Lorentzkraft

Einführung

Kaum eine Kraft auf der Welt ist so faszinierend und gleichzeitig so unbekannt wie die Lorentzkraft. Dabei sorgt sie dafür, dass viele heute wichtige Anwendungen erst möglich werden. Elektromotoren, Teilchenbeschleuniger, Massenspektrometer und noch viele weitere Geräte mehr, machen sich die Auswirkungen dieser Kraft zu nutze. Auch die Entstehung des Polarlichtes, auf das im PhysikLV-Skript „Verhalten von Teilchen im E- und B-Feld“ näher eingegangen wird, kann zu einem großen Teil auf die Lorentzkraft zurück geführt werden. Doch wie äußert sich nun diese Lorentzkraft? Was hat sie für Auswirkungen und wie entsteht sie? Dies wollen wir uns anhand des folgenden Experiments bestimmen. In das Magnetfeld eines stehenden Permanentmagneten wird eine Leiterschaukel gehängt, welche von einem Strom durchflossen werden kann. Das Feld des Magneten ist nach unten gerichtet. Die Schaukel verweilt in der Gleichgewichtsstellung. Schließt du die Leiterschaukel jedoch an eine Spannungsquelle an, sodass sie von einem Strom durchflossen wird, schlägt sie plötzlich aus:

Die Richtung in die die Leiterschaukel ausschlägt scheint von der Richtung des Stroms abzuhängen. Es können die beiden folgenden Fälle unterschieden werden:

  1. Der Strom fließt von hinten nach vorne und die Schaukel schlägt nach links aus.
  2. Der Strom fließt von vorne nach hinten und die Schaukel schlägt nach rechts aus.

Doch belässt du die Richtung des Stroms von hinten nach vorne und drehst dafür den Permanentmagneten um, so ist das Magnetfeld nun von unten nach oben gerichtet. Die Leiterschaukel schlägt plötzlich entgegengesetzt aus:

Der Ausschlag aus obigem Versuch ist demnach nicht nur von der Richtung des Stroms, sondern ebenfalls von der Richtung des Magnetfeldes abhängig. Die Kraft, die in Versuch die Leiterschaukel ausschlagen lässt, ist die Lorentzkraft.

Lorentzkraft

Der Strom der durch die Leiterschaukel fließt besteht aus vielen Elektronen und damit aus einer großen Anzahl an bewegten Ladungen. Diese bewegen sich senkrecht zum Magentfeld. Es gilt damit:

Die Lorentzkraft ist die Kraft, die bewegte Ladungen erfahren, wenn sie sich mit einer senkrechten Bewegungskomponente zu den magnetischen Feldlinien bewegen.

Die Richtung der Lorentzkraft kannst du ebenfalls aus obigem Versuch herleiten. Trage hierzu die Bewegungsrichtung der Elektronen und die Richtung des Magnetfeldes in ein Koordinatensystem auf. Du erhältst:


Der Mittelfinger der linken Hand weißt nach rechts, der Zeigefinger nach oben und der Daumen nach vorne auf dich zu.

Du kannst erkennen, dass sich im einleitenden Versuch die Elektronen immer parallel zur \(x\)-Achse bewegen und das Magnetfeld immer parallel zur \(z\)-Achse gerichtet ist. Die Auslenkung der Leiterschaukel bzw. die Lorentzkraft steht wiederum immer parallel zur \(y\)-Achse und damit senkrecht auf den beiden Bewegungsrichtungen. Um dir die Orientierung der Lorentzkraft zu merken, gibt es die anschauliche „3-Finger-Regel“. Für Teilchen mit einer negativen Ladungen, wie den Elektronen aus obigem Experiment, wird sie auch „Linke-Hand-Regel“ genannt, denn für solche können Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der linken Hand die Richtungen der Teilchen, des Magnetfeldes und der Lorentzkraft ideal darstellen. Führst du obigen Versuch mit positiv geladenen Teilchen durch, so schlägt die Leiterschaukel immer genau zur anderen Seite hin aus. Die Richtung der Lorentzkraft ist demnach für positiv geladene Teilchen genau umgekehrt wie für negativ geladene. Daher lässt sich die Orientierung der Lorentzkraft für positiv geladene Teilchen mit der „Rechte-Hand-Regel“ bestimmen. Die Orientierung der Lorentzkraft ist demnach abhängig von der Ladung und der Richtung der sich bewegenden Teilchen sowie von der auf dieser Richtung senkrecht stehenden Magnetfeldrichtung. Mathematisch ergibt sich die Richtung der Lorentzkraft somit aus dem Kreuzprodukt von der Magnetfeldrichtung mit der Bewegungsrichtung der Elektronen. Die Ladung \(\boldsymbol{q}\) entscheidet dabei über das Vorzeichen:

\(\overrightarrow{F_L} = q \left( \overrightarrow{v_e} \times \overrightarrow{B}\right)\)

\(\overrightarrow{F_L}\) bezeichnet hierbei die Richtung der Lorentzkraft, \(\overrightarrow{v_e}\) die Richtung der Elektronen und \(\overrightarrow{B}\) die Magnetfeldrichtung, auf welche im PhysikLV-Skript „Magnetische Flussdichte und Messmethoden“ näher eingegangen wird. Der Betrag der Lorentzkraft ergibt sich hierbei dann folgendermaßen:

\(F_L =\) \(q \cdot v \cdot B \cdot \sin(\alpha)\)

Der Winkel \(\boldsymbol{\alpha}\) bezeichnet den Winkel zwischen der Bewegungsrichtung der Teilchen und der Magnetfeldrichtung, also den Winkel zwischen Daumen und Zeigefinger. In vielen Fällen gilt zusätzlich, dass der dieser Winkel \(\alpha=90^\circ\) ist. Da \(\sin(90^\circ)=1\) ist, gilt demnach für den Betrag der Lorentzkraft, wenn sich die Teilchen senkrecht zum Magnetfeld bewegen:

\(\quad F_L = q \cdot v \cdot B\)

Ebenfalls geht aus obiger Formel hervor, dass die Lorentzkraft Null wird, wenn die Bewegungsrichtung der Teilchen parallel zur Magnetfeldrichtung ist. Da der Winkel zwischen diesen Richtungen \(\alpha=0^\circ\) ist geht somit aus obiger Formel hervor:

\(\begin{array}{rl}
	F_L= &q \cdot v \cdot B \cdot \sin(\alpha)
	\\
	=&q \cdot v \cdot B \cdot \sin(0^\circ)
	\\
	=&q \cdot v \cdot B \cdot 0
	\\
	=&0
	\end{array}\)

mit $\alpha=0^\circ \__DOLLARSIGN__
mit $\sin(0^\circ)=0 \(
	</p>
</div>

<p>
Bewegen sich geladene Teilchen daher nicht senkrecht, sondern schräg zum Magnetfeld, 
muss zur Bestimmung der Lorentzkraft die <b>Bewegungsrichtung der Teilchen in einen senkrechten und einen parallelen Teil zerlegt</b> werden, 
denn wie bereits erwähnt kann nur der senkrechte Teil zur Bestimmung der Lorentzkraft verwendet werden. 
Für viele Anwendungen kann man diese Formel zusätzlich noch umformen. 
Hierzu nutzt man die Definition der Stromstärke aus dem PhysikLV-Einführungsskript zum „Elektrischen Feld“: 
</p>

<div align="center">
\)\begin{array}{rcl} I&=&\dfrac{q}{t}& \mid\; \cdot t \\ I \cdot t&=&q \\ &=&0 \end{array}\(
</div>

<p>
Setzt du diese Umformung in die obige Gleichung ein, so erhältst du eine weitere wichtige Gleichung zur Bestimmung vom Betrag der Lorentzkraft:
</p>

<div class="content desktop" align="center">
\)\begin{array}{rl} F_L=&q \cdot v \cdot B \qquad\mid q=I \cdot t \text{ einsetzen}\\ \\ = &I \cdot t \cdot v \cdot B \qquad \text{mit } v=\dfrac{s}{t} \text{ ergibt sich} \\ = &I \cdot \color{orange}{t} \cdot \dfrac{s}{\color{orange}{t}} \cdot B \end{array}\(
</div>

<div class="content mobile" align="center">

\)\begin{array}{rl} F_L= &q \cdot v \cdot B \\ = &I \cdot t \cdot v \cdot B \\ = &I \cdot \color{orange}{t} \cdot \dfrac{s}{\color{orange}{t}} \cdot B \end{array}\(
</div>

<p>
Der <b class="lvlila">Betrag der Lorentzkraft</b> lässt sich also ebenfalls folgendermaßen berechnen:
</p>

<div class="rahmen", align="center">
\)\quad F_L = I \cdot s \cdot B$