HT 3 – Kunststoffe auf dem Bau
- Stelle den Weg von der Granulattrocknung bis zum verkaufsfertigen Kunststoffdübel in Form eines Fließschemas dar (M 3). Erläutere die Synthese von Ultramid® S3W Balance in Einzelschritten mithilfe von Strukturformeln und unter Angabe einer Reaktionsgleichung sowie des Reaktionstyps (M 2). Ordne Ultramid® S3W Balance unter Benennung der namensgebenden funktionellen Gruppe und Markierung dieser Gruppe in Abbildung 1 einer Kunststoffsorte zu (M 2).
(18 Punkte)
- Erläutere auch anhand der Molekülstruktur, dass Ultramid® S3W Balance die für das Spritzgussverfahren geeigneten Eigenschaften hat (M 2). Erläutere die Entstehung der produktionsbedingten Formteilfehler, auch unter Angabe einer Reaktionsgleichung (M 3). Zeige mithilfe zwischenmolekularer Wechselwirkungen die Abnahme der Sprödigkeit der Dübel durch Wässern (M 3).
(18 Punkte)
- Erkläre die geringe Wasserlöslichkeit von 10-Undecensäure anhand der Molekülstruktur (Abbildung 2). Begründe, dass eine elektrophile Addition von Bromwasserstoff an
-Doppelbindungen in unpolaren Lösemitteln grundsätzlich nicht möglich ist. Erläutere die in unpolaren Lösemitteln tatsächlich ablaufende Hydrobromierung von 10-Undecensäure zu 11-Bromundecansäure in Einzelschritten (M 4) und gib den Reaktionstyp an.
(20 Punkte) - Erläutere die unterschiedlichen Schmelztemperaturen von Ultramid® S3W Balance und Rilsan® sowie ihre möglicherweise unterschiedliche Wasseraufnahmefähigkeit (M 2, M 4). Begründe, dass Polymere aus trifunktionellen Monomeren für das Spritzgussverfahren nicht geeignet sind.
(10 Punkte)
Fachspezifische Vorgaben:
M 1: Funktionsweise von Kunststoffdübeln Während man Schrauben in weiche Werkstoffe wie z. B. Holz einfach hineindrehen kann, müssen in harten Werkstoffen wie z. B. Beton oder Stein dafür Löcher gebohrt werden. Damit eine Schraube hält, setzen Hand- und Heimwerker Kunststoffdübel in das Loch. Beim Eindrehen der Schraube spreizt sich der Dübel und sichert so die Schraube im Bohrloch. M 2: Dübel aus Ultramid® S3W Balance Ein Dübelhersteller bietet Kunststoffdübel aus mindestens
Abbildung 1: Strukturformel für ein Ultramid® S3W Balance-Molekül
Schmelztemperatur: ca.

Abbildung 2: Strukturformel für ein 10-Undecensäure-Molekül

Abbildung 3: Strukturformel für ein 11-Bromundecansäure-Molekül

Abbildung 4: Strukturformel für ein 11-Aminoundecansäure-Molekül
Zusatzinformationen:
Schmelztemperatur von Rilsan®: ca. |
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Formel für ein organisches Peroxid
(Radikalstarter) |
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1.
Weg vom Granulat zum verkaufsfertigen Kunststoffdübel
Synthese von Ultramid® S3W Balance
Die Synthese beginnt mit der Reaktion von Sebacinsäure (Decandisäure) und Hexamethylendiamin. Hierbei reagiert eine Carboxygruppe der Sebacinsäure mit einer Aminogruppe des Hexamethylendiamins. Dabei wird Wasser abgespalten und eine Amidbindung zwischen den Molekülen gebildet.
Die Reaktion wiederholt sich entlang der Kette. Weitere Carboxy- und Aminogruppen reagieren miteinander und bilden immer längere Polyamidketten (hier vereinfacht mit
dargestellt):
Bei der Reaktion handelt es sich um eine Polykondensation, bei der die Monomere durch Kondensationsreaktionen (Abspaltung von Wasser) zu einem Polymer verknüpft werden.
Kunststoffsorte und funktionelle Gruppe
Ultramid® S3W Balance gehört zur Gruppe der Polyamide, da die Hauptkette des Polymers durch Amidgruppen (-CONH-) verknüpft ist. Diese Amidgruppe ist die funktionelle Gruppe, die die typischen Eigenschaften von Polyamiden bestimmt, wie z.B. die hohe mechanische Festigkeit, thermische Stabilität und chemische Beständigkeit.



2.
Eigenschaften von Ultramid® S3W Balance für das Spritzgussverfahren
Ultramid® S3W Balance weist eine hohe Festigkeit, Wärmebeständigkeit und Formstabilität auf, was es ideal für das Spritzgussverfahren macht. Diese Eigenschaften sind der Polyamidstruktur und den starken intermolekularen Wechselwirkungen (z.B. Wasserstoffbrückenbindungen) zu verdanken. Beim Spritzgießen wird das Material erhitzt und verflüssigt, dann in eine Form gespritzt und abgekühlt. Die Wärmebeständigkeit sorgt dafür, dass das Material beim Abkühlen schnell und gleichmäßig erstarrt, ohne seine Form zu verlieren.
Formteilfehler und Sprödigkeit der Dübel
Wenn das Kunststoffgranulat vor dem Spritzgießen Restfeuchte enthält, kann es unter hohen Temperaturen zur Hydrolyse des Polymers kommen. Die Feuchtigkeit spaltet also die Amidbindungen der Polymerkette:
Abnahme der Sprödigkeit der Dübel durch Wässern
Die Abnahme der Sprödigkeit ist auf die Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen, zurückzuführen. Polyamide wie Ultramid® S3W Balance enthalten Amidgruppen, die stark polare Bindungen aufweisen:
Wenn der Kunststoffdübel nach der Herstellung Wasser aufnimmt (durch das Wässern), lagern sich die Wassermoleküle an die polaren Amidgruppen an und es entstehen Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Hydroxylgruppen des Wassers und den Amin- und Carbonylgruppen des Polyamids:
Diese Wasserstoffbrückenbindungen wirken wie „molekulare Klammern“, die die Polymerketten durch zusätzliche Bindungen zusammenhalten.


3.
Geringe Wasserlöslichkeit von 10-Undecensäure
Die geringe Wasserlöslichkeit von 10-Undecensäure ist auf ihre Molekülstruktur zurückzuführen: Die lange unpolare Alkylkette dominiert die Eigenschaften der Verbindung und überwiegt die polare Carboxylgruppe. Dadurch kann sich 10-Undecensäure kaum in Wasser lösen, da die unpolare Alkylkette die Wechselwirkung mit dem polaren Lösungsmittel Wasser verhindert.
Begründung zur Unmöglichkeit der elektrophilen Addition in unpolaren Lösemitteln
In unpolaren Lösemitteln findet die elektrophile Addition von Bromwasserstoff an eine Doppelbindung nicht statt, da für diesen Reaktionstyp die Bildung von Ionen erforderlich ist. Da unpolare Lösemittel die Bildung von Ionen nicht fördern, ist die elektrophile Addition nicht möglich. Stattdessen erfolgt eine radikalische Addition, die durch einen Radikalstarter initiiert wird und unabhängig von der Ionisation der Reagenzien verläuft.
Hydrobromierung zu 11-Bromundecansäure
Die Hydrobromierung von 10-Undecensäure zu 11-Bromundecansäure erfolgt in einem unpolaren Lösungsmittel nach dem Mechanismus einer radikalischen Addition.
Im ersten Schritt bewirkt ein Radikalstarter eine homolytische Spaltung des Bromwasserstoffs
. Dabei entstehen Bromradikale. Die Bildung dieser Radikale ist entscheidend für den Ablauf der radikalischen Reaktion.
Das Bromradikal greift nun die
-Doppelbindung der 10-Undecensäure an. Dabei wird ein Elektron der Doppelbindung mit dem Bromradikal geteilt, wodurch die Doppelbindung aufgebrochen und eine neue
-Bindung gebildet wird. Dieser Schritt führt zur Bildung eines Kohlenstoffradikals an der Position, an der die Doppelbindung zuvor bestand.
Das Kohlenstoffradikal reagiert mit einem weiteren Bromwasserstoff-Molekül. Dabei verbindet sich das Wasserstoffatom des
mit dem Kohlenstoffradikal und bildet eine
-Bindung, während ein neues Bromradikal freigesetzt wird.
Durch diese Schritte entsteht das Endprodukt 11-Bromundecansäure. Die Doppelbindung der 10-Undecensäure wurde durch die Addition eines Bromatoms und eines Wasserstoffatoms aufgelöst, wodurch eine gesättigte Verbindung gebildet wurde.
4.
Unterschiedliche Schmelztemperaturen und Wasseraufnahme von Ultramid® S3W Balance und Rilsan®
Die unterschiedlichen Schmelztemperaturen und die Wasseraufnahme von Ultramid® S3W Balance und Rilsan® lassen sich durch Unterschiede in ihrer Polymerstruktur erklären. Ultramid® S3W Balance enthält Polyamidketten, die durch Amidbindungen und Wasserstoffbrücken stark miteinander vernetzt sind. Diese Vernetzung führt zu einer hohen Schmelztemperatur und erhöht die Fähigkeit des Materials, Wasser aufzunehmen. Rilsan® hat eine andere Struktur und möglicherweise weniger stark vernetzte Ketten, was zu einer geringeren Schmelztemperatur und Wasseraufnahme führt.
Eignung trifunktioneller Monomere für das Spritzgussverfahren
Polymere aus trifunktionellen Monomeren sind für das Spritzgussverfahren weniger geeignet, da sie zu stark vernetzen und ein dreidimensionales Netzwerk bilden. Diese starke Vernetzung führt zu erhöhter Sprödigkeit und geringer Fließfähigkeit des Materials. Im Spritzgussverfahren ist jedoch eine ausreichende Fließfähigkeit erforderlich, um die Form präzise auszufüllen. Daher sind Polymere aus bifunktionellen Monomeren (wie Ultramid® S3W Balance) besser geeignet.