Thema 2
Erörterung eines Sachtextes
Thema: Anja Haufe: Pro und Kontra Tierhaltung im Zoo (2015) Aufgabenstellung: Erörtere das Problem der Sinnhaftigkeit von Zoos und Tierparks.- Stelle dazu den gedanklichen Aufbau sowie die Kernaussagen des Textes dar.
- Setze dich argumentativ mit den ausgewählten Positionen auseinander.
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Rund 850 Zoos verteilen sich auf die 16 Bundesländer, und dazu zählen neben klassischen
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Zoologischen Gärten auch Aquarien, Vogelparks, Wildgehege und Reptilienhäuser. Von klein
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an sind die meisten Einwohner Deutschlands an Zoobesuche mit der Familie oder der Schule
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gewöhnt. Wir kennen wilde Tiere wie Löwen, Elefanten und Affen nur in ihren Gehegen. Inzwi-
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schen bemühen sich die meisten Zoos, Tiere „artgerecht“ unterzubringen, wie es heißt. Aber
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klappt das? Sind die Tiere nicht trotzdem eingesperrt und wären in Freiheit besser dran?
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Der Ausdruck „artgerechte Tierhaltung“ zeigt, dass sich beim Thema Tierschutz schon viel
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getan hat. Zoobetreiber bemühen sich, Tiere in möglichst natürlicher Umgebung mit viel Platz
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unterzubringen. Besucher wollen im Zoo kein schlechtes Gewissen wegen apathischer Tiere,
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sie wollen glückliche Tiere sehen. Je größer ein Tier ist, desto mehr leidet es unter der Enge.
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Besonders für Bären und Wildkatzen, die viel Bewegung brauchen, können Gehege nicht groß
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genug sein. Inzwischen gibt es in vielen Gehegen auch Bereiche, die der Besucher nicht sehen
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kann. Tiere können sich also zurückziehen, ein Fortschritt. Gegner kritisieren allerdings, dass
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eingesperrt trotzdem eingesperrt bedeutet – dass die Zäune inzwischen Wassergräben gewi-
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chen sind, ändere daran nicht viel.
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Der Zoologe Rainer Willmann von der Universität Göttingen hält die Wildtierhaltung in Zoos
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trotz einiger Defizite für grundsätzlich vertretbar. „Die europäischen Zoos versuchen, den An-
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sprüchen der Wildtiere sehr gerecht zu werden“, sagte Willmann im Interview mit NDR.de.
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Zum Beispiel würde weniger Arten mehr Platz eingeräumt. Die freie Wildbahn könnten Zoos
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aber dennoch nie ersetzen. Bei Themenwelten wie in Hannover sei wichtig, dass sie auch den
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Tieren etwas aus ihrem natürlichen Lebensraum bieten. Für manche Arten sei der Zoo sogar
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das letzte Refugium. Als Beispiel nannte Willmann den aus Südamerika stammenden Spix-
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Ara, der in freier Wildbahn ausgestorben ist.
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Vor jedem Zoo-Gehege sind auf kleinen Tafeln Landkarten aufgemalt, die zeigen, woher die
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Tiere ursprünglich stammen. Die wenigsten kommen aus Deutschland oder Europa. Viele
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Tiere, die im Zoo leben, müssen sich in einem Klima zurechtfinden, das nicht zu ihnen passt.
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Wie sehr Tiere darunter leiden, obwohl sie teilweise auch in europäischen Zoos geboren sind,
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lässt sich schwer einschätzen.
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Lebenden Tieren sollte es besser gehen als toten, und Zoos sorgen mit Zuchterfolgen auch
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für Arterhaltung, argumentieren die Befürworter. Bedrohte Arten werden im Schutz der Zoos
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gezüchtet und Tiere müssen sich nicht mit natürlichen Gegnern herumschlagen. Unnatürlich,
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sagen die Gegner. Zoos vermitteln den Besuchern ein falsches Bild von der Realität. Und
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überhaupt, das Argument, Zoos würden zur Bildung beitragen: Die meisten Menschen würden
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sich ganz wenige Fakten zu den Tieren merken, so die Kontra-Seite.
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Andererseits dienen Zoos dazu, Tiere zu erleben und dadurch einen anderen Bezug zu ihnen
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zu bekommen als aus Filmen. Eisbären gelten als Botschafter des Klimaschutzes, am Beispiel
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von Pinguinen und Delfinen können Tierpfleger den Besuchern die Bedeutung von sauberem
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Meerwasser erklären. Somit kann Tierschutz für immer mehr Menschen in Deutschland ein
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Thema werden.
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Nichtsdestotrotz sind Zoos Wirtschaftsunternehmen und müssen profitabel sein. In Paragraph
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42 des Bundesnaturschutzgesetzes heißt es: „Zoos sind dauerhafte Einrichtungen, in denen
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lebende Tiere wild lebender Arten zwecks Zurschaustellung während eines Zeitraumes von
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mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden.“ Der Zweck eines Zoos ist nicht in erster
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Linie Tierschutz, sondern die Unterhaltung von Menschen. Auch hier gibt es ein Andererseits:
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Immer mehr Zoos unterstützen mit ihren Einnahmen Naturschutzprojekte und lenken mehr
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und mehr Aufmerksamkeit auf Tiere und ihr Leben.
Anmerkungen zur Autorin:
Anja Haufe ist freiberufliche Nachrichtenredakteurin und -sprecherin. Aus: Zoos und Tierparks in Norddeutschland (letzter Zugriff am 20.08.2020).
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Lies dir den Text zunächst aufmerksam durch und markiere Satzteile oder Wörter, die dir auffallen. Auch hilft es, wenn du dir stichwortartig Notizen zum Thema des Textes machst.Einleitung
- Zoo- und Tierparkbesuche stellen nach wie vor für jedes Alter eine unterhaltsame und familienfreundliche Freizeitmöglichkeit dar. Für viele Menschen sind es Plätze, an dem man Zeit im Freien verbringen, Tiere beobachten und neue Dinge entdecken kann. Doch wie sieht es eigentlich mit der Tierhaltung und dem Artenschutz in Zoos und Tierparks aus? Welchen Sinn haben sie heutzutage überhaupt noch?
- Der vorliegende Zeitungsartikel mit dem Titel Pro und Kontra Tierhaltung im Zoo, geschrieben von Anja Haufe und veröffentlicht 2015, thematisiert die Rolle von Zoos in Deutschland und beleuchtet die Kontroversen, die mit der Haltung und dem Schutz von Tieren in diesen Einrichtungen verbunden sind.
- Die Autorin diskutiert verschiedene Argumente, die sowohl für als auch gegen die Einrichtung Zoo sprechen. Der Text reflektiert dahingehend auch die Rolle von Zoos als Institutionen, die einerseits zur Unterhaltung und Bildung der Menschen dienen, andererseits aber auch Fragen zum Tierschutz und Naturschutz aufwerfen.
Hauptteil
Kernaussagen des Textes- Im ersten Abschnitt des Textes wird die Verbreitung von Zoos in Deutschland vorgestellt und es wird die allgemeine Gewohnheit der Bevölkerung, Zoos zu besuchen (Vgl. Z. 1-4), betont. Die Autorin wirft die Frage auf, ob die Tiere in Zoos „‚artgerecht‘“ (Z. 5) untergebracht sind oder ob sie in freier Wildbahn besser dran wären (Vgl. Z. 6). Mit ihrem Faktenargument in der ersten Zeile möchte sie betonen, dass Zoos in Deutschland weit verbreitet sind und verschiedene Arten von Einrichtungen umfassen, nicht nur klassische zoologische Gärten.
- Im zweiten Abschnitt wird darauf hingewiesen, dass Zoos bestrebt sind, „Tiere in möglichst natürlicher Umgebung mit viel Platz unterzubringen“ (Z. 8 f.). Es wird darauf hingewiesen, dass größere Tiere unter der Enge besonders leiden und es wird erwähnt, dass es mittlerweile Rückzugsmöglichkeiten für Tiere gibt, die den Besuchern nicht zugänglich sind (Vgl. Z. 10 ff.).
- Daraufhin zitiert die Autorin den Zoologen Rainer Willmann, der argumentiert, dass die Praxis der Tierhaltung in Zoos im Grundsatz vertretbar ist, auch wenn sie nicht frei von Defiziten sei (Vgl. Z. 16 f.). Es wird betont, dass Zoos die Anforderungen der Tiere berücksichtigen und ihnen Platz einräumen, obwohl sie die freie Wildbahn nie ersetzen können (vgl. Z. 19 f.). Ferner wird auch erwähnt, dass Zoos für einige Arten die letzte Überlebensmöglichkeit sein können, wie im Fall des sogenannten Spix-Aras (Vgl. Z. 22 ff.).
- Durch das Einbeziehen von Zitaten verschiedener Personen mit unterschiedlichen Standpunkten kann die Autorin eine Vielfalt von Perspektiven präsentieren. Außerdem lockert sie ihren Text dadurch sprachlich auf und weckt das Interesse ihrer Leserschaft.
- Folgend wird darauf hingewiesen, dass viele Tiere in Zoos aus anderen Teilen der Welt stammen und sich an ein Klima anpassen müssen, welches nicht ihrem natürlichen Lebensraum entspricht (Vgl. Z. 24-26). Es wird die Frage gestellt, wie sehr Tiere unter einem Leben im Zoo leiden, auch wenn sie in Zoos geboren sind (Vgl. Z. 27 f.).
- Im nächsten Abschnitt werden die Argumente der Befürworter von Zoos vorgestellt, darunter die Arterhaltung durch Zuchtprogramme und der Schutz vor natürlichen Feinden (Vgl. Z. 29-31). Die Gegner argumentieren, dass Zoos ein falsches Bild von der Realität vermitteln und nur sehr wenig Wissen bei den Besuchern tatsächlich hängen bliebe (Vgl. Z. 31-24).
- Zudem weist Anja haufe darauf hin, dass Zoos dazu dienen können, Tiere hautnah zu erleben und einen anderen Zugang zu ihnen zu bekommen als in Filmen. Zoos besitzen die Möglichkeit, z. B. über Themen wie den Umweltschutz aufzuklären (Vgl. Z. 36 ff.).
- Abschließend hält die Autorin fest, dass Zoos letztendlich „Wirtschaftsunternehmen“ (Z. 40) sind und dementsprechend lukrativ sein müssen (Vgl. Z. 40). Haufe verwendet einen Paragrafen des Bundesnaturschutzgesetzes, um auf die rechtlichen Rahmenbedingungen für Zoos in Deutschland hinzuweisen und zu betonen, dass Zoos in erster Linie Unterhaltungseinrichtungen sind, die lebende Tiere zur Schau stellen dürfen (Vgl. Z. 40-43). Auf der anderen Seite gibt es einen zunehmenden Trend, dass Zoos einen Teil ihrer Einnahmen für Naturschutzprojekte einsetzen und dadurch mehr Aufmerksamkeit auf die Tiere und ihre Lebensbedingungen lenken (Vgl. Z. 44-46).
- Natürliches Verhalten und artgerechte Lebensräume spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um das Wohlbefinden von Tieren geht. Trotz der Verbesserung der artgerechten Haltung durch größere, „möglichst natürliche Umgebung“ (Z. 8) und weitläufige Gehege leben die Tiere weiterhin in Gefangenschaft (V. 13-15). Sie werden ihrer natürlichen Umgebung entrissen, leben damit auch nicht unter den klimatischen Bedingungen, unter denen sie in der freien Wildnis leben würden (Vgl. Z. 26) oder lernen Verhaltensweisen, die sie in ihrem natürlichen Habitat dringend benötigen würden. Außerdem entwickeln viele Tiere, die in Gefangenschaft leben, gestörte Verhaltensweisen. Ein Beispiel hierfür sind Orcas in Gefangenschaft, die in kleinen Becken gehalten werden und häufig Anzeichen von Stress zeigen.
- Viele weitere Tierarten wie Giraffen, Bären oder Eisbären können bspw. niemals ausgewildert werden, wenn sie in Gefangenschaft in Zoos gelebt haben oder aufgewachsen sind. Wildtiere haben sehr hohe Ansprüche an ihren Lebensraum, denen Zoos nicht gerecht werden können, auch wenn sie es versuchen (Vgl. Z. 17 f.). Zum Beispiel erstreckt sich das Territorium eines Tigers in der Wildnis über mehrere hundert Quadratkilometer, während Elefanten täglich durchschnittlich 25 Kilometer wandern. Kein Zoo kann diesen natürlichen Bedürfnissen auch nur annähernd gerecht werden (Vgl. Z. 19 f.).
- Zoos vermitteln Groß und Klein Informationen und Wissen auch über den Tierschutz (Vgl. Z. 35-39). Inwiefern jedoch Zoobesucher ihr erworbenes Wissen über Artenschutz tatsächlich in die Tat umsetzen, ist fraglich. Viele Besucher interessieren sich mehr für das Aussehen und die Namen der Tiere als für tiefergehendes Wissen. Kritiker sagen außerdem, dass Zoos und Tierparks einen möglichen Bildungsauftrag nur zum Teil erfüllen, da sie ein verfälschtes Bild des Lebens von Tieren in der Natur (Vgl. Z. 31 f.) vermitteln.
- Einerseits können Zoos als sichere Zufluchtsorte dienen, um Tiere vor Wilderei, illegalem Handel und Lebensraumzerstörung zu schützen. Durch den Schutz und die Pflege gefährdeter Arten können sie dazu beitragen, dass diese Arten in freier Wildbahn überleben (Vgl. Z. 20-31). Einige Zoos sorgen für die Arterhaltung bestimmter bedrohter Tierarten, unterstützen mit ihren Einnahmen Tierschutzvereine und damit auch aktiv die Arterhaltung von Tieren (Vgl. Z. 45 f.).
- Andererseits argumentieren einige Kritiker jedoch, dass Zoos mit diesen Tierschutzmaßnahmen nur von ihrem eigentlichen unternehmerischen Profit ablenken und sich damit in ein besseres Licht rücken wollen. Zoos wohnen weiterhin die hauptsächliche Funktion der Unterhaltung inne, sie sind Wirtschaftsfaktor (Vgl. Z. 40-44), kurbeln den städtischen Tourismus an und können ohne finanzielle Ressourcen nicht bestehen. Statt die Ursachen für den Rückgang von Tierpopulationen und ihrem Lebensraum anzugehen, konzentrieren sich Menschen auf die Bewahrung von Tieren in Gefangenschaft, was die zugrunde liegenden Probleme nicht löst. Zum Beispiel könnten Gelder, die für die Unterhaltung eines Zoos ausgegeben werden, möglicherweise effektiver zur Erhaltung natürlicher Lebensräume verwendet werden. Außerdem bezieht sich Artenschutz immer auf den Schutz von Tieren in ihrer natürlichen Umgebung, was im Fall von Zoos offensichtlich nicht oder nur zum Teil gegeben ist.
- Und selbst wenn man dem Argument, dass Zuchtprogramme in Zoos dazu beitragen, den Bestand bedrohter Arten zu erhöhen, zustimmen würde, muss man bedenken, dass diese Populationen genetisch verarmt sind. Durch die begrenzte Anzahl von Tieren, die sich in Gefangenschaft befinden, kann die genetische Vielfalt abnehmen. Das hat wiederum dramatische Folgen für die genetische Gesundheit der Tiere und die Überlebensfähigkeit ihrer ganzen Art.
Schluss
- Insgesamt gibt es also sowohl positive als auch negative Aspekte von Zoos und ihrer Tierhaltung. Während sie dazu beitragen können, das Bewusstsein für den Schutz der Tierwelt zu stärken und einen Beitrag zur Erhaltung gefährdeter Arten zu leisten, müssen ethische Bedenken und potenzielle Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere berücksichtigt werden.
- Es ist wichtig, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der den Schutz der Tiere in Gefangenschaft und den Schutz ihrer natürlichen Lebensräume berücksichtigt.
- Alternativ zu Zoobesuchen können jedoch auch Dokumentationen, die Erkundung der heimischen Natur oder ein Besuch im Naturkundemuseum dazu beitragen, ein realistischeres Bild von Tieren und ihrer natürlichen Umgebung sowie Wissen über die Tierwelt zu vermitteln.