Thema 2
Erörterung eines Sachtextes
Thema: Maja Brankovic (* 1988): Das wär’s (2018) Aufgabenstellung:- Arbeite dazu ausgewählte Kernaussagen des Kommentars „Das wär’s“ von Maja Brankovic heraus.
- Setze dich, davon ausgehend, mit Konsequenzen aktueller Ernährungstrends auseinander und beurteile diese.
1
Wenn es so etwas wie die perfekte Ernährung wirklich gibt, dann
2
setzen Biohacker alles daran, um ihr auf die Spur zu kommen. Wie
3
reagiert mein Körper auf Karotten, Hirsetaler oder Speck? Welche
4
Nahrung tut mir gut und welche lasse ich lieber weg? Eine haargenau
5
auf den eigenen Körper abgestimmte Diät ist für sie der Schlüssel, die
6
bestmögliche Version ihrer selbst zu werden.
7
Dem Biohacking liegt der Wunsch zugrunde, den eigenen Körper so
8
weit wie möglich zu durchdringen – also die eigene Biologie zu
9
„hacken“. Die größten Fans findet man im Silicon Valley, etliche
10
CEOs schwören darauf, der Nachwuchs in den Start-ups sowieso. Um
11
die richtige Ernährung zu entdecken, betreiben seine Anhänger
12
pausenlose Selbstvermessung, registrieren ihre Körperwerte,
13
kontrollieren ihren Schlaf, testen alle möglichen Nahrungsmittel in allen
14
erdenklichen Kombinationen, experimentieren mit Eisbädern und
15
systematischem Nahrungsverzicht. Richtig interpretiert, sollen die
16
gesammelten Daten zum optimalen Ernährungsplan führen. Sie
17
sagen, der Aufwand lohne sich: Man werde dadurch willensstärker,
18
ausdauernder, klüger und könne sich besser und länger konzentrieren.
19
Gourmets werden in diesem Lifestyle keine Erfüllung finden. Gegessen
20
wird nur, was leistungsfähig macht. Ein Biohacker um die dreißig
21
erzählt in seinem Blog, bei ihm gebe es jeden Morgen Kaffee mit
22
Weidebutter (bringe Energie für den Tag) und danach sechs kleine
23
Mahlzeiten, über den Tag verteilt. Die Gerichte sollten möglichst viele
24
verschiedene Zutaten enthalten (ständig nur Soja mache auf Dauer
25
Sodbrennen) und jeweils zwischen 300 und 350 Gramm schwer sein
26
(mache satt, aber nicht voll). Fettes Fleisch? Alkohol? Strengstens
27
tabu.
28
Wohin das Ganze führen soll, fragt sich der Kleingeist, der sich ein
29
Leben ohne Schnitzel, Rotwein und Zigaretten irgendwie nicht
30
vorstellen kann. Wenn alles nur noch zweckgerichtet ist, wo bleibt dann
31
der Spaß? Der Zufall? Die Lust? Zu Ende gedacht, wäre in einer
32
perfekten Welt, wie sie sich die Biohacker vorstellen, nichts mehr dem
33
Zufall überlassen. […]
Aus: Brankovic, Maja: Das wär’s. In: Frankfurter Allgemeine Woche. Nr. 12, 2018, S. 66. Maja Brankovic ist Journalistin bei der überregionalen Tageszeitung „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Weiter lernen mit SchulLV-PLUS!
monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?Vorarbeit
Lies dir den Text zunächst aufmerksam durch und markiere Satzteile oder Wörter, die dir auffallen. Auch hilft es, wenn du dir stichwortartig Notizen zum Thema des Textes machst.Einleitung
- Der Zeitungsartikel mit dem Titel Das wär’s wurde von der Autorin Maria Brankovic im Jahr 2018 in der Frankfurter Allgemeine Woche veröffentlicht.
- In unserer heutigen Welt, die immer mehr Auseinandersetzung und Aufklärung zum Thema gesunder Ernährung, Selbstoptimierung des eigenen Körpers und klimafreundliche Lebensmitteln verlangt, spielen Ernährungstrends eine bedeutende Rolle. Auf einen dieser Ernährungstrends nimmt die Autorin in ihrem Artikel Bezug.
- Brankovic thematisiert die Idee des sogenannten Biohackings als einen Ernährungstrend. Sie zeigt anschaulich die Anwendung dieses Phänomens mithilfe praktischer Beispiele auf, weist jedoch ebenfalls auf seine möglichen Nachteile hin.
Hauptteil
Kernaussagen des Textes- Zunächst führt die Autorin eine annähernde Definition des Begriffs „Biohacking“ (Z. 7) an. Das sogenannte „Biohacking“ (Z. 7) geht dem Wunsch der individuellen Selbstoptimierung durch eine passgenaue, auf die jeweilige Person zugeschnittene Diät nach. Es geht darum, den eigenen Körper zu verstehen und ihn „so weit wie möglich zu durchdringen – also die eigene Biologie zu ‚hacken‘.“ (Z. 7ff.)
- Um einen „optimalen Ernährungsplan“ (Z. 16) herstellen zu können und infolgedessen die eigene Selbstoptimierung zu erreichen, gilt es, einige Strategien zu befolgen. Dazu gehören unter anderem eine „pausenlose Selbstvermessung“ (Z. 12), Schlafkontrollen, Nahrungsmitteltests (vgl. Z. 13) und ein „systematische[r] Nahrungsverzicht“ (Z. 15).
- Durch eine erfolgreiche Befolgung dieser Strategien wird man laut deren zahlreichen Anhängern „willensstärker, ausdauernder, klüger und könne sich besser und länger konzentrieren.“ (Z. 17f.)
- Jedoch stellt Brankovic die Vermutung in den Raum, dass Feinschmecker diesen Ernährungstrend wohl ablehnen würden (vgl. Z. 19).
- Daraufhin führt sie einen exemplarischen Ernährungsplan eines Biohackers an (vgl. Z. 20-27). Der Leser erhält einen guten Einblick in einen strikten und durchgetakteten Ernährungsplan. Der Biohacker überlässt in Hinsicht auf seine Ernährung nichts dem Zufall.
- Im letzten Abschnitt kritisiert die Autorin den Ernährungstrend des Biohackings. Als Argument führt sie an, dass in einer „perfekten Welt, wie sie sich die Biohacker vorstellen“, nichts mehr dem Zufall überlassen wird. Der „Spaß“ (Z. 31), die „Lust“ (Z. 31) an Ernährung ginge dabei laut Brankovic verloren und wird in der Konsequenz von uns Menschen abgewertet.
- Sie fördern einen achtsamen und reflektierten Umgang mit Ernährung und Lebensmitteln. Da der Ernährungsplan immer individuell zum persönlichen Leben passen sollte, ist nicht jeder Ernährungstrend für jede Person gleich geeignet.
- Ernährungstrends schaffen demnach jedoch auch ein Bewusstsein für gesunde Ernährung, sein eigenes Körpergefühl und eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Gesundheit und Nährstoffzufuhr.
- Erweiterung des persönlichen Horizonts in Bezug auf Ernährungsformen; man lernt aktuelle Trends wie Vegetarismus, Veganismus, Null-Diät oder Bio-Kost kennen
- sorgen für einen sozialen und aktuellen Austausch untereinander über die Themen Ernährung und Ernährungstrends
- Aspekte wie Tierwohl, Nachhaltigkeit und Klimaneutralität in Bezug auf Ernährung und Lebensmittel werden näher beleuchtet und regen zu aktuellen Diskussionen an; verstärken das Bedürfnis, den ethischen Ansprüchen der Welt gerecht zu werden
- Reflexion von Idealen z. B. auf Social Media, aber auch Inspiration und Anregung durch Vorbilder
- Darüber hinaus können Ernährungstrends jedoch zusätzlich negative Konsequenzen nach sich ziehen. Als typisches Beispiel gilt Social Media. Die auf unterschiedlichen Plattformen dargestellte Scheinwelt mit ihrer augenscheinlich perfekten Ernährung und unhinterfragt übernommenen Diäten lässt einen schnell unter Druck setzen. Der eigentliche Genuss von Lebensmitteln und die „Lust“ (Z. 31) am Essen rücken dabei oft in den Hintergrund, wie auch schon Brankovic in ihrem Text andeutet (vgl. Z. 30ff.).
- Ernährungstrends können den sozialen Druck insbesondere verstärken und ihn überhaupt erst entstehen lassen, wenn sie auf provozierende Weise propagiert werden. Als Beispiel dafür lässt sich die sich selbst ernannte „militante Veganerin“ anführen. Auf Instagram ist sie für ihre extremen Meinungen über Veganismus sehr bekannt. Beispiele wie diese zeigen, dass Ernährungstrends in extremen Fällen auch zu sozialer Ausgrenzung führen können, wenn man ihnen nicht folgt.
Schluss
- Es geht darum, den eigenen Körper besser kennenzulernen, zu verstehen und ihn in einem zweiten Schritt mittels gezielter Strategien zu optimieren. Dazu gehört die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Konzentration und Motivation sowie des eigenen Wohlbefindens und Selbstvertrauens.
- Im Vordergrund des Biohackings steht dabei eine personalisierte, individuell auf den Menschen zugeschnittene Ernährung. Auf den ersten Blick scheint dieser Gedanke äußerst sinnvoll zu sein. Die Frage, die sich jedoch auch Brankovic stellt, ist, ob uns diese ausschließlich zweckgerichtete Ernährung auf eine Optimierung von Leistungsfähigkeit, Konzentration etc. nicht auch in gewisser Weise einschränkt und unseren Genuss abwertet. Ein unreflektiertes Nacheifern von Ernährungstrends scheint daher wenig sinnvoll zu sein.
- In dieser Hinsicht ist es wichtig, ein gesundes Mittelmaß zu finden. Dazu könnten eine angemessene Gesundheitsförderung und Ernährungsbildung beitragen. Das Ziel sollte jedoch weniger sein, einer „perfekte[n] Ernährung“ (Z. 1) nachzueifern, sondern sich abwechslungsreich und ausgewogen zu ernähren.