Radioaktiver Zerfall

Einführung

Abb. 1: Warnzeichen vor radioaktiven Stoffen
Radioaktiver Zerfall wird auch als Kernzerfall bezeichnet. Instabile Atomkerne zerfallen zu anderen Kernen und senden dabei radioaktive Strahlung aus. Atome mit instabilen Kernen werden als Radionuklide bezeichnet. Zuerst beobachtet und beschrieben wurde der Kernzerfall von Marie Curie und ihrem Ehemann Pierre Curie. Bei radioaktiven Zerfällen werden große Energiemengen frei. Kernzerfall bringt somit Gefahren mit sich, kann aber auch technisch genutzt werden.

Arten des Zerfalls

Es gibt grundsätzlich drei Arten des Kernzerfalls.
  • α-Zerfall
  • β-Zerfall
  • γ-Zerfall
Beim α-Zerfall (Alpha-Zerfall) lösen sich zwei Protonen und zwei Neutronen aus dem Atomkern. Zwei Protonen und zwei Neutronen bilden einen Heliumkern. Das α-Teilchen ist somit ein zweifach ionisierendes Heliumatom. Die Nukleonenzahl oder Massezahl, also die Anzahl an Protonen und Neutronen im Atomkern, verringert sich beim α-Zerfall logischerweise um vier. Die Ordnungszahl, also die Anzahl an Protonen im Atomkern, verringert sich um 2.
Beim β-Zerfall (Beta-Zerfall) wird zwischen β+- und β--Zerfall unterschieden. Beim β--Zerfall zerfällt ein Neutron im Kern in ein Proton, ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino. Das Proton bleibt im Atomkern, das Elektron sowie das Elektron-Antineutrino wird in die Umgebung gestrahlt. Als β-Strahlung wird das Elektron bezeichnet, da das Elektron-Antineutrino praktisch nicht mit der Umwelt reagiert. Die Nukleonenzahl des zerfallenden Elements bleibt erhalten, die Ordungszahl erhöht sich um 1.
Beim γ-Zerfall (Gamma-Zerfall) zerfällt der Atomkern nicht. Der γ-Zerfall steht jedoch häufig in Verbindung mit α- oder β-Zerfall, da nach einem Kernzerfall das Atom häufig in einem angeregten Zustand ist. Wenn ein Atom angeregt ist, befindet sich ein Elektron in der Atomhülle in einem energetisch höheren Zustand als im Grundzustand. Ein angeregtes Atom fällt in seinen Grundzustand zurück und sendet dabei ein γ-Quant, also ein Photon aus. An der Nukleonenzahl und der Ordnungszahl ändert sich nichts.

Nuklidkarte

Abb. 2: Schematische Darstellung einer Nuklidkarte.
Wie ein Atom zerfällt ist vom Atomkern abhängig. In Nuklidkarten stehen die wichtigsten Informationen zum radioaktiven Zerfall. In Abb. 2 ist eine Nuklidkarte schematisch dargestellt. Auf der x-Achse ist die Neutronenanzahl, auf der y-Achse die Protonenanzahl angegeben. Will man den Zerfall eines Nuklids wissen, muss man Neutronen- und Protonenanzahl des Nuklids kennen. Hat man das Nuklid auf der Karte gefunden, gibt die Farbe des Felds an, auf welche Art das Nulkid zerfällt. Manche Nuklide sind in mehreren Farben eingefärbt, sie können auf verschiedene Arten zerfallen. Das Verhältnis der Farben entspricht der Wahrscheinlichkeit, auf welche Art es zerfällt. In dieser Karte sind stabile Kerne schwarz gefärbt. Sie zerfallen nicht mehr. Handelt es sich um α-Zerfall nimmt die Anzahl an Protonen und Neutronen um jeweils zwei ab. Das entstehende Nuklid ist also zwei Felder weiter unten und zwei Felder weiter rechts in der Karte zu finden. Beim β+-Zerfall nimmt die Anzahl an Protonen um eins ab, die Anzahl an Neutronen um eins zu. Das entstehende Nuklid ist also ein Feld weiter unter und ein Feld weiter rechts. Beim β--Zerfall ist es umgekehrt, ein Proton mehr und ein Neutron weniger, dementsprechend ist das entstandene Nuklid ein Feld weiter oben und ein Feld weiter links. Beim γ-Zerfall entsteht kein neues Nuklid.
Zusätzlich zum Verfallstyp stehen auf den meisten Nuklidkarten Informationen über die beim Zerfall frei werdende Energie, sowie die Halbwertszeit des Nuklids.

Größen und ihre Einheiten

Aktivität

Die Aktivität \(A\) wird auch als Zerfallsrate bezeichnet. Die Aktivität beschreibt die durchschnittliche Anzahl der Kernzerfälle pro Zeiteinheit. Der Zeitpunkt an dem ein Atomkern zerfällt ist zufällig. Es gibt jedoch eine für den Stoff typische Zerfallswahrscheinlichkeit. Da man in der Regel sehr viele Atomkerne hat, spielt es keine Rolle, wann der einzelne Kern zerfällt, da alle Kerne in Summe der Zerfallswahrscheinlichkeit folgen. Die Einheit der Aktivität ist Becquerel. \(1\,\text{Bq}\) entspricht einem Zerfall pro Sekunde.
\([A] = 1\,\text{Bq} = 1\,\dfrac{1}{\text{s}}\)
Die Aktivität ist vom jeweiligen Neuklid abhängig. \(1\,\text{kg}\) Uran-235 hat beispielsweise eine Aktivität von \(A=60.000.000\,\text{Bq}\). \(1\,\text{kg}\) Platin hat lediglich eine Aktivität von \(A=10\,\text{Bq}\)

Halbwertszeit

Die Halbwertszeit \(T_{1/2}\) ist diejenige Zeit, die es dauert bis die Aktivität eines Stoffes auf die Hälfte geschrumpft ist. Die Einheit ist eine Zeit.
\([T_{1/2}] = 1\,\text{s}\)
Die Halbwertszeit ist vom jeweiligen Stoff abhängig. Sie kann einen Bruchteil einer Sekunde betragen. Bei Polonium-212 liegt sie bei \(T_{1/2}=0,3\text{μs}\) . Kann aber auch Millionen Jahre groß sein. Uran-235 hat zum Beispiele eine Halbwertszeit von \(T_{1/2}=704\,\text{Mio. Jahren}\).

Nutzen

Mit der Radiokohlenstoffdatierung kann das Alter von Skeletten oder anderen organischen Stoffen bestimmt werden. Lebende Organismen befinden sich im ständigen Austausch mit ihrer Umwelt. So nimmt der Mensch ständig Luft, Wasser und Nahrung aus der Umwelt auf. Die Konzentration des radioaktiven C-14-Nuklid (Kohlenstoff) im Körper ist die selbe wie in der Umwelt. Stirbt ein Organismus und es ist kein Austausch mit der Umwelt mehr möglich, sinkt die Konzentration von C-14, da durch β--Zerfall C-14 zu N-14 (Stickstoff) zerfällt. Anhand der aktuellen Aktivität \(A\) oder der C-14-Konzentration und der Halbwertszeit \(T_{1/2}=5730\,\text{Jahre}\) kann das Alter einer Probe bestimmt werden. Ist die Konzentration beispielsweise auf \(\dfrac{1}{8}\) der natürlichen Konzentration geschrumpft kann das Alter bestimmt werden.
\(\) T = n \cdot T_{1/2} = 17190\,\text{Jahre}\(\) \(\)...\(\)
Desweiteren gibt es Batterien, die mit Radionukliden bestückt sind. Die Strahlungsernergie wird in elektrische Spannung gewandelt und ein elektrischer Strom genutzt. Früher wurden sie noch häufiger genutzt. Heutzutage findet man sie kaum noch, da Strahlungsschäden auftreten können und konventionelle Batterien stark verbessert wurden.
In der Geophysik und Biologie können radioaktive Substanzen genutzt werden, um beispielsweise das Fließverhalten von Wasser oder Blut im Körper zu verfolgen. Dazu wird eine gewisse Menge der Substanz in der Körper eingeführt. Wird nun die zeitliche und räumliche Verteilung der Aktivität gemessen und aufgezeichnet, kann die Strömung rekonstruiert werden.
Bildnachweise [nach oben]
1
Public Domain
2
https://goo.gl/5APXuA - Isotopentabelle Segre; Matt und Sjlegg CC BY-SA 3.0.