HT 3 – Carmoisin – Synthese und Einsatz als Lebensmittelfarbstoff
- Gib die Kennzeichen aromatischer Systeme an. Erläutere anhand der Molekülstrukturen das unterschiedliche Verhalten von Stoff A (Naphthalin) und Stoff B (1,2,3,4,5,8-Hexahydronaphthalin) gegenüber Brom. Erläutere den Ablauf der Reaktion von Stoff B und Brom in Einzelschritten.
(16 Punkte)
- Gib Reaktionsgleichungen und den Reaktionstyp für die Sulfonierung von 1-Naphthol und 1-Aminonaphthalin an. Erläutere die unterschiedliche Löslichkeit von 4-Hydroxynaphthalin-1-sulfonsäure in Natronlauge und in stark saurer Lösung. Erläutere unter Angabe des Reaktionstyps den Ablauf der Reaktion von 4-Hydroxynaphthalin-1-sulfonat-Ionen und Diazonium-Ionen zu Carmoisin-Molekülen
in Einzelschritten.
(24 Punkte) - Erkläre am Beispiel von Carmoisin unter Bezug auf Tabelle 1 und das angegebene Extinktionsmaximum den Zusammenhang zwischen Lichtabsorption und Farbigkeit. Begründe anhand der Molekülstruktur die Farbigkeit von Carmoisin. Beurteile anhand der Molekülstruktur und der Eigenschaften den Einsatz von Carmoisin in Limonade.
(20 Punkte)
Fachspezifische Vorgaben:
Carmoisin (E 122) ist ein synthetischer, in Europa zugelassener Lebensmittelfarbstoff. Das Extinktionsmaximum von Carmoisin liegt bei
Carmoisin (Natriumsalz)

Konzentrationsbestimmung
Seit 2010 müssen Lebensmittel, die Lebensmittelfarbstoffe der Farbstoffklasse enthalten, zu der auch Carmoisin gehört, mit dem Warnhinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“ versehen sein. Zur Überprüfung der Einhaltung der für die einzelnen Lebensmittel festgelegten Höchstmengen an Farbstoffen werden Konzentrationsbestimmungen durchgeführt. In Limonade, die als einzigen zugesetzten Farbstoff Carmoisin enthält, lässt sich die Konzentration des Farbstoffs gut fotometrisch ermitteln.

Abbildung 1: Synthese von Carmoisin aus Naphthalin-Derivaten
Zusatzinformationen:
Als ein Derivat (von lateinisch derivare ‚ableiten‘) wird in der Chemie ein Stoff ähnlicher Struktur bezeichnet. Derivate sind z.B. Stoffe, die an Stelle eines Wasserstoff-Atoms ein anderes Atom oder eine ganze Atomgruppe besitzen bzw. bei denen ein oder mehrere Atome/Atomgruppen entfernt wurden.
Schwefeltrioxid-Moleküle sind planar gebaut und enthalten drei gleichlange Bindungen zwischen dem Schwefel-Atom und den Sauerstoff-Atomen.
Tabelle 1: Zusammenhang von absorbierter Strahlung, zugehöriger Spektralfarbe und beobachteter Komplementärfarbe.

Wellenlänge |
Spektralfarbe | Komplementär- farbe |
---|---|---|
ultraviolett | farblos | |
violett | gelbgrün | |
blau | gelb | |
grünblau | orange | |
blaugrün | rot | |
grün | purpur | |
gelbgrün | violett | |
gelb | blau | |
orange | grünblau | |
rot | blaugrün |
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1.
Kennzeichen aromatischer Systeme
- Planare, zyklische Struktur: Aromatische Moleküle bestehen aus planaren Ringen, wobei alle Atome in einer Ebene liegen.
- Konjugierte Doppelbindungen: Die Doppelbindungen im Ring sind konjugiert, das heißt, sie sind abwechselnd einfach und doppelt gebunden, was zu einer Delokalisierung von
-Elektronen führt.
- Hückel-Regel: Ein Molekül ist aromatisch, wenn die Hückel-Regel erfüllt ist, d.h. wenn der Ring eine planare, konjugierte Verbindung mit
-Elektronen (
ist eine ganze Zahl).
- Mesomerie: Diese wird mit sogenannten mesomeren Grenzstrukturen dargestellt.
Naphthalin:
reagiert Naphthalin über eine elektrophile Substitution zu Brom-Naphthalin und Bromwasserstoff.
Dabei wird Aluminiumbromid/Eisen
-bromid als Katalysator eingesetzt.
1,2,3,4,5,8-Hexahydronaphthalin:

- aromatisch
- mesomeriestabilisiert
- planares, konjugiertes System mit 10
-Elektronen
wobei
- höhere Stabilität und weniger reaktiv
Dabei wird Aluminiumbromid/Eisen

- nicht aromatisch
- nicht planare cyclohexane Ringstruktur; erfüllt nicht die Hückel-Regel; keine konjugierten Doppelbindungen
- weniger stabil
- Polarisierung: Die Doppelbindung wird durch Annäherung eines Brom-Moleküls polarisiert, wobei die
-Elektronen mit der Elektronenhülle des Broms wechselwirken.
- Ein Bromatom wird mit einer positiven Partialladung zum Elektrophil und bildet eine schwache Bindung mit dem Alken – es wird ein sogenanntes Tradukt gebildet.
- Geschwindigkeitsbestimmender Schritt: Die
-Bindung und das Brom-Molekül werden anschließend heterolytisch gespalten.
- Es entsteht ein Kation mit einem Bromatom, welches mehrere Formen annehmen kann:
Befindet sich die positive Ladung am Kohlenstoffatom ist von einem Carbokation die Rede.
Befindet sich die positive Ladung am Bromatom ist es ein Brommmonium-Ion.
Das Kation kann durch mesomere Grenzstrukturen ausgedrückt werden. - Dieses Interdukt (Zwischenstufe) ist kurzlebig wird von der Rückseite durch Bromidionen nucleophil angegriffen (sehr schnell).
- Es wird eine Dibromverbindung, also eine zweite
-Bindung gebildet.
- Es handelt sich um eine elektrophile Addition, da im ersten Schritt das polarisierte Brom-Molekül als Elektrophil angreift.
2.
Sulfonierungen
Die Sulfonierungen von 1-Naphthol und 1-Aminonaphthalin folgen einer elektrophilen aromatischen Substitution.
Unterschiedliche Löslichkeit
Die Struktur von 4-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure zeigt einen unpolaren, aromatischen Grunkörper und zwei polare Hydroxygruppen als Substituenten.
In Natronlauge:
Es findet eine Säure-Base-Reaktion mit den Hydroxid-Ionen statt. Dabei geben die Sulfonsäuregruppe und die Hydroxygruppe Protonen ab (Protonendonator
Säure) und die Hydroxid-Ionen reagieren durch Protonenaufnahme zu Wasser (Protonenakzeptor
Base).
Die Moleküle sind somit in
geladen, bilden ionische Wechselwirkungen mit dem Wasser und gut löslich.
In stark saurer Lösung (z.B. Salzsäure):
Hier sind die Moleküle ungeladen, deswegen bestimmt der unpolare Anteil die Löslichkeit. Es finden keine Wechselwirkungen mit dem Wasser statt, da die schwachen VAN-DER-WAALS-Kräfte des Naphthalins nicht die starken Wasserstoffbrückenbindungen überwinden können.
Die Moleküle sind unlöslich. Erläuterung des Reaktionsablaufs unter Angabe des Reaktionstyps Die Carmoisin-Synthese erfolgt über eine Azokupplung bzw. durch die Diazotierung von 4-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure:


Es findet eine Säure-Base-Reaktion mit den Hydroxid-Ionen statt. Dabei geben die Sulfonsäuregruppe und die Hydroxygruppe Protonen ab (Protonendonator
Die Moleküle sind somit in
Hier sind die Moleküle ungeladen, deswegen bestimmt der unpolare Anteil die Löslichkeit. Es finden keine Wechselwirkungen mit dem Wasser statt, da die schwachen VAN-DER-WAALS-Kräfte des Naphthalins nicht die starken Wasserstoffbrückenbindungen überwinden können.
Die Moleküle sind unlöslich. Erläuterung des Reaktionsablaufs unter Angabe des Reaktionstyps Die Carmoisin-Synthese erfolgt über eine Azokupplung bzw. durch die Diazotierung von 4-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure:

- Zuerst wird 4-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure in das Diazonium-Ion umgewandelt.
- Dabei reagieren Natriumnitrit
und Salzsäure
zum Nitrosyl-Ion
welches darauffolgend mit der Aminogruppe zu einer Nitrosamingruppe
reagiert.
- Unter Abspaltung von Wasser entsteht die Diazoniumgruppe, die eine positive Ladung trägt.

3.
Zusammenhang zwischen Lichtabsorption und Farbigkeit
Der Zusammenhang zwischen Lichtabsorption und Farbigkeit basiert auf den Wechselwirkungen zwischen Licht und den Farbmolekülen eines Stoffes. Farbigkeit tritt auf, wenn eine Substanz selektiv bestimmte Wellenlängen des sichtbaren Lichts absorbiert und andere reflektiert oder durchlässt.
Hier ist die Rede von der Elektronenanregungsenergie, die der Energiedifferenz
des angeregten Zustands und des Grundzustands entspricht (EINSTEIN-BOHR'sche Frequenzbedingung):
Tabelle 1 zeigt, welche Spektralfarbe einer bestimmten absorbierten Wellenlänge (bzw. einem Bereich) zuzuordnen ist und welche Komplementärfarbe sichtbar erscheint.
Das als Azorubin bekannte Carmoisin besitzt ein Absorptionsmaximum von
Nach der Tabelle zeigt diese Wellenlänge eine grüne Spektralfarbe und ist als Purpur sichtbar.
Begründung der Farbigkeit
Vor allem Moleküle mit konjugierten Doppelbindungen absorbieren Licht im sichtbaren Bereich, da die
-Elektronen leicht in angeregte Zustände überführt werden können.
Dazu lässt sich die Mesomerie betrachten, da größere Systeme konjugierter Doppelbindungen stärkere Delokalisierung der Elektronen bedeutet, wodurch die Anregungsenergie sinkt. In Carmoisin besitzt der Chromophor konjugierte Doppelbindungen und damit ein System von
-Elektronen. Zudem übt die Hydroxygruppe als Donatorgruppe einen +M-Effekt aus, wodurch die Delokalisierung steigt. Folglich verschiebt sich das Absorptionsmaximum in den Wellenbereich von sichtbarem Licht.
Einsatz von Carmoisin in Limonade
Das als Azorubin bekannte Carmoisin besitzt ein Absorptionsmaximum von
Dazu lässt sich die Mesomerie betrachten, da größere Systeme konjugierter Doppelbindungen stärkere Delokalisierung der Elektronen bedeutet, wodurch die Anregungsenergie sinkt. In Carmoisin besitzt der Chromophor konjugierte Doppelbindungen und damit ein System von
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