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Inhaltsverzeichnis

Task B

4.
For a school project on social mobility worldwide, your former exchange student from the USA has chosen to give a presentation on the situation in Germany and has asked you for help. Write an email to your friend outlining what Nina Monecke’s article says about the situation of young people growing up in poor families in Germany, problems they face and suggestions on how to improve their situation.
(Mediation) (18 Punkte)

Nina Monecke
Sarah ist mit Hartz IV aufgewachsen und wird nun als Erste in ihrer Familie studieren

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In einer gerechten Gesellschaft, in der jede*r die gleichen Chancen hat, wäre Sarah keine
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Ausnahme. Aber in unserer Gesellschaft ist sie es. Weil sie als Tochter einer alleinerziehenden
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Mutter und Hartz-IV-Empfängerin aufs Gymnasium gegangen ist, weil sie das Abitur mit
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der Abschlussnote 1,2 abgeschlossen hat und weil sie in diesen Tagen ihre ersten Seminare
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und Vorlesungen an der Uni besucht.
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Für die zwei Millionen Kinder und Jugendliche, die in Deutschland in Familien mit Hartz
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IV aufwachsen, ist all das nicht selbstverständlich. „Statistisch bin ich nicht vorhanden“, sagt Sarah.
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Eine Studie der Deutschen Hochschul- und Wissenschaftsforschung unterscheidet lediglich
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nach Bildungsgrad der Eltern: Von 100 Kindern aus Akademiker*innenfamilien studieren
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statistisch 79, bei Nicht-Akadamiker*innenfamilien sind es 27.
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Vor einem Jahr, ein Jahr vor ihrem Schulabschluss, ist Sarah mit einem Tweet bekannt geworden.
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Darin schrieb die heute 18-Jährige: „Hartz IV ist der größte Scheiß.“ Warum? Weil
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Kinder von Hartz-IV-Empfänger*innen nicht mehr als 100 Euro im Monat verdienen dürfen.
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Sie könnten, doch alles, was über diesem Betrag liegt, wird zu 80 Prozent abgezogen.
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Bei einem 450-Euro-Nebenjob wären Sarah am Ende 170 Euro geblieben. Sie und ihre Mutter
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bilden eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft, deshalb werden die Einkünfte der Tochter mit
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dem Hartz-IV-Satz der Mutter verrechnet.
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Was das für Sarah bedeutet? „Führerschein machen? Sicher nicht, bevor du ausgezogen bist.
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Du kannst ja nicht darauf sparen.“ Oder: „Deine Freunde fahren in den Urlaub, vielleicht
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sogar als Abschlussfahrt? Kannst du knicken.“ Sarah könnte viele weitere Beispiele nennen.
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Kindern, die in Armut aufwuchsen – und für die das schon schlimm genug sei –, nehme man
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so auch noch die Möglichkeit, sich selbst daraus zu befreien.
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Im Oktober beginnt Sarah trotz allem ihr Studium an der Uni Bonn, Politikwissenschaft mit
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Philosophie im Nebenfach. Von der liberalen Erzählung, man könne alles schaffen, wenn man
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sich nur hart genug anstrengt, hält sie nichts. Dafür will sie auch nicht als gutes Beispiel herhalten
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halten. „Es geht nicht darum, dass es nicht möglich ist, es zu schaffen. Es geht darum, dass
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es nicht fair ist, wenn der eine durchrennt und der andere erst über drei Mauern klettern muss.
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Wir müssen klarmachen, wie Chancen verteilt sind, und gucken, wo wir diese Hürden
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abbauen können"
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Sarah nennt ihre Position privilegiert, weil sie gut durch die Schule gekommen ist. [...]
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Zwei zentrale Dinge müssten sich aus Sarahs Sicht ändern. Das Eine ist die Schule.
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Kinder nach der vierten Klasse zu sortieren, findet Sarah falsch. Es verfestige Ungerechtigkeiten nur.
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Wer von zu Hause nicht die Unterstützung bekomme, die er oder sie braucht, müsste diese
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in der Schule bekommen. Oft gehe es aber auch einfach um Geld – und damit um Teilhabe.
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Vieles berechne kein Hartz-IV-Satz mit ein. Zum Beispiel Geld für einen Umzug, für erste
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eigene Möbel, für die Kaution einer Wohnung oder eines WG-Zimmers, für Uni-Bücher.
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Oder auch einfach für Musikunterricht, Pizza, Kino. „Bei Chancengleichheit geht es nicht
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darum, dass alle Zugang zur Uni bekommen. Sondern darum, dass Kinder sich ausprobieren
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können und dieselben Chancen haben“, sagt Sarah. „Wenn ein Kind mit Existenzängsten
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aufwächst, dann wird es kein glückliches Kind – und auch kein erfolgreiches.“
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Zuschüsse für Klassenfahrten oder Mitgliedsbeiträge im Sportverein, genau das soll das
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sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket für einkommensschwache Familien fördern.
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Ein aktueller Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zeigt aber: Das Geld kommt bei
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vielen nicht an. Weniger als 15 Prozent der bedürftigen Schüler*innen unter 15 Jahren
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profitierten davon. Viele Anträge würden nicht bewilligt, die Verfahren für eben diese
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Anträge werden schon seit Langem als zu kompliziert kritisiert. [...]
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Sarah hat sich für ein Studium der Politikwissenschaften und Philosophie entschieden, weil
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sie die Verhältnisse, in denen wir leben, verändern will. Verhältnisse, in denen sie die
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Ausnahme ist.
Nina Monecke, „Sarah ist mit Hartz IV aufgewachsen und wird nun als Erste in ihrer Familie studieren“, in: ze.tt, 12. Oktober 2019
https://ze.tt/sarah-ist-mit-hartz-iv-aufgewachsen-und-wird-nun-als-erste-in-ihrer-familie- studieren/ (Zugriff: 18.05.2020)

Anmerkung: Die Sprachrichtigkeit betreffende Fehler im Originaltext wurden berichtigt.

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