HT 1 – Ökologie, Evolution

Thema: Das Weißnasen-Syndrom bei Fledermäusen

1.
Nenne eine Definition des Begriffs der ökologischen Nische und werte (Material A) im Hinblick auf die ökologische Nische des Nördlichen Mausohrs aus.
Beurteile, inwieweit das Nördliche Mausohr und die Große Braune Fledermaus im gemeinsamen Verbreitungsgebiet koexistieren können (Material A).
(18 Punkte)
2.
Erläutere die Beziehung zwischen Fledermäusen und dem Pilz Pseudogymnoascus destructans (Material B). Vergleiche die in Abbildung 1 A und 1 B dargestellten Daten und analysiere die Daten im Hinblick auf die Todesursache pilzbefallener Fledermäuse in Nordamerika (Materialien A und B).
(20 Punkte)
3.
Werte Abbildung 2 im Hinblick auf die Temperaturtoleranz von P. destructans aus (Material C). Stelle eine Hypothese zur Erklärung des unterschiedlichen Ausmaßes des Weißnasen-Syndroms beim Nördlichen Mausohr und bei der Großen Braunen Fledermaus auf (Materialien A bis C).
(12 Punkte)
4.
Fasse die in Abbildung 3 dargestellten Daten zusammen und erläutere die Beziehung zwischen europäischen Fledermäusen und P. destructans aus evolutionsbiologischer Sicht (Materialien A bis D). Nimm auf dieser Grundlage Stellung zu der Frage, ob das Weißnasen-Syndrom zum Aussterben des Nördlichen Mausohrs führen wird (Materialien A bis D).
(16 Punkte)

Material A: Zwei nordamerikanische Fledermausarten

Fledermäuse verbringen die kalte Jahreszeit in frostfreien Winterquartieren, vor allem in Höhlen. Die Absenkung von Herzschlag, Atemfrequenz und Körpertemperatur verringert ihre Stoffwechselaktivität, sodass die Fledermäuse ohne Nahrungsaufnahme mithilfe ihrer Fettreserven bis zum Frühjahr überdauern können. Nur gelegentlich erwachen die Fledermäuse aus diesem Überwinterungszustand und betreiben Fellpflege. Nach Verlassen des Winterquartiers verbringen Fledermäuse den Tag in einem Sommerquartier. In der Dämmerung und in der Nacht jagen sie fliegende Insekten durch Echoortung mit Ultraschall.
Das Nördliche Mausohr (Myotis septentrionalis) und die Große Braune Fledermaus (Eptesicus fuscus) kommen in Gebieten der USA und Kanadas vor, in denen die Winter häufig lang und kalt sind. In Tabelle 1 werden die beiden Arten miteinander verglichen.
Tab. 1: Merkmale des Nördlichen Mausohrs und der Großen Braunen Fledermaus

Material B: Das Weißnasen-Syndrom

Das Weißnasen-Syndrom (WNS) bei Fledermäusen bezeichnet eine Erkrankung von Fledermäusen in ihren Überwinterungsquartieren, die zu Gewichtsverlust und oft zum Tod führt. Namensgebendes Kennzeichen des Syndroms sind kleine weiße Polster an Nase, Ohren und Flughäuten überwinternder Fledermäuse. Seit der ersten Beobachtung 2006 in einer Höhle im Bundesstaat New York hat sich WNS rasch in Nordamerika verbreitet und wird mit einem drastischen Rückgang der Populationsgrößen verschiedener Fledermausarten in Verbindung gebracht.
Verursacht wird WNS durch den schimmelartigen Pilz Pseudogymnoascus destructans, der erst nach dem Jahr 2000 aus Europa nach Nordamerika gelangt ist. P. destructans überdauert den Sommer an den Wänden von Höhlen. Im Herbst infiziert der Pilz Fledermäuse, bei denen er Nährstoffe aus haarlosen Hautbereichen enzymatisch herauslöst. Dabei verursacht der Pilz eine Reaktion des Immunsystems und kleinere, abgegrenzte Hautverletzungen, die äußerlich sichtbar sind und als Läsionen bezeichnet werden.
Die Fledermausarten Nordamerikas, die in Höhlen mit P. destructans überwintern, sind unterschiedlich stark von WNS betroffen. Das zuvor nicht seltene Nördliche Mausohr wurde durch WNS an den Rand des Aussterbens gebracht, während die Bestände der Großen Braunen Fledermaus stabil blieben. Der oft tödliche Verlauf von WNS wurde an der Kleinen Braunen Fledermaus (Myotis lucifugus) erforscht. Dazu wurden Individuen dieser stark von WNS betroffenen Fledermausart im Freiland während der Überwinterung mit Temperaturmessfühlern versehen und die Hauttemperatur protokolliert (Abbildung 1).
Hauttemperatur
Abb. 1: Hauttemperaturmessungen bei zwei Individuen der Kleinen Braunen Fledermaus im Winter 2008/2009.
A Messergebnisse einer Fledermaus ohne WNS;
B Messergebnisse einer Fledermaus mit WNS

Material C: Wachstum von Pseudogymnoascus destructans

Um den Einfluss der Temperatur auf das Wachstum von P. destructans zu untersuchen, wurden Kulturen des Pilzes auf einem Nährmedium angelegt und bei verschiedenen Temperaturen gehalten. Nach fünf Wochen wurde die vom Pilz bewachsene Fläche gemessen. Abbildung 2 zeigt das Ergebnis der Untersuchung.
temperaturabhängigkeit
Abb. 2: Temperaturabhängigkeit des Wachstums von P. destructans.

Material D: Pseudogymnoascus destructans in Europa

Schon seit Jahrtausenden lebt P. destructans in Höhlen in Europa und infiziert hier überwinternde Fledermäuse, ohne Massensterben wie in Nordamerika auszulösen. Genetisch sind sich die Pilzpopulationen in Europa und Nordamerika sehr ähnlich.
Das Große Mausohr (Myotis myotis) ist eine mittel- und südeuropäische Fledermausart, die in Höhlen überwintert, in denen auch P. destructans vorkommt. Zur Aufklärung eines möglichen Zusammenhangs zwischen dem Ausmaß der Infektion mit P. destructans und der Häufigkeit des Erwachens wurden überwinternde Große Mausohren in mitteleuropäischen Höhlen untersucht. Die Häufigkeit des Erwachens während der Überwinterungsperiode wurde mit Temperaturmessfühlern registriert. Alle untersuchten Individuen überstanden die Überwinterung lebend. Die Anzahl der Läsionen gibt Aufschluss über das Ausmaß der Infektion (Abbildung 3).
anzahl der läsionen
Abb. 3: Anzahl der Läsionen durch P. destructans und Häufigkeit des Erwachens während der Überwinterungsperiode beim Großen Mausohr

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