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HT 3

Vergleichende Gedichtsanalyse

Thema:
Joseph von Eichendorff: Der verspätete Wanderer
Günter Kunert: Straßen
Aufgabenstellung:
  • Analysiere Joseph von Eichendorffs Gedicht Der verspätete Wanderer unter besonderer Berücksichtigung der Bildlichkeit.
  • (36 Punkte)
  • Analysiere Günter Kunerts Gedicht Straßen und vergleiche es mit Eichendorffs Gedicht. Berücksichtige dabei insbesondere das Motiv des Unterwegsseins und die unterschiedliche Entstehungszeit der beiden Gedichte.
  • (36 Punkte)
Material 1
Der verspätete Wanderer
Joseph von Eichendorff
1
Wo aber werd ich sein im künftgen Lenze?
2
So frug ich sonst wohl, wenn beim Hüteschwingen
3
Ins Tal wir ließen unser Lied erklingen,
4
Denn jeder Wipfel bot mir frische Kränze .
5
Ich wußte nur, daß rings der Frühling glänze,
6
Daß nach dem Meer die Ströme leuchtend gingen,
7
Vom fernen Wunderland die Vögel singen,
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Da hatt das Morgenrot noch keine Grenze.
9
Jetzt aber wirds schon Abend, alle Lieben
10
Sind wandermüde längst zurückgeblieben,
11
Die Nachtluft rauscht durch meine welken Kränze,
12
Und heimwärts rufen mich die Abendglocken,
13
Und in der Einsamkeit frag ich erschrocken:
14
Wo werde ich wohl sein im künftgen Lenze?

Anmerkungen zum Autor:
Eichendorff lebte von 1788 – 1857. Die Erstveröffentlichung des Gedichts war 1859.
Aus: Ders.: Werke in einem Band. Hrsg. von Wolfdietrich Rasch. 3. Auflage. München/Wien:
Hanser 1984 (Lizenzausgabe für die WBG Darmstadt), S. 444.
Material 2
Straßen
Günter Kunert
1
Straßen: begehbar, gesperrte, verschlammte, zu viele,
2
ansteigend, abfallend, grade und krumme zum Ziele,
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gepflastert und steinig, nicht endend, so scheint es;
4
bis man da anlangt, ist man schon Aas und beweintes,
5
hat einen Platz an der Straße erhalten, doch unter
6
dem Boden. Drüber und weiter und unaufhaltsam und munter
7
gehen und laufen, marschieren, die leben, die blicken
8
nicht rechts, links und rückwärts, spüren die Tücken
9
der Straßen erst später, selber schon müde vom Laufen
10
harren des Zieles noch, und ohne Verschnaufen
11
tappen sie weiter, stürzen wo nieder und fragen vergebens
12
den leeren Himmel: Ob denn das Leben der Sinn allen Lebens.

Anmerkungen zum Autor:
Kunert lebte von 1929 bis 2019, bis 1979 in der DDR, danach in der Bundesrepublik.
Das Gedicht aus der erstmals im Jahr 1970 erschienenen Sammlung Warnung vor Spiegeln
entstand zwischen 1965 und 1969 in der DDR.
Aus: Ders.: Warnung vor Spiegeln. Gedichte. München: Lyrik- edition 2000, S. 52.

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