Aufgabe 2
Textbeschreibung Lyrik
Thema: Günter Kunert (* 1929 - † 2019): Gagarin Aufgabenstellung:- sprachliche Mittel und deren Wirkung
- Perspektive, Gedanken und Erkenntnisse des Kosmonauten
1
Als er durch des Himmels Bläue aufgefahren,
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Schien es, er bewege sich nicht länger fort,
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Und er hänge fest in dieser schwarzen Weite,
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Und die Erde drehe sich vor seinem Fenster dort.
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Eine unfaßbare Kugel nannte er nun Heimat,
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Und wie nie vorher kam sie ihm plötzlich nah,
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Da er, fern von ihr in den Unendlichkeiten,
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Stumm und reglos auf sie niedersah.
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Und er liebe sie, die sich ihm zeigte,
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Weil sie doch der Menschen Mutter war,
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Immer noch die Söhne nährend und behausend,
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Aber auch durch sie in tödlicher Gefahr.
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Während seiner Rückkehr zum Planeten
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Ward ihm klar: Die Erde ist nur eins.
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Die darauf sind, müssen miteinander leben,
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Oder von ihr wird es heißen: Leben keins.
Aus: Günter Kunert: Gagarin. Aus: Ders.: Der ungebetene Gast, Gedichte, Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar, 1965.
Die Rechtschreibung folgt der Textquelle
(50 P)
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- Autor: Günter Kunert (1929-2019)
- Titel: Gagarin
- Erscheinungsjahr: 1965
- Textsorte: politische Erlebnislyrik
- Epoche: Moderne/Expressionismus
- Thema: Das Gedicht thematisiert die Faszination und den Mythos um den sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin, der als erster Mensch am 12. April 1961 eine Erdumrundung im Weltraum absolvierte.
- Quelle: In: Der ungebetene Gast, Gedichte, Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar.
- Inhalt: Der Planet Erde stellt die Lebensgrundlage aller Lebewesen dar, demzufolge sollten Menschen die Erde entsprechend würdigen. In seinem Gedicht versetzt sich Kunert in die Lage des Raumfahrers Juri Gagarin und stellt die Sicht auf die Erde aus dessen Perspektive dar. Im Zuge der Raumfahrt wird Gagarin seine Verbundenheit zur Erde deutlich. Er reflektiert, dass der Mensch von der Erde als Heimatplanet profitiert und sie im selben Zuge nicht schützt, sondern gefährdet. Der Autor schlussfolgert, dass ein fehlendes Verantwortungsgefühl für ihren Planeten, den Menschen zum Verhängnis werden kann.
Hauptteil
Formale Analyse- Verse: 16 Verse
- Strophen: Vier Strophen mit jeweils vier Versen
- Reimschema: abcb in allem vier Strophen
- Die Titelgebung Gagarin des Gedichts führt auf den Kosmonauten Juri Gagarin zurück, da es den Blick auf den Planeten Erde aus Sicht des Raumfahrers beschreibt.
- Während der Kosmonaut auf seinen weit entfernten Heimatplaneten blickt, wird ihm die Fragilität der Erde bewusst und welche Besonderheit das Zusammenleben und das Leben auf ihr darstellt.
- Des „Himmels Bläue“ (V. 1) stellt für ihn einen vertrauten, geborgenen Anblick dar, bei dem ihn die Sehnsucht nach Hause packt. Im Gegensatz dazu steht die „schwarze Weite“ (V. 3), die scheinbar alles in ihren Abgrund mit hinabzuziehen droht. Das dunkle Nichts löst in ihm ein Gefühl des Alleinseins, der Verlorenheit aus.
- Anapher: „Und er hänge“ (V. 3) sowie „Und die Erde“ (V. 4) besitzen eine verstärkende Wirkung im Hinblick auf die Schwebe und Ungewissheit des Kosmonauten.
- Dass sich Gagarin so weit von seinem Zuhause entfernt befindet, zeigt sich in seiner Beschreibung der Erde als „unfaßbare Kugel“ (V. 5).
- Die enorme Distanz und Ungreifbarkeit der Erde spiegelt auch wider, welche metaphorische Distanz der Kosmonaut zwischen sich und seiner Heimat empfindet.
- Im Gegensatz zur Unerreichbarkeit der Erde erscheint der plötzliche Sinneswandel, als sie ihm „wie nie vorher [...] plötzlich nah [kam]“ (V. 6). Letztere Nähe ist als emotionale Nähe zu interpretieren, da die Distanz zum Planet Erde sich nicht verringert hat.
- Nachdem der Erzähler in der vorangehenden Strophe eine emotionale Verbundenheit zu seinem Heimatplaneten aufgebaut hat, ist es ihm nun, als „liebe er sie [...], weil sie doch der Menschen Mutter war“ (V. 9 f.).
- Mit der Liebe, welche er für die Erde empfindet, drückt Gagarin seine Wertschätzung und Dankbarkeit für sie aus. Sie bildet seine und die Lebensgrundlage aller Erdenwesen.
- Metapher: Die Erde wird als „der Menschen Mutter“ (V. 10) bezeichnet, während die Menschen als ihre „Söhne“ (V. 11) existieren.
- Durch die Verwendung von Partizipien wie „nährend“ und „behausend“ (V. 11) im Zusammenhang mit der Erde wird noch der Muttercharakter dieser betont.
- Unter dem Augenmerk, dass die Erde eine Mutterfigur darstellt, ist es umso wichtiger zu verstehen, dass sie unter ihren eigenen „Söhnen“, also uns Menschen, leider „in tödliche Gefahr“ (V. 12) gerät.
- Im Zuge der finalen Strophe im Gedicht merkt Gagarin an, dass die Erde „durch [die Menschen] in tödlicher Gefahr“ (V. 12) ist und nimmt damit als Erdenbürger einen Teil der Verantwortung gegenüber seinem Heimatplaneten auf sich.
- Der Autor erkennt, welche Bedrohung die Menschheit für die Erde darstellt, und gleichzeitig deutet er an, dass „die darauf sind, müssen miteinander leben“ (V. 14 f.).
- Letztere Aussage ist so zu verstehen, dass der Kosmonaut die Menschen dazu anregt, gemeinsam an einer planetenfreundlicheren Lebensweise zu arbeiten und sich der gemeinsamen Verantwortung bewusst zu sein.
- Der Doppelpunkt in V. 14 verdeutlicht noch einmal, dass die Erde in Frieden und als Einheit existiert und demzufolge der Mensch und dessen rücksichtsloses Verhalten das Problem sind.
- Ellipse: mit den Worten „Leben keins“ (V. 16) ermahnt der Autor die Menschheit, sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Planeten Erde entsprechend zu verhalten, da ansonsten alles Leben auf diesem Planeten ein für allemal ausgelöscht werden würde. Die Reduktion der Sprache im Falle dieser Ellipse spiegelt das möglicherweise drastische und bevorstehende Reduktion der Menschheit wider.
- „Von ihr wird es heißen“ (V. 16) kann einerseits so gelesen werden, dass die Erde nach den Strapazen, die sie durch die Menschheit erfahren hat, keine Kraft mehr besitzt, uns weiterhin als Lebensgrundlage zu dienen. Andererseits kann es auch bedeuten, dass wir uns auch ohne ihre Verweigerung selbst auslöschen werden.
Schluss
- Thema: Die Erde stellt die existenzielle Basis für alles menschliche Leben dar und ihre Existenz muss demzufolge mit Rücksicht, Vorsicht und Nachhaltigkeit gepflegt und geschätzt werden.
- Interpretation: Durch Katastrophen wie Kriege, insbesondere Nuklearkriege, Umweltverschmutzung und verantwortungslosen Umgang mit Bodenschätzen wird die Erde gebeutelt. Es liegt an uns als ihre Bevölkerung, gemeinsam und global einen Lebensstil zu entwickeln, welcher ihr möglichst wenig schadet und vor allem nachhaltig umsetzbar ist.
- Fazit: Nur gemeinsam ist es der Menschheit möglich, ihren Planeten vor dem geweihten Untergang zu bewahren. Doch dafür muss jede/r einzelne sich ihrer/seiner Verantwortung bewusst werden.