Lerninhalte in Englisch
Abi-Aufgaben GK
Lektürehilfen
Inhaltsverzeichnis

Task B

4.
Together with your American partner school, you participate in a Social Sciences project on the future of political parties in your countries. In an email to your exchange partner outline what Andrea Römmele says about the relevance of political parties for young people in Germany and the recommendations she gives.
(Mediation) (18 Punkte)

Andrea Römmele
Parteien, nutzt den Impuls der Jugend!

Andrea Römmele ist Politikwissenschaftlerin und Professorin für Communication in Politics and Civil Society in Berlin.
1
Demokratie heißt Parteiendemokratie – so vermittelt es jeder Gemeinschaftskundeunterricht,
2
jedes Politikstudium, jede Zeitung. Aber sind Parteien noch zukunftsfähig? Sind sie noch die
3
richtige, die angemessene Form der Willensbildung und Interessenvermittlung? In Artikel 21
4
des Grundgesetzes lesen wir: Die Parteien wirken bei der Willensbildung des Volkes mit.
5
Momentan wirken sie aber eher wie Zaungäste, und sie müssen aufpassen, dass sie nicht abgehängt
6
werden.
7
Die junge Generation ist politisiert. Sie geht auf die Straße. Für das Klima. Gegen Uploadfilter.
8
Natürlich sind manche ihrer Forderungen nicht einfach umsetzbar. Natürlich ist nicht
9
alles zu Ende gedacht. Und trotzdem trifft es den Kern. Trotzdem ist es richtig.
10
Der Umgang der Politik mit den jungen Demonstranten zeigt ein zentrales Problem: Zwischen
11
Parteien und Jugend fehlt die Kommunikation. […]
12
Nicht verwunderlich also, dass sich Jugendliche und Parteien voneinander entfernen und sich
13
gerade junge Menschen von den klassischen Parteistrukturen nicht angesprochen und vor
14
allem nicht repräsentiert fühlen. Es gelingt den Parteien nicht, entsprechende Angebote an
15
die jungen Menschen zur Mitarbeit und Mitgestaltung zu machen. Parteien sind nach wie
16
vor von älteren Generationen geprägt, denen die Jugendlichen kein Verständnis für ihre Anliegen
17
zutrauen. Sollten sie es nicht in absehbarer Zeit schaffen, wieder parteilichen Nachwuchs
18
zu finden, kommen sie auch finanziell in eine Schieflage, denn Mitgliedsbeiträge
19
sind eine tragende Säule der Parteienfinanzierung.
20
Statt diese Form der politischen Auseinandersetzung anzunehmen und zu respektieren, eröffnen
21
Politiker einen inhaltlichen Nebenschauplatz: Die Schule zu schwänzen ist verwerflich.
22
Ein Armutszeugnis für die Debattenkultur, da es zeigt, dass die Demonstrationen vielfach
23
nicht ernst genommen werden. Man versucht, von der eigentlichen Sache, nämlich
24
Klimaschutz, abzulenken und diskutiert nicht mit den, sondern über die Demonstrantinnen
25
und Demonstranten. So zeigt sich die Gleichgültigkeit gegenüber dem Anliegen.
26
Dabei wird auch ignoriert, dass Fridays for Future von breiten Unterstützerbündnissen aus
27
Experten und Zivilgesellschaft getragen werden. Ähnlich übrigens wie beim Urheberrechtsgesetz.
28
Mit denen setzt man sich aber gar nicht auseinander, weil es einfacher ist, die Proteste
29
auf Jugendliche und Schulschwänzerei zu reduzieren. […]
30
Aber was zeigen uns diese Bewegungen? Was bedeuten sie im Hinblick auf Parteiendemokratie?
31
Beide Bewegungen bestätigen den Trend, dass Politik zunehmend situativ und problembezogen
32
gedacht wird. Die Jugendlichen sind politisch, verbinden das aber nicht automatisch
33
mit dem Eintritt in eine Partei, es gibt auch kein ideologisches Vertrauen zu einer bestimmten
34
Partei. Sie haben konkrete Anliegen, zu denen Antworten fehlen. Das strafen sie ab.
35
Parteipolitik erscheint oft zu mühselig. Wie viele 15-Jährige haben Lust darauf, jahrelang
36
Parteien-Klein-Klein mitzumachen, um irgendwann mal etwas mitentscheiden zu können?
37
Es ist viel einfacher, sich situativ und vor allem auch digital zu organisieren. Das erspart ein
38
weiteres Problem, das viele Jugendliche mit Parteipolitik haben: Viele Menschen, die in eine
39
Partei eintreten, machen das mit der Hoffnung, die Partei in eine Richtung formen zu können,
40
die der eigenen entspricht. Der Trend geht aber mehr dahin, etwas zu suchen, bei dem man
41
sich bereits besser aufgehoben fühlt. Das ist bei Bewegungen natürlich einfacher gewährleistet.
42
Hier treten innerstrukturelle Diskrepanzen und Widersprüche viel weniger zutage als
43
in einer Partei.
44
Ein anderer Umgang mit diesen Anliegen ist seitens der Politik zwingend geboten. Ansonsten
45
entsteht eine ganze Generation von Frustrierten, deren erste politische Erfahrung ist, dass
46
ihr Engagement zu nichts führt. Kurzfristig ist eine echte Debatte notwendig, in der die
47
Politik darüber hinausgeht, nur das Engagement zu loben oder das Schuleschwänzen zu kritisieren,
48
ohne sich substanziell mit den Forderungen auseinanderzusetzen. Und das darf bitteschön
49
auch kritisch sein: Das halten die Jugendlichen aus. Langfristig müssen Parteien Wege
50
finden, wie sich Menschen auch situativ in ihnen beteiligen und mitdebattieren können, ohne
51
dass sie gleich Mitglied werden müssen.
Aus: Andrea Römmele, „Parteien, nutzt den Impuls der Jugend!“, in: ZEIT ONLINE, 9. April 2019 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-04/parteipolitik-politikverdrossen-jugend-fridays-for-future-debattenkultur (Zugriff: 17.03.2021)

Weiter lernen mit SchulLV-PLUS!

monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?