Aufgabe 1 – Hefe, alkoholische Gärung
Die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae (Abb. 1) gehört zu den einzelligen Organismen und wird seit mehreren tausend Jahren für die Herstellung von Wein, Bier und Brot genutzt. Dabei setzen zahlreiche Enzyme der Hefezellen Glucose anaerob, d. h. ohne Sauerstoff, durch alkoholische Gärung in Ethanol und Kohlenstoffdioxid um.
1.1
Benenne die mit den Ziffern 1 bis 6 versehenen Strukturen einer Hefezelle (Abb. 1) und begründe jeweils, weshalb Hefezellen keine Bakterienzellen, keine Pflanzenzellen und auch keine Tierzellen sind.
3 VP

Abb. 1: Hefezelle (schematisch)
In einer Versuchsreihe wurde der Einfluss der Temperatur auf die Kohlenstoffdioxid-Produktion bei der alkoholischen Gärung untersucht. Dieser Einfluss geht auf die Temperaturabhängigkeit der daran beteiligten Enzyme der Hefezellen zurück. Abbildung 2 zeigt den Versuchsaufbau zur quantitativen Messung von Kohlenstoffdioxid, Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der Versuchsreihe.

Abb. 2: Versuchsaufbau zur Messung der Kohlenstoffdioxid-Produktion
Temperatur [°C] | Kohlenstoffdioxidproduktion [ml] |
---|---|
4 | 0 |
20 | 2,2 |
40 | 12,6 |
60 | 19,6 |
80 | 1,2 |
Tab. 1: Kohlenstoffdioxid-Produktion bei unterschiedlichen Temperaturen
2.1
Formuliere die Wortgleichung der alkoholischen Gärung und nenne auf deren Grundlage neben der Kohlenstoffdioxid-Produktion zwei weitere Messgrößen, die einen Rückschluss auf die Enzymaktivität erlauben.
2 VP
2.2
Beschreibe auf Grundlage von Abbildung 2 und Tabelle 1 die Durchführung der Versuchsreihe zur Untersuchung der Temperaturabhängigkeit der Hefeenzyme, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.
3 VP
2.3
Stelle die in der Versuchsreihe gewonnenen Messergebnisse (Tabelle 1) in einem Diagramm dar und erläutere diese auf molekularer Ebene.
In einer weiteren Untersuchung wurde in drei getrennten Versuchsansätzen die Abbaurate des Einfachzuckers Glucose sowie der Zweifachzucker Maltose und Lactose durch Hefezellen untersucht. Die Ergebnisse sind in Abbildung 3 dargestellt.
3 VP

Abb. 3: Kohlenstoffdioxid-Produktion durch Hefezellen bei drei unterschiedlichen Zuckern
3
Gib jeweils eine mögliche Erklärung für die abweichenden Kurvenverläufe von Maltose und Lactose im Vergleich zu Glucose.
Bäckerhefe wird nicht nur zur Lebensmittelherstellung, sondern auch zur Impfstoffproduktion genutzt. Dazu werden die Hefezellen gentechnisch verändert. Ähnlich wie Bakterien enthalten sie neben der chromosomalen DNA auch Kopien eines selbst replizierenden Plasmids. Seit 1986 wird mithilfe der Bäckerhefe ein Impfstoff gegen Hepatitis-B, eine entzündliche Leberkrankheit produziert. Für die Herstellung des Hepatitis-B-Impfstoffs wurde ein Abschnitt des Oberflächenantigens HBsAg, dem Hauptoberflächenprotein des Hepatitis-B-Virus, ausgewählt. Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung einer Infektion besteht in einer vorbeugenden Hepatitis-B-Schutzimpfung. Bereits 1990 gab es Probleme mit der Wirksamkeit der Impfung, da eine Virusmutation mit verändertem HBsAg auftrat.
3 VP
4.1
Fertige eine beschriftete Zeichnung eines rekombinanten Hefeplasmids an, und erläutere davon ausgehend die Gewinnung und die Selektion impfstoffproduzierender Hefezellen.
3 VP
4.2
Erläutere zwei Aspekte, die du für die Herstellung eines neuen Impfstoffes berücksichtigen würdest, um das Risiko eines Wirkungsverlusts gegenüber Virusmutanten zu verringern.
3 VP
20 VP
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1
Zu erkennende Strukturen:
- Zellplasma (auch Ribosom möglich)
- Zellmebran
- Mitochondrium
- Dictyosom (Golgi-Apparat)
- (raues) Endoplasmatisches Retikulum
- Zellkern
2.1
Wortgleichung der alkoholischen Gärung:
Glucose wird mittels der Enzyme der Hefezellen zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid umgesetzt.
Weitere mögliche Messgrößen zur Ermittlung der Enzymaktivität sind die Abnahme des Substrates Glucose (pro Zeiteinheit) und die Zunahme des Produktes Ethanol (pro Zeiteinheit).
Weitere mögliche Messgrößen zur Ermittlung der Enzymaktivität sind die Abnahme des Substrates Glucose (pro Zeiteinheit) und die Zunahme des Produktes Ethanol (pro Zeiteinheit).
2.2
Durchführung der Versuchsreihe:
Es werden fünf gleich konzentrierte Glucoselösungen mit den gleichen Volumina hergestellt. Je eine Glucoselösung wird in dem Wasserbad auf die gewünschte Temperatur (4 °C, 20 °C, 40 °C, 60 °C, 80 °C) gebracht, bevor die Hefezellen hinzugegeben werden. Jede Lösung wird innerhalb eines definierten Zeitraums inkubiert. Das produzierte Kohlenstoffdioxid wird in einem skalierten Gefäß aufgefangen. Nach Ablauf der Zeit wird das Volumen des entstandenen Kohlenstoffdioxids abgelesen.
2.3
Messergebnisse:
Dem Diagramm ist zu entnehmen, dass die Kohlenstoffdioxidproduktion bis zum Temperaturoptimum von 60 °C exponentiell ansteigt. Durch eine Erhöhung der Temperatur steigt die Teilchenbewegung im Raum. Damit vergrößert sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Substratmolekül mit dem Enzym zusammentrifft (RGT-Regel). Wird das Temperaturoptimum überschritten, so werden die Hefeenzyme durch Hitzedenaturierung unwirksam. Das liegt daran, dass bei der Denaturierung die funktionale Tertiärstruktur und damit auch das aktive Zentrum des Enzyms zerstört wird, und das Substrat nicht mehr binden kann.

3
Vergleich der Kurvenverläufe:
Im Vergleich zur Glucose setzt die Kohlenstoffdioxidproduktion bei Maltose erst zehn Minuten später ein. Das lässt sich mit der Substratinduktion begründen. Das Substrat induziert zunächst die Genexpression, wodurch dann ein Enzym zum Abbau von Maltose hergestellt wird. Alternativ lässt sich dieser Sachverhalt damit erklären, dass Maltose vor dem Abbau zunächst in einen Einfachzucker gespalten werden muss, oder dass Hefeenzyme eine geringere Affinität gegenüber der Maltosemoleküle als zu den Glucosemolekülen aufweisen.
Dass Lactosemoleküle keine Kohlenstoffdioxidproduktion hervorrufen, lässt sich durch ein Fehlen von Genen zur Expression eines lactoseabbauenden Enzyms erklären.
Dass Lactosemoleküle keine Kohlenstoffdioxidproduktion hervorrufen, lässt sich durch ein Fehlen von Genen zur Expression eines lactoseabbauenden Enzyms erklären.
4.1
Rekombinantes Hefeplasmid:
Ein Plasmid wird gentechnisch so verändert, dass es ein Resistenzgen, ein Selektionsmarker und Schnittstellen für Restriktionsenzyme im Selektionsmarkergen enthält. Dieses Plasmid wird nun mit Restriktionsenzymen geschnitten, sodass eine Lücke entsteht, in die das HBsAg-Gen integriert werden kann. Durch Ligation werden Fremdgen und Plasmid verbunden. Das Plasmid wird in Hefezellen eingeschleust (Transformation). Zunächst wird geprüft, welche Hefezellen ein Plasmid aufgenommen haben. Dazu lässt man die Hefezellen in einem Medium wachsen, welches eine Substanz enthält, die unter normalen Umständen Hefezellen abtötet. Diejenigen Hefezellen, die ein Plasmid aufgenommen haben, verfügen über ein Resistenzgen, welches ihnen erlaubt, auf dem Medium zu wachsen. Es kann jedoch vorkommen, dass Hefezellen zwar ein Plasmid aufgenommen haben, dieses jedoch nicht das gewünschte Fremdgen (HBsAg-Gen) enthält. Zur Selektion der Zellen, die ein Plasmid mit Fremdgen tragen, wird das Fremdgen in ein Selektionsmarkergen eingebracht. Ist ein Plasmid nicht-rekombinant (trägt also kein Fremdgen), ist das Selektionsmarkergen intakt, und es wird ein bestimmter Farbstoff produziert. Wurde ein Fremdgen aufgenommen, so ist das Selektionsmarkergen kaputt, und es wird kein Farbstoff synthetisiert. Diese Kolonien können anschließend weiter vermehrt werden, und zur Impfstoffproduktion genutzt werden.

4.2
Eigenschaften eines Impfstoffes zum Schutz vor Wirkungsverlust:
Es wird ein Kombinationspräparat eingesetzt, welches verschiedene Oberflächenproteine oder mehrere Epitope des Hauptoberflächenproteins des Virus enthält. Es werden unterschiedliche Antikörper produziert, und es kann sichergestellt werden, dass einige Antikörper bei der Virusmutante wirken.
Alternativ wird das in das Plasmid eingefügte Gen so ausgewählt, dass es für ein stark konserviertes Protein (beispielsweise eins, das im Vermehrungszyklus des Virus eine Rolle spielt) codiert. Bei Prozessen (wie der Virusreplikation), die bei allen Mutanten auftreten, ist zu erwarten, dass sich Proteine, die an diesem Prozess beteiligt sind, nicht stark voneinander unterscheiden.
Alternativ wird das in das Plasmid eingefügte Gen so ausgewählt, dass es für ein stark konserviertes Protein (beispielsweise eins, das im Vermehrungszyklus des Virus eine Rolle spielt) codiert. Bei Prozessen (wie der Virusreplikation), die bei allen Mutanten auftreten, ist zu erwarten, dass sich Proteine, die an diesem Prozess beteiligt sind, nicht stark voneinander unterscheiden.