Aufgabe 3
Gedichtinterpretation
Thema: Eva Schrittmatter (* 1930 - † 2011): Werte Aufgabenstellung:- Interpretiere das Gedicht.
1
Die guten Dinge des Lebens
2
Sind alle kostenlos:
3
Die Luft, das Wasser, die Liebe.
4
Wie machen wir das bloß,
5
Das Leben für teuer zu halten
6
Wenn die Hauptsachen kostenlos sind?
7
Das kommt vom frühen Erkalten.
8
Wir genossen nur damals als Kind
9
Die Luft nach ihrem Werte
10
Und Wasser als Lebensgewinn,
11
Und Liebe, die unbegehrte,
12
Nahmen wir herzleicht hin.
13
Nur selten noch atmen wir richtig
14
Und atmen Zeit mit ein,
15
Wir leben eilig und wichtig
16
Und trinken statt Wasser Wein.
17
Und aus der Liebe machen
18
Wir eine Pflicht und Last.
19
Und das Leben kommt dem zu teuer,
20
Der es zu billig auffaßt.
Aus: Schrittmatter, Eva: Werte. In: Schrittmatter, Eva: Sämtliche Gedichte. Aufbau-Verlag GmbH,
Berlin 2006, S. 288 f.
Einleitung
- Werte begleiten und leiten einen das ganze Leben. Sie geben einem Zielvorstellung, an denen man sich orientiert, können aber komplett voneinander abweichen.
- Gedicht Werte von Eva Strittmatter aus dem Jahr 1977
- Das Werk problematisiert die Denkweise, mit der Zeit immer mehr an belanglosen, physischen Werten festzuhalten und die eigentlich wichtigen Dinge zu vergessen, die das Leben jedem bereitstellt.
Hauptteil
Formale Analyse- Zwei ungleiche Strophen, die erste ist mit 18 Verszeilen die deutlich Längere. Die zweite besteht hingegen nur aus zwei Versen, wodurch diese eine verstärkte Wirkung haben.
- Metrum: Jeder Vers besitzt drei Hebungen und entsprechend viele Senkungen, ansonsten keine regelmäßige Struktur, so steht Vers 8 beispielsweise in Anapäst und Vers 14 dagegen in Daktylus.
- Reimschema: Abgesehen von Vers 1, 3, 17 und 19 liegt ein Kreuzreim mit dem Schema abab vor.
- Enjambements: Durch Zeilensprünge entstehen weniger Pausen im Lesefluss und das Gedicht liest sich flüssig.
- Satzzeichen: zahlreiche Punkte und Kommas, ein Fragezeichen, ansonsten keine Besonderheiten
- Keine klare Erzählform wie einen konkreten Ich-Erzähler, stattdessen berichtet ein Sprecher, der den Leser durch Verwendung von „wir“ (V. 4, 8, 12, 13, 15, 18) in die Handlung miteinbezieht.
1. Strophe
Inhalt- Das Gedicht verdeutlicht zunächst, alle guten Dinge im Leben seien kostenlos (Vgl. V. 1). Genannt werden: „[d]ie Luft, das Wasser [und] die Liebe“ (V. 1-3). Alle diese Dinge besitzen keinen materiellen Wert und sind insofern „kostenlos“ (V. 6).
- Daran angeschlossen steht die Frage, weshalb wir das Leben trotzdem für teuer erachten (Vgl. V. 5). Die Antwort erfolgt auch direkt, dies rühre laut Autorin „vom frühen Erkalten“ (V. 7). Also, dass die wesentlichen Dinge, die einem das Leben bietet, nicht länger wertgeschätzt würden.
- Es folgt ein Vergleich zu der Unbeschwertheit eines Kindes, welches die zuvor genannten fundamentalen Dinge wie Wasser noch wertschätzt und nicht genug davon bekommen kann (Vgl. V. 8–12).
- Vergleichend zum Kind, welches die Luft genießt (Vgl. V. 9), wird darauf als Erwachsener kaum noch Wert gelegt („Nur selten noch atmen wir richtig“ V. 13), bzw. der Fokus wird auf andere Werte gelegt.
- Auch die Liebe verändert sich im Erwachsenenalter von etwas Positivem zu „eine[r] Pflicht und Last“ (V. 18).
- Das Leben im Allgemeinen scheint sich der Hektik zu beugen, was besonders in Vers 15 deutlich wird: „Wir leben eilig und wichtig“ und es scheint kein Gefühl mehr für die in Vers 3 genannten guten Dinge übrig zu sein.
- Die Beschreibung des Lebens als „teuer“ (V. 5,15) impliziert einen Fokus auf Materielles und eine fehlende Wertschätzung der essenziellen Dinge. Liebe beispielsweise ist prinzipiell kostenlos und dürfte einem nicht teuer vorkommen.
- Neologismus: „herzleicht“ (V. 12) steht für die Leichtigkeit und Unbefangenheit eines Kindes.
- Anapher: Der Vergleich zwischen der Kindheit und dem Erwachsenwerden wird durch „[u]nd“ als sich wiederholende Satzanfänge betont (V. 10, 11, 14, 16, 17).
- Alitteration: Die Aussage: „Und trinken statt Wasser Wein“ (V. 16) macht die Veränderung der Denkweise beim Erwachsenwerden deutlich. Wasser symbolisiert hier die Bescheidenheit des Kindes und Wein die Gier und Unzufriedenheit, die sich laut der Autorin mit zunehmenden Alter entwickelt.
2. Strophe
Inhalt- Die Frage „Wie machen wir das bloß, das Leben für teuer zu halten, wenn die Hauptsachen kostenlos sind?“ (V. 4 ff.) wird erneut aufgegriffen und geschlussfolgert, „[...] das Leben kommt dem zu teuer, der es zu billig auffaßt.“
- Es wird deutlich, dass man sich das Leben, wenn man alles für selbstverständlich nimmt und nicht wertschätzt, selbst schwer macht, weil man immer nach besseren Dingen sucht, obwohl die einzig wichtigen, wertvollen Dinge wie die Liebe einem grundsätzlich immer zur Verfügung stehen.
Schluss
- Menschen neigen dazu, nach Anerkennung, Reichtum oder anderen materiellen Werten zu streben und dies ist sehr anstrengend und ermüdend, weshalb einem das Leben hart und „teuer“ (V. 5) vorkommen kann.
- Das Gedicht formuliert eine Art Appell an die Leser, mehr Dankbarkeit und Wertschätzung für die grundlegenden Dinge zu zeigen.
- Das Leben scheint besser zu sein, wenn man weniger erwartet und sich mit den einfachen Dingen zufrieden gibt, denn letztlich machen genau diese einem das Leben so schön, vor allem die Liebe ist hierfür ein gutes Beispiel.