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Vorschlag A

Interpretation eines Gedichts mit weiterführendem Vergleich

Thema:
Nächtliche Sehnsucht
Max Herrmann-Neiße (* 1886 - † 1941): Verlornes Meer (1927)
Joseph von Eichendorff (* 1788 - † 1857): Der Einsiedler (1834/35)
Aufgabenstellung:
  • Interpretiere das Gedicht Verlornes Meer von Max Herrmann-Neiße. (Material 1)
  • (60 BE)
  • Vergleiche Herrmann-Neißes Gedicht (Material 1) mit Joseph von Eichendorffs Gedicht Der Einsiedler (Material 2) unter Berücksichtigung des Inhalts und der sprachlich-formalen Gestaltung.
  • (40 BE)
Material 1
Verlornes Meer
Max Herrmann-Neiße
1
Ich sehne mich nach einer Nacht am Meere:
2
die Schenken schließen, und ich geh’ allein
3
hinab zum Strand, um in der großen Leere
4
der Weltunendlichkeit für mich zu sein.
5
Da lehne ich dann auf der Landungsbrücke,
6
sie scheint zu schwimmen, und es treibt mein Traum
7
hinaus ins All, und über jedem Glücke
8
vergangnen Jahres wirbelt höhnisch Schaum.
9
Der Leuchtturm tastet sich mit seinen Fühlern
10
von neuem immer wieder auf die Flut
11
und wird zurückgespült. Mit immer kühlern
12
Nachtwinden streift der Ozean mein Blut.
13
Blinkfeuer grüßen. Inseln winken, sinken.
14
Ganz draußen zieht ein Lichtschiff seine Bahn.
15
Zu meinen Füßen glucksend scheint zu trinken
16
Nachtwandlers Schiffbruch den Salzwasserwahn.
17
Die Stadt hinter den Dünen ward begraben
18
mit Kneipen, Kirchen, Schelm- und Priesterwort.
19
Die Nacht ist schwarz. Der Wogen dunkle Raben
20
ballen sich über dem versunknen Ort.
21
Allein ich lebe, in der großen Leere
22
des Weltensterbens zweifelhaftes Glück.
23
Ich sehne mich nach einer Nacht am Meere
24
und kehre nimmermehr dorthin zurück.

Aus: Max Herrmann-Neiße: Um uns die Fremde. Gedichte 2, Frankfurt am Main 1986, S. 166.
Die Rechtschreibung entspricht der Textvorlage.
Material 2
Der Einsiedler
Joseph von Eichendorff
1
Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!
2
Wie steigst du von den Bergen sacht,
3
Die Lüfte alle schlafen,
4
Ein Schiffer nur noch, wandermüd’,
5
Singt übers Meer sein Abendlied
6
Zu Gottes Lob im Hafen.
7
Die Jahre wie die Wolken gehn
8
Und lassen mich hier einsam stehn,
9
Die Welt hat mich vergessen,
10
Da trat’st du wunderbar zu mir,
11
Wenn ich beim Waldesrauschen hier
12
Gedankenvoll gesessen.
13
O Trost der Welt, du stille Nacht!
14
Der Tag hat mich so müd’ gemacht,
15
Das weite Meer schon dunkelt,
16
Laß ausruhn mich von Lust und Not,
17
Bis daß das ew’ge Morgenrot
18
Den stillen Wald durchfunkelt.

Aus: Joseph von Eichendorff: Ausgewählte Werke. Band 1, München 1987, S. 283 f.
Die Rechtschreibung entspricht der Textvorlage.

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