HT 3 – Genetik

Thema: Erbliche Netzhauterkrankung

1.
Ermittle den Erbgang der Leberschen kongenitalen Amaurose (LCA), indem du andere Erbgänge begründend ausschließt, und leite für die Personen 2, 7, 12, 13 und 15 den jeweiligen Genotyp ab (Material A).
(9 Punkte)
2.
Fasse den Retinal-Zyklus zusammen (Material B). Erläutere mithilfe der Materialien A und B die Symptome der Leberschen kongenitalen Amaurose.
(18 Punkte)
3.
Beschreibe die Funktion des Spleißens während der RNA-Prozessierung bei Eukaryoten. Gib die Aminosäuresequenzen zu den in Tabelle 1 gezeigten DNASequenzen an (Materialien C und E). Ermittle für die in Tabelle 1 angegebenen Sequenzen die Mutationstypen und erläutere die möglichen Folgen der jeweiligen Mutation für das RPE65-Protein (Materialien C und E).
(17 Punkte)
4.
Beschreibe anhand von Abbildung 4 den Ablauf einer RT-PCR (Material D) und werte Abbildung 5 aus (Materialien C und D). Erläutere, warum in Familie B nur das Mädchen, aber nicht die Eltern an LCA erkrankt waren (Materialien A bis D).
(22 Punkte)

Material A: Vererbung der Leberschen kongenitalen Amaurose

Die Lebersche kongenitale Amaurose (LCA) ist eine vererbbare, schwere Form einer Netzhauterkrankung, bei der es zu einer fortschreitenden Zerstörung von Zellen der Netzhaut kommt. Dies ist mit einer starken Verminderung der Sehschärfe und einer Einschränkung des Gesichtsfeldes verbunden. Die Erkrankung schreitet chronisch fort und führt letztlich zur vollständigen Erblindung. Betroffene werden häufig bereits mit schweren Sehbehinderungen oder sogar blind geboren. In anderen Fällen treten die Symptome der Krankheit in den ersten Lebensjahren auf.
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Abb. 1: Stammbaum einer von LCA betroffenen Familie (Familie A)

Material B: Aufgaben der Pigmentschicht

Die Pigmentschicht ist eine dunkel gefärbte Zellschicht im Auge. Sie liegt innen auf der Aderhaut und steht mit den Außensegmenten der Lichtsinneszellen in direkter Verbindung. Die Pigmentschicht absorbiert Streulicht im Auge und transportiert die beim Aufnehmen des Lichtes anfallende Wärme ab. Sie versorgt die Lichtsinneszellen mit Wasser, Ionen und Nährstoffen, baut abgestorbene Lichtsinneszellen ab und ist am Retinal-Zyklus beteiligt (Abbildung 2). Das bei der Fototransduktion gebildete trans-Retinal ist ein Zellgift und kann Schäden an den Proteinen der Außensegmente der Lichtsinneszellen verursachen. Störungen im Stoffwechsel der Pigmentschicht führen zur fortschreitenden Zerstörung ihrer Zellen. Mutationen im RPE65-Gen können sich auf den Stoffwechsel der Zellen in der Pigmentschicht auswirken und letztlich LCA verursachen.
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Abb. 2: Der Retinal-Zyklus.
E1 bis E5 kennzeichnen die beteiligten Enzyme.

Material C: Molekulare Ursachen der LCA

Bisher sind mehr als 17 verschiedene Gene bekannt, deren Mutationen LCA auslösen können. Mutationen im RPE65-Gen sind besonders häufig die Ursache der Krankheit. Es wurden in diesem Gen mehr als 65 verschiedene Mutationen nachgewiesen, die zu LCA führen können. Das RPE65-Gen besteht aus 14 Exons und 13 Introns und codiert für das 533 Aminosäuren umfassende RPE65-Protein (Abbildung 3).
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Abb. 3: Schematische Darstellung eines Ausschnitts des RPE65-Gens.
Die Pfeile kennzeichnen die Positionen der in Tabelle 1 dargestellten Mutationen.
In einer Studie wurde eine weitere von LCA betroffene Familie, Familie B, untersucht. Die Eltern waren phänotypisch gesund. Die Tochter war an LCA erkrankt und litt unter zunehmend starken Sehbeeinträchtigungen. Im Rahmen der Studie wurden die RPE65-Allele der Eltern und ihrer Tochter sequenziert und mit der Nukleotidsequenz des Normal-Allels verglichen (Tabelle 1).
Tab. 1: In Familie B beobachtete Mutationen im RPE65-Gen im Vergleich zu den jeweils nicht mutierten Sequenzabschnitten (Normal-Allel). Das erste dargestellte Nukleotid entspricht jeweils der ersten Base eines Tripletts im Sequenzabschnitt. Alle Mutationen lagen heterozygot vor.
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Material D: Analyse von Mutation 2 mittels RT-PCR

Die Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) ist eine molekularbiologische Methode zur Untersuchung von RNA (Abbildung 4). Die Reverse Transkriptase ist ein Enzym, das zu einer RNA den komplementären DNA-Strang, die cDNA, herstellt.
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Abb. 4: Ablauf einer RT-PCR.
Waagerechte Pfeile kennzeichnen Primer.
Oligo-dT-Primer: DNA-Primer, der nur aus Thymin-Nukleotiden besteht;
RNAse: RNA-abbauendes Enzym
Die Auswirkung der in Tabelle 1 gezeigten Mutation 2 auf die Expression des RPE65-Gens wurde mithilfe einer RT-PCR untersucht (Abbildung 5A). Dazu wurde sowohl die RNA aus Zellen mit dem Normal-Allel als auch die RNA aus Zellen mit dem Allel mit Mutation 2 isoliert und mithilfe der RT-PCR analysiert. Die erhaltenen RT-PCR-Produkte wurden mittels Gelelektrophorese aufgetrennt und sichtbar gemacht (Abbildung 5B).
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Abb. 5: RT-PCR-Analyse der Expression des RPE65-Gens.
A Schema des untersuchten Genausschnitts. Die Pfeile geben die Positionen der für die RT-PCR verwendeten Primer an.
Die Größen der Intron- und Exonbereiche sind angegeben (bp: Basenpaare);
B Ergebnis der RT-PCR nach Gelelektrophorese

Material E: Codesonne und Tabelle zum genetischen Code

Ala Alanin
Arg Arginin
Asn Asparagin
Asp Asparaginsäure
Cys Cystein
Gln Glutamin
Glu Glutaminsäure
Gly Glycin
His Histidin
Ile Isoleucin
Leu Leucin
Lys Lysin
Met Methionin
Phe Phenylalanin
Pro Prolin
Ser Serin
Thr Threonin
Trp Tryptophan
Tyr Tyrosin
Val Valin

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