Aufgabenstellung
Eine Firma stellt mit zwei verschiedenen Maschinen \(A\) und \(B\) Bodenfliesen aus Keramik her. Damit eine Fliese als „1. Wahl“ gilt, muss sie strenge Qualitätsnormen erfüllen. Alle anderen Fliesen werden als „2. Wahl“ bezeichnet. Eine Fliese, die mit Maschine \(A\) produziert wurde, ist erfahrungsgemäß mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,9 „1. Wahl“ (d. h. mit der Wahrscheinlichkeit von 0,1 „2. Wahl“). Maschine \(B\) produziert lediglich mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,8 „1. Wahl“-Fliesen. Dabei kann für beide Maschinen davon ausgegangen werden, dass die Produktion von Fliesen 1. und 2. Wahl jeweils stochastisch unabhängig erfolgt. Fliesen, die von Maschine \(A\) produziert wurden, werden im Folgenden als \(A\)-Fliesen bezeichnet, Fliesen von Maschine \(B\) als \(B\)-Fliesen. Jede Packung enthält 20 Fliesen, die von derselben Maschine stammen.
a) (1)  Berechne die Wahrscheinlichkeit dafür, dass in einer Packung \(A\)-Fliesen genau zwei „2. Wahl“-Fliesen enthalten sind.
(2P)
(2)  Berechne die Wahrscheinlichkeit dafür, dass in einer Packung \(A\)-Fliesen maximal \(80\,\)% der Fliesen die Qualität „1. Wahl“ haben.
(3P)
\(\;\;\)  Die 20 Fliesen einer Packung \(B\)-Fliesen wurden in 4 Reihen mit jeweils 5 Fliesen verlegt.
(3)  Bestimme die Wahrscheinlichkeit \(\tilde{p}\) dafür, dass eine zufällig ausgewählte Reihe nur „1. Wahl“-Fliesen enthält. [Kontrollergebnis \(\tilde{p}=0,32768\)]
(2P)
(4)  Ermittle die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es mindestens eine Reihe gibt, die nur „1. Wahl“-Fliesen enthält.
(4P)
b)  An Großabnehmer verkauft die Firma auch Paletten, die jeweils 500 Packungen Fliesen von derselben Maschine enthalten. Ein Bauunternehmer bestellt eine Palette mit \(A\)-Fliesen. Da die Packungen bei der Lieferung nicht gekennzeichnet sind, befürchtet er, versehentlich eine Palette mit \(B\)-Fliesen erhalten zu haben.
Er beschließt, für einen Test der Lieferung zufällig 100 Fliesen zu entnehmen und die Anzahl \(X\) der „2. Wahl“-Fliesen in dieser Stichprobe zu bestimmen.
(1)  Begründe, dass \(X\) als binomialverteilte Zufallsgröße aufgefasst werden kann, wobei die Trefferwahrscheinlichkeit bei \(A\)-Fliesen \(p = 0,1\) und bei \(B\)-Fliesen \(p = 0,2\) beträgt.
(3P)
(2)  Es wird ein Hypothesentest mit der Nullhypothese \(H_0:p\geq 0,2\) durchgeführt.
Wird \(H_0\) verworfen, wird die Palette angenommen, sonst wird sie zurückgeschickt.
Erkläre die Wahl der Nullhypothese.
(4P)
(3)  Ermittle eine Entscheidungsregel (auf Basis der genannten Nullhypothese) für die oben genannte Stichprobe von 100 Fliesen mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit (d. h. Wahrscheinlichkeit für einen Fehler 1. Art) von höchstens \(5\,\)%.
[Zur Kontrolle: \(H_0\) wird für \(X\leq 13\) angelehnt.]
(5P)
(4)  Berechne die Wahrscheinlichkeit \(p_A\) , dass die Hypothese \(H_0\) aufgrund der Entscheidungsregel aus (3) irrtümlich nicht abgelehnt wird, obwohl die Palette tatsächlich \(A\)-Fliesen enthält, also \(p = 0,1\) gilt.
Berechne die Wahrscheinlichkeit \(p_B\) , dass die Hypothese \(H_0\) irrtümlich abgelehnt wird, obwohl die Palette tatsächlich \(B\)-Fliesen enthält, also \(p = 0,2\) gilt.
[Zur Kontrolle: \(p_A\approx 0,1239\), \(p_B\approx 0,0469\)]
(6P)
(5)  Im Lager des Herstellers befanden sich 7 Paletten mit \(A\)-Fliesen und 3 Paletten mit \(B\)-Fliesen, aus denen die angelieferte Palette zufällig ausgewählt wurde.
Bestimme mit Hilfe der Wahrscheinlichkeiten \(p_A\) und \(p_B\) die gesamte Irrtumswahrscheinlichkeit für den Test.
(4P)
c)  Für besonders anspruchsvolle Kunden soll eine Sorte „Premium“ angeboten werden, die nur aus „1. Wahl“-Fliesen besteht. Dazu will die Firma die „2. Wahl“-Fliesen aus der Produktion der Maschine \(A\) aussortieren. Für einen ersten Sortiervorgang wird ein Testgerät verwendet, das allerdings nicht immer optimal funktioniert:
Das Testgerät erkennt eine „2. Wahl“-Fliese mit einer Wahrscheinlichkeit von \(w=0,8\) („Aussortierwahrscheinlichkeit“) und sortiert sie aus. Andererseits wird eine „1. Wahl“- Fliese mit einer Wahrscheinlichkeit von \(0,05\) zu Unrecht als „2. Wahl“ aussortiert.
(1)  Stelle die Situation graphisch dar (mit einer Vierfeldertafel oder einem Baumdiagramm mit allen Pfadwahrscheinlichkeiten).
Gib die Wahrscheinlichkeit an, mit der das Testgerät eine zufällig ausgewählte Fliese als „1. Wahl“ einstuft (also nicht aussortiert).
(7P)
(2)  Bestimme die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Fliese, die bei der Prüfung nicht aussortiert wurde, in Wirklichkeit eine „2. Wahl“-Fliese ist.
(4P)
(3)  Bestimme, wie groß die „Aussortierwahrscheinlichkeit“ \(w\) des Testgeräts mindestens sein muss, damit die Wahrscheinlichkeit aus (2) (und damit der erwartete Anteil der „2. Wahl“-Fliesen nach dem Aussortieren) durch die Prüfung auf unter \(1\,\)% gesenkt wird.
(6P)
Tabelle 1: \(\sigma\)- Regeln für Binomialverteilungen
Eine mit den Parametern \(n\) und \(p\) binomialverteilte Zufallsgröße \(X\) hat den Erwartungswert \(\mu=n\cdot p\) und die Standardabweichung \(\sigma =\sqrt{n\cdot p\cdot(1-p)}\).
Wenn die LAPLACE-Bedingung \(\sigma \gt  3\) erfüllt ist, gelten die \(\sigma\)-Regeln:
Tabelle 2: Kumulierte Binomialverteilung für n=10 und n=20
\(F(n;p;k)=B(n;p;0)+...+B(n;p;k)=\begin{pmatrix}n\\0\end{pmatrix}p^0(1-p)^{n-0}+...+\begin{pmatrix}n\\k\end{pmatrix}p^k(1-p)^{n-k}\)
Bei grau unterlegtem Eingang, d.h. \(p\geq0,5\), gilt: \(F(n;p;k)=1-\)abgelesener Wert
Tabelle 3: Kumulierte Binomialverteilung für n=100
\(F(n;p;k)=B(n;p;0)+...+B(n;p;k)=\begin{pmatrix}n\\0\end{pmatrix}p^0(1-p)^{n-0}+...+\begin{pmatrix}n\\k\end{pmatrix}p^k(1-p)^{n-k}\)
Bei grau unterlegtem Eingang, d.h. \(p\geq0,5\), gilt: \(F(n;p;k)=1-\)abgelesener Wert
Tabelle 4: Normalverteilung
\(\phi(z)=0,...\)
\(\phi(-z)=1-\phi(z)\)
Beispiele für den Gebrauch:
\(\phi(2,32)=0,9898\)
\(\phi(z)=0,994\Rightarrow z=2,51\)
\(\phi(-0,9)=1-\phi(0,9)=0,1841\)