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Task B

4.
Inspired by the Black Lives Matter movement, your former British exchange student has joined an international network that wants to raise awareness of racism in the world of work. She/He is interested in the situation in Germany. You have found the interview with Nursemin Sönmez.
Write an email to your friend outlining what Ms Sönmez says about racial discrimination and what German companies can do to deal with it.
(Mediation) (18 Punkte)

Stella Männer
Rassismus am Arbeitsplatz: „Kaum jemand sagt: Wir haben ein Rassismus-Problem“

Nursemin Sönmez berät als Diversity- und Anti-Rassismus-Trainerin Unternehmen und Kultureinrichtungen. In den Wochen vor dem Interview waren mehrere rassistische Vorfälle in deutschen Großunternehmen bekannt geworden.
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ZEIT ONLINE: Was sagt das über eine Unternehmenskultur aus, wenn solche Vorfälle [...] oder auch subtilere
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Formen der Diskriminierung passieren?
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Sönmez: Ich glaube, es sagt mehr darüber aus, in welchem gesellschaftlichen Klima sich
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das Unternehmen befindet. Sprüche wie „Das darf man doch mal sagen dürfen“ oder „Nimm
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das doch nicht so ernst“ sind in Deutschland immer noch verbreitet. Aber natürlich sagt es auch etwas
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aus, welche Leitbilder und Werte in diesem Unternehmen vermittelt werden.
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Und welches Betriebsklima gefördert und auf der Führungsebene vorgelebt wird.
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ZEIT ONLINE: Sie geben als Diversity- und Anti-Rassismus-Trainerin Workshops und
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Beratungen in Unternehmen und Kultureinrichtungen, wann werden Sie gerufen?
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Sönmez: [...] [Z]um Beispiel, wenn Organisationen merken, dass sie bestimmte Zielgruppen
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nicht erreichen. Wenn Menschen, denen ein anderer kultureller Hintergrund zugeschrieben
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wird, nicht im eigenen Personal vorkommen. Hier spielt auch der gesellschaftliche und politische
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Druck auf Unternehmen eine Rolle. Manchmal hat es aber auch ökonomische Gründe.
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Bestimmte Projekt- oder Fördertöpfe könnten leichter angezapft werden, wenn die Belegschaft
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eine gewisse Vielfalt und Internationalität präsentieren kann. Wenn es Vorfälle mit Klienten gibt,
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kommen Unternehmen besonders schnell.
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ZEIT ONLINE: Sie bekommen keine Anrufe, weil Mitarbeiter andere diskriminiert haben?
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Sönmez: Es ruft kaum jemand bei mir an und sagt: Wir haben in unserem Unternehmen ein
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Rassismus-Problem. Viele wollen ein allgemeines Diversity-Training. Meistens stellen sich
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die Probleme erst während des Workshops heraus. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
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ins Gespräch kommen, merken und benennen vor allem sensible und erfahrene Mitarbeiter
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oder Mitarbeiterinnen: Wir haben hier ein Problem mit Rassismus.
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ZEIT ONLINE: Die meisten Menschen würden wahrscheinlich von sich behaupten, nicht
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rassistisch zu sein. Wie schaffen Sie es, dass solche Probleme von den Mitarbeitern selbst
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angesprochen werden?
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Sönmez: Es gibt viele Übungen, mit denen man die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für
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das Thema Diskriminierung sensibilisiert. Eine heißt zum Beispiel Identitätsmolekül. Da
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reflektieren wir, welche Identitäten jeder einzelne hat und welche Relevanz diese verschiedenen
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Identitäten in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten und Machtverhältnissen haben.
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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erkennen von sich ausgehend, dass eine Person
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mehr ist als nur das Mitglied einer bestimmten Gruppe oder Community. In anderen Übungen
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geht es darum, zur Reflexion anzuregen: Mit welchen Stereotypen und Vorurteilen bin ich
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selbst behaftet? Und wie prägen diese mein Handeln im Arbeitsleben?
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ZEIT ONLINE: Kommt es vor, dass sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer Ihrer Workshops
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angegriffen fühlen, wenn ihr Verhalten kritisiert wird?
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Sönmez: Wenn es in weißen Organisationen um die Personalauswahl geht, ist es Standard,
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dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angegriffen fühlen und argumentieren, dass
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es ein Zufall sei, dass ihr Team weiß ist. Sätze wie „Die bewerben sich ja nicht“ oder „Die
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haben ja nicht die gleichen Kompetenzen“ fallen oft.
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ZEIT ONLINE: Gibt es bestimmte Branchen, in denen Rassismus am Arbeitsplatz weiter
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verbreitet ist als in anderen?
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Sönmez: Nein. Die Form, wie rassistische Diskriminierung auftritt, ist unterschiedlich, aber
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nicht, dass sie auftritt. Rassistische Denkmuster sind in der bürgerlichen Mitte vorhanden,
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die Arbeitswelt bleibt deshalb nicht davon verschont. Aufgrund von Hierarchien und Abhängigkeiten
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tritt Diskriminierung hier noch verstärkter auf.
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ZEIT ONLINE: Was sollten Führungskräfte tun, wenn es zu einem rassistischen Vorfall
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im Betrieb kommt?
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Sönmez: Wichtig ist, die rechtlichen Konsequenzen, die es gibt, auch zu nutzen. Das Allgemeine
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meine Gleichbehandlungsgesetz verpflichtet Arbeitgeberinnen dazu, ihre Mitarbeiter vor
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Diskriminierung zu schützen. Deshalb sollten sie prüfen, ob Sanktionsmöglichkeiten wie eine
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Abmahnung oder eine Kündigung angemessen sind. Außerdem sollten sie sich klar zu
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Anti-Rassismus bekennen und kommunizieren: Rassismus hat bei uns keinen Platz. Das Wort
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Rassismus sollte dabei in den Mund genommen und benannt werden. Wichtig ist
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auch, den Vorfall nicht als Einzelfall abzutun. Insbesondere die Leitungsebene sollte sich
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fragen, warum es zu diesem Vorfall kommen konnte und warum keiner eingeschritten ist.
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Braucht das Team vielleicht einen Workshop oder eine professionelle Begleitung? Parallel
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sollte man die von Rassismus betroffene Person unterstützen.
Stella Männer, „Rassismus am Arbeitsplatz: ‚Kaum jemand sagt: Wir haben ein Rassismus-Problem‘“, in: ZEIT ONLINE, 14. August 2019
https://www.zeit.de/arbeit/2019-08/rassismus-arbeitsplatz-diskriminierung-vorgesetzte- fuehrungskraefte/komplettansicht#people-of-colour-4-tab (Zugriff: 17.10.2020)

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