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Vorschlag D

Interpretation eines Gedichtes mit weiterführendem Vergleich

Thema: Städte
Georg Trakl (* 1887 – † 1914): Vorstadt im Föhn (Erstdruck 1912, Fassung von 1913)
Hugo von Hofmannsthal (* 1874 – † 1929): Siehst du die Stadt? (1890)
Aufgabenstellung:
1
Interpretiere das Gedicht Vorstadt im Föhn von Georg Trakl. Beziehe dabei dein literaturgeschichtliches Wissen ein. (Material 1)
(60 BE)
2
Vergleiche die Gestaltung des Stadtmotivs in den Gedichten Vorstadt im Föhn von Georg Trakl (Material 1) und Siehst du die Stadt? von Hugo von Hofmannsthal (Material 2).
Berücksichtige dabei inhaltliche sowie sprachliche und formale Aspekte.
(40 BE)
Hinweis: Die Rechtschreibung in beiden Gedichten entspricht den jeweiligen Textvorlagen.
Material 1
Vorstadt im Föhn
Georg Trakl
1
Am Abend liegt die Stätte öd und braun,
2
Die Luft von gräulichem Gestank durchzogen.
3
Das Donnern eines Zugs vom Brückenbogen –
4
Und Spatzen flattern über Busch und Zaun.
5
Geduckte Hütten, Pfade wirr verstreut,
6
In Gärten Durcheinander und Bewegung,
7
Bisweilen schwillt Geheul aus dumpfer Regung,
8
In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid.
9
Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor.
10
In Körben tragen Frauen Eingeweide,
11
Ein ekelhafter Zug voll Schmutz und Räude,
12
Kommen sie aus der Dämmerung hervor.
13
Und ein Kanal speit plötzlich feistes Blut
14
Vom Schlachthaus in den stillen Fluß hinunter.
15
Die Föhne färben karge Stauden bunter
16
Und langsam kriecht die Röte durch die Flut.
17
Ein Flüstern, das in trübem Schlaf ertrinkt.
18
Gebilde gaukeln auf aus Wassergräben,
19
Vielleicht Erinnerung an ein früheres Leben,
20
Die mit den warmen Winden steigt und sinkt.
21
Aus Wolken tauchen schimmernde Alleen,
22
Erfüllt von schönen Wägen, kühnen Reitern.
23
Dann sieht man auch ein Schiff auf Klippen scheitern
24
Und manchmal rosenfarbene Moscheen.

Aus: Georg Trakl: Sämtliche Werke und Briefwechsel. Innsbrucker Ausgabe, hg. v. Eberhard Sauermann und Hermann Zwerschina,
Bd. I, Frankfurt am Main/Basel 2007, S. 573.
Material 2
Siehst du die Stadt?
Hugo von Hofmannsthal
1
Siehst du die Stadt, wie sie da drüben ruht,
2
Sich flüsternd schmieget in das Kleid der Nacht?
3
Es gießt der Mond der Silberseide Flut
4
Auf sie herab in zauberischer Pracht.
5
Der laue Nachtwind weht ihr Athmen her,
6
So geisterhaft, verlöschend leisen Klang:
7
Sie weint im Traum, sie athmet tief und schwer,
8
Sie lispelt, rätselvoll, verlockend, bang ...
9
Die dunkle Stadt, sie schläft im Herzen mein
10
Mit Glanz und Glut, mit qualvoll bunter Pracht:
11
Doch schmeichelnd schwebt um dich ihr Wiederschein,
12
Gedämpft zum Flüstern, gleitend durch die Nacht.

Aus: Hugo von Hofmannsthal: Sämtliche Werke, hg. v. Rudolf Hirsch u. a., Band II, Frankfurt am Main 1988, S. 27.

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