Thema 1
Interpretation eines literarischen Textes mit weiterführendem Schreibauftrag
Thema: Christa Wolf (* 1929 - † 2011): Kapitel Jason in Medea. Stimmen (1996), Notate aus einem Manuskript (5) (1993) Aufgabenstellung:- Interpretiere den Auszug aus dem Kapitel Jason aus Christa Wolfs Roman Medea. Stimmen. (ca. 70%)
- Überprüfe auf der Grundlage deiner Lektüreerfahrungen, inwieweit die Vorbetrachtungen der Autorin in Notate aus einem Manuskript in die Gestaltung der Jason-Figur eingeflossen sind. (ca. 30%)
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Nichts von allem, was geschehen ist, habe ich gewollt. Aber was hätte ich tun können. Sie hat
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sich selber ins Verderben gestürzt. Die Rasende. Sie hat es mir zeigen wollen. Sie hat es
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darauf angelegt, mich zu zermalmen. Und wenn man sie in Stücke hacken würde: Dann
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blieben immer noch ihre Augen. Die hören nicht auf, mich anzustarren.
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Vom ersten Augenblick an, da sie, geführt von dem Boten, den Saal betrat, hat sie nur nach
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mir gesucht, sie fand mich, zwang mich aufzustehen, allein durch ihren Blick. Als sollte auch
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mir das Urteil verkündet werden. Sie sah den Sprecher des Königs nicht an, nur mich. Sie trieb
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ihre Dreistigkeit auf den Höhepunkt, aber schließlich, was hatte sie zu verlieren.
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Es hätte nicht den mindesten Unterschied gemacht, wenn ich im Rat großmäulig aufgetreten
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wäre und sie verteidigt hätte. Womit denn. Woraufhin denn. Daß sie nicht beteiligt gewesen
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sei an des armen Turon Schmach, wohl aber an seiner Rettung? Das hätte mir doch niemand
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abgenommen. Da hätten sie doch auch mich aus dem Saal gewiesen. Sowieso paßten sie
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auf, wie ich mich verhielt.
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Götter. Diese wahnsinnigen Kolcherinnen. Dem Manne das Geschlecht abschneiden. Wir alle,
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wir Männer in Korinth, haben diesen Schmerz mitgefühlt. Ganz sicher wurde in den Nächten
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bis zur Bestrafung der Kolcherinnen und der Verurteilung der Medea kein Kind gezeugt, kein
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Mann war zeugungsfähig. Sie faßten ihre Frauen hart an, manche sollen sie geschlagen
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haben, und die Korintherinnen verbargen sich in den Häusern oder liefen mit gesenkten
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Köpfen durch die Straßen, als hätten sie, jede von ihnen, den armen Turon geschändet, sie
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umschmeicheln ihre Männer und begrüßen lauthals die strenge Bestrafung der Schuldigen
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und fordern für Medea die Höchststrafe, allen voran die, die ihr Dank schulden, wie üblich. Und
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wenn diese böse Zeit einmal doch vorübergehen sollte und wir alle wieder zur Ruhe kommen,
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dann werden die Männer von Korinth obenauf und die Frauen noch mehr geduckt sein, das ist
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das Ende vom Lied.
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Es sollte mir recht sein, aber es ist mir nicht recht. Nichts freut mich mehr. Sie hat es mir
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vorausgesagt. Nicht auftrumpfend, nein, eher traurig, oder mitleidig, was unverschämt war.
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Sie hatte sich ja selbst jedes Mitgefühl verscherzt. Das sagte man mir im Rat, als ich versuchte,
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für sie um Milde zu bitten, wobei ich nicht versäumte, die Schwere ihrer Vergehen zu betonen,
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sie hätten mich sonst in der Luft zerrissen. Da rieb mir Akamas mein Verhältnis zu Medea
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unter die Nase, verständnisinnig, von Mann zu Mann, und ich stand da wie ein Ochse und
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zuckte mit keiner Wimper, als er, Akamas, durchblicken ließ, ihre Vorzüge lägen sicher in ihren
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Fähigkeiten als Frau, wer wolle es mir verargen, daß ich sie genutzt hätte. Aber dadurch sei
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ich natürlich voreingenommen. Ich hätte ihm ins Gesicht schlagen mögen. Statt dessen setzte
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ich mich und blickte kaum noch auf, geschweige, daß ich noch einmal das Wort ergriff. Es war
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ja alles abgesprochen. Sie redeten mit verteilten Rollen. Das Urteil stand fest. Ich weiß nicht,
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wozu sie dieses Theater noch brauchten. Sie stellten sich, als nähmen sie es ernst.
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Warum bin ich dann noch einmal zu ihr gegangen. Warum habe ich mir das nicht erspart. Sie
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war dabei, ihr Bündel zusammenzupacken. Sie blickte kaum auf. Ach Jason, sagte sie. Soll
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ich dir auch noch ein gutes Gewissen verschaffen. Dabei wollte ich ihr nur erklären, wie alles
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gelaufen war und daß einer wie ich nichts machen konnte. Sie lachte auf. Einer wie du, sagte
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sie, dem man demnächst die Tochter des Königs zur Frau geben wird. Aber das sag ich dir,
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du, tu der Glauke nichts an. Die liebt dich nämlich, und sie ist zart, sehr zart. Eine Königin
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allerdings ist sie nicht, und du, mein lieber Jason, bist kein König für Korinth, und das ist das
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Beste, was ich von dir jetzt noch sagen kann. Freude wirst du nicht daran haben. Überhaupt
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wirst du nicht mehr viel Freude haben. Es ist so eingerichtet, daß nicht nur die, die Unrecht
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erdulden müssen, auch die, die Unrecht tun, ihres Lebens nicht froh werden. Überhaupt frage
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ich mich, ob die Lust, andere Leben zu zerstören, nicht daher kommt, daß man am eigenen
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Leben so wenig Lust und Freude hat.
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So hat sie geredet, und ich wurde immer wütender. Da setzt man sich über Verbote hinweg
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und muß sich dann in eine Reihe stellen lassen mit den finsteren Figuren um Akamas, mit
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diesem in seiner Eitelkeit zügellosen Presbon, der als Zeuge in den Rat geladen war und sich
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vor Wichtigtuerei nicht zu bremsen wußte. Ich hatte ihn lange nicht gesehen und war
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abgestoßen von seinen zerlaufenen Gesichtszügen. Er war zu jeder Aussage gegen Medea
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bereit. Die Mitglieder des Rates konnten sich mit verächtlichem Behagen anhören, wie die
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Angeklagte von einem ihrer Landsleute mit unflätigen Ausdrücken beschimpft wurde. Diese
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Sprache ist im Palast nicht üblich, der törichte Kerl glaubte, er könne sich alles herausnehmen,
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man ließ ihn hemmungslos schwadronieren, und erst, als er sich darüber empören wollte, daß
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Medea die Korinther hinderte, alle Gefangenen im Tempel zu töten, schnitt Akamas ihm das
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Wort ab: Genug!, und Presbon klappte seinen törichten Mund zu. Er hat seine Schuldigkeit
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getan. Seine Zeit neigt sich dem Ende zu, er weiß es bloß noch nicht. Ich aber, ich habe in der
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Nähe des Königs gelernt, die Anzeichen zu deuten.
Aus: Wolf, Christa: Medea. Stimmen. München: Luchterhand 1996, S. 213-216. Material 2 Notate aus einem Manuskript (5) Marianna Hochgeschurz
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Merkwürdig an Medea ist diese Liebe zu Jason oder sollte auch er einer Verwandlung, einer
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Manipulation unterworfen worden sein, also wende ich nun ihm mein Interesse zu, ihm, der
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mir nicht liegt und finde, was mich nicht überraschen dürfte, daß auch er ursprünglich kein
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Held sondern ein Heiler war, einer der Vorläufer der Christus-Gestalt, nicht einmal tatendurstig,
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dem ein Unternehmen aufgebürdet war, das für ihn zu groß war, zu gewichtig, auf der ganzen
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Argonautenfahrt gehörte er nicht gerade zu den Aktiven der Mannschaft. Medea hat ihm den
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Bruch in sich angemerkt, das mag zuerst ein fast mütterliches Gefühl gewesen sein, das sich
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verwandelt haben kann, als sie schon unterwegs waren, in Leidenschaft, denn nun hatte sie
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nichts mehr als ihn, in die Leere schießt leicht dieses Übergefühl das wir Leidenschaft nennen
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und für die wahre Liebe halten und das so nach Rache schreit wenn es enttäuscht wird. So
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könnte es gewesen sein es würde alles ganz gut zusammenpassen und warum sollte sie nicht
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maßlos eifersüchtig werden auf die jüngere Frau, Glauke, aber wieso stelle ich mir diese Frage
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überhaupt, und in diesem zweifelnden Ton?
Aus: Christa Wolfs Medea. Voraussetzungen zu einem Text. Mythos und Bild. Hg. von Marianne Hochgeschurz.
Berlin: Gerhard Wolf Janus press 1998, S. 43.
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Teilaufgabe 1
Einleitung
- Der vorliegende Textauszug (Material 1) stammt aus dem Kapitel Jason als ein Bestandteil des Werkes Medea. Stimmen. Letzteres erschien aus der Feder von Christa Wolf im Jahr 1996.
- Die ebenfalls hinzugezogenen Notate aus einem Manuskript (5) verfasste dieselbe Autorin drei Jahre zuvor 1993.
- Im Textauszug erfährt die Leserschaft über den Charakter Jason, dass dieser bekannt für seine Abenteuerlust ist und eine Art Heldenrolle innehat. Doch nicht nur von außen wird Jason heroisch wahrgenommen, auch er selbst ist von seiner Heldenhaftigkeit überzeugt. So glaubt er beispielsweise, bei den Göttern ein besonderes Ansehen zu genießen und deshalb bevorzugt behandelt zu werden. Jasons Eigenwahrnehmung lässt sich klar aus seinen Handlungen und Taten ableiten.
Hauptteil
Inhalt- Jason bereut, was Medea im Zuge der Anklage widerfahren ist, sieht jedoch keine Schuld bei sich. Bereits von Beginn an hält er die Protagonistin für dreist (Vgl. Z. 8) und skrupellos.
- Es wird deutlich, dass Jason von seiner Vergangenheit verfolgt wird. Er wird als jemand beschrieben, der immer wieder von seinen Taten und Entscheidungen eingeholt wird. Dies wird durch die Erwähnung von Medea, seiner ehemaligen Geliebten, verdeutlicht. Medea wird als eine starke und mächtige Frau dargestellt, die Jasons Leben für immer verändert hat. Er fühlt sich von ihrem durchdringenden Blick verfolgt (Vgl. Z. 4).
- Die Götter und Göttinnen beschreibt Jason als „wahnsinnig“ (Z. 14). Er ist erbost über die Bestrafung von Männern, die vorsieht, „dem Mann das Geschlecht ab[zu]schneiden“ (Z. 14). Außerdem stößt Jason die Hinterhältigkeit des Volkes auf, wenn es um angeklagte Personen und deren Verteidigung geht. Er kritisiert also die Integrität der anderen.
- Der Auszug zeigt auf, dass Jason von einer gewissen Arroganz und Überheblichkeit geprägt ist. Er betrachtet sich als überlegen und glaubt, dass er die Kontrolle über sein Schicksal hat. Diese Überzeugung führt dazu, dass er sich selbst als unverwundbar betrachtet und keine Angst vor den Konsequenzen seiner Handlungen hat, was ihm wiederum zum Verhängnis werden kann.
- „Nichts freut [ihn inzwischen] mehr“ (Z. 25). Medea empfindet er als „unverschämt“ (Z. 26), er kann ihren Widerstand gegen die Umgebung in Korinth nicht verstehen. Den Versuch, zu Medeas Gunsten auszusagen, lässt Jason gleich bleiben. Es steht für ihn fest, dass schon alles unter den Beteiligten abgesprochen ist und „das Urteil bereits feststeht“ (Z. 35).
- Bei ihrem letzten Zusammentreffen sagt ihm Medea voraus, dass er zwar „König für Korinth“ (Z. 43) werden, jedoch seines „Lebens nicht froh werden würde“ (Z. 46).
- Jason ist „wütend“ (Z. 49) darüber, dass Medea ihn mit Akamas und Presbon, beides Figuren, die Medea vorbehaltlos in den Rücken fallen würden, in einem Atemzug erwähnt.
- Die Figur des Jason wird auch als manipulativ und berechnend beschrieben. Er nutzt sein Charisma und sein Geschick, um andere Menschen für seine Zwecke zu gewinnen. Dabei spielt er mit den Gefühlen und Erwartungen der Menschen um ihn herum, um seine eigenen Interessen durchzusetzen und fühlt sich am Ende teils noch ungerecht behandelt (Vgl. letztes Zusammentreffen mit Medea).
- Abschließend vermutet Jason, dass Presbon bald sein Leben lassen und ihn zusammen mit Akamas das Schicksal ereilen wird, dass sie verdienen. Laut Jason gibt es dafür genügend „Anzeichen“ (Z. 61).
- Im Hinblick auf die Schauplätze wird zwischen den verschiedenen Zeitzonen unterschieden: Bei Erzähltem aus der Vergangenheit fungiert Kolchis als austragender Ort, wenn Jason wieder in die Gegenwart zurückkehrt, wird Korinth zum Schauplatz. In Anbetracht dieser lokalen Differenzierung spielt der vorliegende Textausschnitt in Korinth.
- Im Textauszug wird die Erzählform des inneren Monologs verwendet. Dadurch erhält die Leserschaft Einblick in die Gedanken und Gefühle der Figur Jason, während er über sein Leben und seine Vergangenheit nachdenkt. Der Text ist in der Ich-Form geschrieben, was darauf hinweist, dass Jason seine eigenen Gedanken und Reflexionen mitteilt.
- Die Verwendung des inneren Monologs ermöglicht es dem Leser, eine tiefere Verbindung zu Jason herzustellen und seine innere Welt zu erkunden. Durch seine Gedanken und Erinnerungen erfahren wir mehr über seine Motivation, Ängste und Zweifel. Der innere Monolog ermöglicht es uns auch, Jasons Perspektive auf seine Beziehung zu Medea zu verstehen und nachzuvollziehen, wie er mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen umgeht.
- Die Erzählform des inneren Monologs verleiht dem Text eine subjektive und introspektive Atmosphäre. Es ermöglicht uns, uns in Jason hineinzuversetzen und seine Gedanken und Emotionen hautnah zu erleben. Durch diese Erzählform wird auch die Komplexität der Figur Jason verdeutlicht, da wir seine inneren Konflikte und Ambivalenzen miterleben können. Der Anschein einer vorhandenen Objektivität rührt daher, dass die Ereignisse insgesamt im Werk Medea. Stimmen aus verschiedenen Perspektiven erzählt werden. Je nach Kapitel wird das Geschehen aus der Sicht der jeweiligen Figur geschildert, wie im vorliegenden Fall von Jason.
Schluss
- Bei Jason handelt es sich um eine Figur, die von Ambivalenz geprägt ist. Er selbst nimmt sich als heldenhaft wahr, jedoch bemerkt er nicht, dass er durch sein unsicheres Auftreten eine gegenteilige Rolle annimmt. Außerdem zeigt sich im vorliegenden Textauszug die Unsicherheit, von welcher Jason, insbesondere im Hinblick auf Medea, erfüllt ist.
- Diese Analyse verdeutlicht die Komplexität Jasons und wirft Fragen nach Moral und Verantwortung in der Figur des Jason auf. Besonders Medeas Aussage, sie würde sich fragen, „ob die Lust, andere Leben zu zerstören, nicht daher kommt, daß man am eigenen Leben so wenig Lust und Freude hat“ (Z. 47 f.) kann auf Jason bezogen werden. Es ist auffallend, wie klar er es vermag, über seine Mitmenschen zu urteilen und wie wenig er sich gleichzeitig selbst reflektieren kann.
Teilaufgabe 2
Überleitung
- Drei Jahre vor der Veröffentlichung ihres Werkes Medea. Stimmen hält Christa Wolf in Notate aus einem Manuskript (5) ihre Gedanken und Überlegungen zu Medea. Stimmen fest.
- Inwieweit die Vorbetrachtungen dieser Notate in die letztendliche Fassung von Medea. Stimmen eingeflossen sind und woran dies anhand des vorliegenden Textauszuges festzumachen ist, wird im Folgenden analysiert.
Hauptteil
Christa Wolfs Überlegungen zur Figur Jason- Christa Wolf beschreibt die emotionale Verbindung Medeas zu Jason als „merkwürdig“ (Z. 1). Dass sich die Autorin selbst über den Inhalt ihres Werks wundert, liegt daran, dass sie der Erzählung zwar ihre eigene Note verleiht, das Handlungsgerüst jedoch vom bereits seit Jahrtausenden existierenden Mythos vorgegeben ist.
- Unumwunden gibt Wolf zu, dass sie gegen die Figur des Jason eine gewisse Antipathie hegt, allerdings schließt sie auch nicht aus, dass selbst Jason, obwohl er selbst manipulative Tendenzen besitzt, Manipulation zum Opfer fällt.
- Im Zuge ihrer Vorbereitung im Rechercheprozess ihres Buches Medea. Stimmen erfährt Wolf, dass Jason seit jeher „nicht gerade zu den Aktiven der Mannschaft“ (Z. 6) gehört. Er hält sich also schon immer eher im Hintergrund und überlasst es anderen, die Führung zu übernehmen, auch wenn er nach außen hin vorgibt, die Heldenrolle ausfüllen zu können.
- Christa Wolf vermutet, Medeas Anziehung zu Jason entsteht aus dem anfänglichen Gefühl von Mitleid, „ein fast mütterliches Gefühl“ (Z. 7), welches sich dann „in Leidenschaft“ (Z. 8) verwandelt. Das, was Medea einst für wahre Liebe hielt, hat mit Liebe nichts gemein. Das Erkennen dieses Irrtums resultiert dann, so Wolf, in „Rache“ (Z. 10).
- Die Schriftstellerin endet das vorliegende Notat mit der Konstatierung, ein mögliches Rachegefühl würde die Eifersucht Medeas gegenüber Glauke erklären (Vgl. Z. 12). Im selben Atemzug zweifelt Wolf jedoch auch die Existenz Medeas Eifersucht an, und damit endet das Schriftstück.
- Die passive Rolle, welche Christa Wolf Jason bereits in Notate aus einem Manuskript (5) drei Jahre vor Erscheinen ihres Romans Medea. Stimmen zuschreibt, füllt der griechische Held auch im Werk aus. Dieser Charakterzug macht sich im Stück unter anderem daran bemerkbar, dass er sich zurückhält, als es um Medeas Anklage geht. Zu wichtig ist ihm der eigene Ruf und das eigene Wohl.
- Dass Jason trotz seiner hoch manipulativen Persönlichkeit selbst König Kreons Machenschaften zum Opfer fällt und von diesem ausgenutzt wird, sieht Wolf richtig voraus. So kommt es, dass Kreon Jason nur deshalb mit seiner Tochter Glauke verheiratet, da er einen männlichen Erben für sein Königreich benötigt. Zwar bemerkt Jason, dass Kreon einen Hintergedanken besitzt, bewerkstelligt es jedoch nicht, hinter die wahren Beweggründe zu kommen.
- Dass das Rachemotiv für Glaukes Ermordung durch Medea jedoch nicht allein auf Eifersucht zurückzuführen ist, zeigt sich daran, dass sich Medea gegenüber Jason Glauke zugetan äußert (Vgl. 41 ff.). Hier nahm Wolf ihre Zweifel aus den Notaten also in ihr Werk mit auf.