HT 2 – Ökologie, Genetik

Thema: Die Südliche Seide und die Zeit zum Blühen

1.
Stelle die Angepasstheiten der Südlichen Seide an die parasitäre Lebensweise dar (Material A). Gib eine Definition des Begriffes reproduktive Fitness an. Fasse die in Abbildung 1 gezeigten Daten zusammen und erläutere die Bedeutung des Zeitpunkts der Blütenbildung für die reproduktive Fitness der Südlichen Seide (Material A).
(20 Punkte)
2.
Stelle die wesentlichen Schritte der mRNA-Prozessierung bei Eukaryoten dar. Beschreibe mithilfe von Abbildung 2 das Verfahren der Reversen Transkriptase-PCR und erläutere die Funktionen der eingesetzten Primer (Material B).
(15 Punkte)
3.
Werte die in Abbildung 3 gezeigten Ergebnisse in Bezug auf die Expression des arteigenen FT-Gens der Südlichen Seide aus (Material C). Erläutere die einzelnen experimentellen Schritte (Material D). Werte die Ergebnisse des Experiments in Bezug auf die Fragestellung aus (Abbildung 4, Materialien A bis D).
(18 Punkte)
4.
Erläutere die Bedeutung der artfremden FT-Genprodukte für die Südliche Seide (Materialien A, C und D). Entwickle eine evolutionsbiologisch begründete Hypothese zur Entstehung der Angepasstheit des Blühbeginns der Südlichen Seide an die jeweiligen Wirtspflanzen (Materialien A, C und D).
(13 Punkte)

Material A: Blühen zur rechten Zeit

Die Südliche Seide (Cuscuta australis) ernährt sich als Vollparasit von anderen Pflanzen, indem sie über spezielle Saugorgane bis zu den Leitungsbahnen der Wirte vordringt und die dort transportierten Nährstoffe nutzt. Die Pflanze bildet kleine weißliche Blüten, die bis zu 100 000 Samen pro Pflanze produzieren können. Die Samen können bis zu 20 Jahre überdauern.
Der junge Keimling der Südlichen Seide weist noch Wurzeln und auch etwas Chlorophyll in den Blättern auf. Die Wurzeln und auch das Chlorophyll werden aber innerhalb der ersten zehn Tage abgebaut. Durch Drehbewegung des Sprosses wird in dieser Zeit eine mögliche Wirtspflanze im Umfeld gesucht. Im Unterschied zu vielen anderen Parasiten ist die Südliche Seide nicht wirtsspezifisch, sondern findet sich zum Beispiel auf Kulturpflanzen wie Tomaten, Sojabohnen, Gurken und auch vielen anderen Wildpflanzen. Die meisten dieser Arten sind genau wie die Südliche Seide einjährig. Nach der Keimung im Frühjahr und einer Wachstumsphase beginnen die Wirtspflanzen bei guter Nährstoffversorgung zu blühen (Abbildung 1) und sterben nach der Samenbildung im Herbst ab.
bio nrw abb.1
Abb. 1: Durchschnittlicher Blühbeginn verschiedener Wirtspflanzen und der sie parasitierenden Südlichen Seide

Material B: Nachweis von mRNA mittels RT-PCR

Um die Expression eines Gens in einer Zelle zu untersuchen, verwendet man die Reverse Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR). Die Reverse Transkriptase ist ein Enzym, das mRNA in die komplementäre DNA (cDNA) umschreibt (Abbildung 2).
ablauf einer rt-pcr
Abb. 2: Ablauf einer RT-PCR. Waagerechte Pfeile kennzeichnen Primer;
Oligo-dT-Primer: DNA-Primer, der nur aus Thymin-Nukleotiden besteht;
RNAse: RNA-abbauendes Enzym

Material C: Expression des FT-Gens der Südlichen Seide

Der Blühbeginn wird bei den Blütenpflanzen maßgeblich durch das FT-Protein (Flowering Locus T) gesteuert. Sobald die tägliche Belichtungsdauer für die jeweilige Art ausreichend ist, wird das FT-Gen in den Blattzellen exprimiert und das FT-Protein gebildet. Aus den Blättern wird das FT-Protein durch die Leitbündel innerhalb der Pflanze bis zu den Blütenknospen transportiert und steuert dort als ein beteiligter Transkriptionsfaktor die Blütenbildung. Die aus der genomischen DNA abgeleiteten Aminosäuresequenzen der FT-Proteine verschiedener Blütenpflanzen zeigen über die Artgrenzen hinweg eine hohe Übereinstimmung der Sequenz gerade in funktionell bedeutenden Abschnitten.
Mithilfe der RT-PCR wurde die Expression des FT-Gens der Südlichen Seide untersucht. Dazu wurden Sojabohnen mit der Südlichen Seide parasitiert. Bis zum Blühbeginn der Sojabohnen und der Südlichen Seide am 35. Tag wurden alle fünf Tage Zellen des Sprosses der Südlichen Seide auf mRNAs des FT-Gens mittels RT-PCR untersucht. Zur Kontrolle wurden zeitgleich die Zellen des Sprosses auf die Expression des EF-Gens untersucht. Das EF-Gen wird kontinuierlich in den Sprosszellen der Südlichen Seide exprimiert, sodass stets EF-mRNA vorhanden ist. Abbildung 2 zeigt das gelelektrophoretische Bild nach erfolgter RT-PCR.
tage nach der keimung
Abb. 3: Gelelektrophoretischer Nachweis der Produkte der RT-PCR

Material D: Protein oder mRNA?

Zur Klärung der Fragestellung, ob artfremde FT-Proteine oder artfremde FT-mRNA für den Blühbeginn der Südlichen Seide verantwortlich sind, wurde ein Experiment durchgeführt. Abbildung 4 zeigt den experimentellen Ablauf sowie die beobachteten Ergebnisse.
protein oder mRNA
Abb. 4: Übersicht zum experimentellen Vorgehen und den Ergebnissen des Experiments

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