
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Rücksicht auf die an Uns ergangene Fürsprache des Doktors Martin
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Luther, dem Michael Kohlhaas, Roßhändler aus dem
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Brandenburgischen, unter der Bedingung, binnen drei Tagen nach
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Sicht die Waffen, die er ergriffen, niederzulegen, behufs einer
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erneuerten Untersuchung seiner Sache, freies Geleit nach Dresden;
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dergestalt zwar, daß, wenn derselbe, wie nicht zu erwarten, bei dem
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Tribunal zu Dresden mit seiner Klage, der Rappen wegen, abgewiesen
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werden sollte, gegen ihn, seines eigenmächtigen Unternehmens
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wegen, sich selbst Recht zu verschaffen, mit der ganzen Strenge des
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Gesetzes verfahren werden solle; im entgegengesetzten Fall aber, ihm
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mit seinem ganzen Haufen, Gnade für Recht bewilligt, und völlige
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Amnestie, seiner in Sachsen ausgeübten Gewalttätigkeiten wegen,
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zugestanden sein solle.«
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Kohlhaas hatte nicht sobald, durch den Doktor Luther, ein Exemplar
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dieses in allen Plätzen des Landes angeschlagenen Plakats erhalten, als er,
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so bedingungsweise auch die darin geführte Sprache war, seinen ganzen
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Haufen schon, mit Geschenken, Danksagungen und zweckmäßigen
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Ermahnungen auseinander gehen ließ. Er legte alles, was er an Geld,
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Waffen und Gerätschaften erbeutet haben mochte, bei den Gerichten zu
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Lützen, als kurfürstliches Eigentum, nieder; und nachdem er den
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Waldmann mit Briefen, wegen Wiederkaufs seiner Meierei, wenn es möglich
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sei, an den Amtmann nach Kohlhaasenbrück, und den Sternbald zur
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Abholung seiner Kinder, die er wieder bei sich zu haben wünschte, nach
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Schwerin geschickt hatte, verließ er das Schloß zu Lützen, und ging,
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unerkannt, mit dem Rest seines kleinen Vermögens, das er in Papieren bei
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sich trug, nach Dresden.
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Der Tag brach eben an, und die ganze Stadt schlief noch, als er an die Tür
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der kleinen, in der Pirnaischen Vorstadt gelegenen Besitzung, die ihm
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durch die Rechtschaffenheit des Amtmanns übrig geblieben war, anklopfte,
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und Thomas, dem alten, die Wirtschaft führenden Hausmann, der ihm mit
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Erstaunen und Bestürzung aufmachte, sagte: er möchte dem Prinzen von
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Meißen auf dem Gubernium melden, daß er, Kohlhaas der Roßhändler, da
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wäre. Der Prinz von Meißen, der auf diese Meldung für zweckmäßig hielt,
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augenblicklich sich selbst von dem Verhältnis, in welchem man mit diesem
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Mann stand, zu unterrichten, fand, als er mit einem Gefolge von Rittern und
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Troßknechten bald darauf erschien, in den Straßen, die zu Kohlhaasens
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Wohnung führten, schon eine unermeßliche Menschenmenge versammelt.
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Die Nachricht, daß der Würgengel da sei, der die Volksbedrücker mit Feuer
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und Schwert verfolgte, hatte ganz Dresden, Stadt und Vorstadt, auf die
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Beine gebracht; man mußte die Haustür vor dem Andrang des neugierigen
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Haufens verriegeln, und die Jungen kletterten an den Fenstern heran, um
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den Mordbrenner, der darin frühstückte, in Augenschein zu nehmen.
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Sobald der Prinz, mit Hülfe der ihm Platz machenden Wache, ins Haus
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gedrungen, und in Kohlhaasens Zimmer getreten war, fragte er diesen,
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welcher halb entkleidet an einem Tische stand: ob er Kohlhaas, der
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Roßhändler, wäre? worauf Kohlhaas, indem er eine Brieftasche mit
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mehreren über sein Verhältnis lautenden Papieren aus seinem Gurt nahm,
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und ihm ehrerbietig überreichte, antwortete: ja! und hinzusetzte: er finde
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sich nach Auflösung seines Kriegshaufens, der ihm erteilten
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landesherrlichen Freiheit gemäß, in Dresden ein, um seine Klage, der
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Rappen wegen, gegen den Junker Wenzel von Tronka vor Gericht zu
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bringen. Der Prinz, nach einem flüchtigen Blick, womit er ihn von Kopf zu
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Fuß überschaute, durchlief die in der Brieftasche befindlichen Papiere; ließ
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sich von ihm erklären, was es mit einem von dem Gericht zu Lützen
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ausgestellten Schein, den er darin fand, über die zu Gunsten des
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kurfürstlichen Schatzes gemachte Deposition für eine Bewandtnis habe;
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und nachdem er die Art des Mannes noch, durch Fragen mancherlei
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Gattung, nach seinen Kindern, seinem Vermögen und der Lebensart die er
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künftig zu führen denke, geprüft, und überall so, daß man wohl
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seinetwegen ruhig sein konnte, befunden hatte, gab er ihm die
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Briefschaften wieder, und sagte: daß seinem Prozeß nichts im Wege
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stünde, und daß er sich nur unmittelbar, um ihn einzuleiten, an den
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Großkanzler des Tribunals, Grafen Wrede, selbst wenden möchte.
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Inzwischen, sagte der Prinz, nach einer Pause, indem er ans Fenster trat,
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und mit großen Augen das Volk, das vor dem Hause versammelt war,
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überschaute: du wirst auf die ersten Tage eine Wache annehmen müssen,
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die dich, in deinem Hause sowohl, als wenn du ausgehst, schütze! – –
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Kohlhaas sah betroffen vor sich nieder, und schwieg. Der Prinz sagte:
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»gleichviel!« indem er das Fenster wieder verließ. »Was daraus entsteht, du
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hast es dir selbst beizumessen«; und damit wandte er sich wieder nach der
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Tür, in der Absicht, das Haus zu verlassen. Kohlhaas, der sich besonnen
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hatte, sprach: Gnädigster Herr! tut, was Ihr wollt! Gebt mir Euer Wort, die
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Wache, sobald ich es wünsche, wieder aufzuheben: so habe ich gegen
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diese Maßregel nichts einzuwenden! Der Prinz erwiderte: das bedürfe der
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Rede nicht; und nachdem er drei Landsknechten, die man ihm zu diesem
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Zweck vorstellte, bedeutet hatte: daß der Mann, in dessen Hause sie
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zurückblieben, frei wäre, und daß sie ihm bloß zu seinem Schutz, wenn er
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ausginge, folgen sollten, grüßte er den Roßhändler mit einer
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herablassenden Bewegung der Hand, und entfernte sich.
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Gegen Mittag begab sich Kohlhaas, von seinen drei Landsknechten
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begleitet, unter dem Gefolge einer unabsehbaren Menge, die ihm aber auf
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keine Weise, weil sie durch die Polizei gewarnt war, etwas zu Leide tat, zu
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dem Großkanzler des Tribunals, Grafen Wrede. Der Großkanzler, der ihn mit
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Milde und Freundlichkeit in seinem Vorgemach empfing, unterhielt sich
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während zwei ganzer Stunden mit ihm, und nachdem er sich den ganzen
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Verlauf der Sache, von Anfang bis zu Ende, hatte erzählen lassen, wies er
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ihn, zur unmittelbaren Abfassung und Einreichung der Klage, an einen, bei
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dem Gericht angestellten, berühmten Advokaten der Stadt. Kohlhaas, ohne
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weiteren Verzug, verfügte sich in dessen Wohnung; und nachdem die
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Klage, ganz der ersten niedergeschlagenen gemäß, auf Bestrafung des
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Junkers nach den Gesetzen, Wiederherstellung der Pferde in den vorigen
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Stand, und Ersatz seines Schadens sowohl, als auch dessen, den sein bei
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Mühlberg gefallener Knecht Herse erlitten hatte, zu Gunsten der alten
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Mutter desselben, aufgesetzt war, begab er sich wieder, unter Begleitung
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des ihn immer noch angaffenden Volks, nach Hause zurück, wohl
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entschlossen, es anders nicht, als nur wenn notwendige Geschäfte ihn
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riefen, zu verlassen.

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