Aufbau der Materie: Standardmodell

Einführung

Das Standardmodell ist ein physikalisches Modell zur Beschreibung des Aufbaus der Materie. Mit diesem Modell lässt sich fast jedes bisher beobachtete Phänomen beschreiben. Erst im Bereich der Plancklänge (\(\approx 10^{-35}\text{m}\)) kann das Modell Vorgänge nicht mehr ausreichend beschreiben. Ebenso ist dunkle Materie sowie dunkle Energie noch nicht mit dem Standardmodell beschreibbar. Es wird aktuell daran geforscht, das bisherige Standardmodell zu erweitern und zu vervollständigen. Das Standardmodell sagt, dass alles aus den immer gleichen kleinsten Teilchen aufgebaut ist. Diese Teilchen wechselwirken untereinander auf unterschiedliche Weise. Es gibt eine schwache, eine starke und eine elektromagnetische Wechselwirkung.

Elementarteilchen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war bekannt, dass Atome aus einer Atomhülle und einem Atomkern bestehen. Die Atomhülle besteht aus Elektronen, der Atomkern aus Protonen und Neutronen. Durch weitere Versuche wurde festgestellt, dass Protonen und Neutronen aus noch kleineren Teilchen zusammengesetzt sind und es noch weitere Elementarteilchen geben muss. Man unterscheidet zwischen verschiedene Arten der Elementarteilchen.
Abb. 1: Elementarteilchen des Standardmodells

Fermionen

Fermionen werden auch Materieteilchen genannt. Man unterscheiden zwischen 12 verschiedenen Fermionen, die in zwei Gruppen eingeteilt sind. Es gibt sechs Quarks und sechs Leptonen. Down- und Up-Quark zählen zur ersten Gerneration der Quarks, Charm- und Strange-Quark bilden die zweite Generation und Top-, Bottom-Quark bilden die letzte Generation. Leptonen der ersten Generation sind das Elektron sowie Elektronneutrino, die zweite Generation bilden Myon und Myonneutrino, die dritte Genertion besteht aus Tau und Tauneutrino.
Up- und Down-Quarks sind die Bausteine aus denen Protonen und Neutronen aufgebaut sind. Atomkerne werden aus Up- und Down-Quarks gebildet, die Atomhülle aus Elektronen. Atome bestehen also nur aus drei Grundbausteinen. Im Universum findet man hauptsächlich Fermionen erster Generation. Fermionen höherer Generation sind instabil und haben nur eine sehr geringe Lebensdauer, um diese zu erforschen werden sie in großen Versuchen wie Teilchenbeschleuniger oder Astroteilchenexperimenten erzeugt und untersucht.

Bosonen

Bosonen werden auch Kraftteilchen genannt. Es gibt vier Eichbosonen sowie das Higgs-Boson. Die vier Eichbosonen sind das Photon, das Gluon, das Z- sowie das W-Boson. Bosonen übertragen bei der Wechselwirkung Impuls und Energie zwischen den Teilchen. Die Energieübertragung ist vergleichbar mit dem Zuwurf eines Balles. Der Werfer erfährt einen Rückstoß entgegen der geworfenen Richtung, der Fänger erhält einen Impuls in Wurfrichtung des Balles. Es wurden Energie sowie Impuls übertragen. Das Higgs-Teilchen ist verantwortlich für die Masse der Teilchen. Lange war unklar, ob es so ein Teilchen gibt. Erst ein Versuch am Teilchenbeschleuniger LHC am CERN konnte das Teilchen 2012 nachweisen.

Jedes Elemtarteilchen hat ein zugehöriges Antiteilchen. Das Antiteilchen verhält sich vollständig symmetrisch zu seinem normalen Teilchen. Es besitzt identische sowie entgegengesetzte Eigenschaften. Das Antiteilchen des Elektrons ist das Positron. Beide Teilchen haben die gleiche Masse, unterscheiden sich allerdings in ihrer Ladung. Das Elektron hat Elementarladung \(-e\), das Positron \(+e\). Der Betrag der Ladung ist somit gleich, jedoch ist das Elektron negativ, das Positron positiv geladen.

Wechselwirkung

Starke Wechselwirkung

Die starke Wechselwirkung wird auch als Kernkraft bezeichnet, da sie den Zusammenhalt mehrerer Quarks zu Protonen und Neutronen ermöglicht. Die Energie wird dabei über den Austausch von Gluonen übertragen. Die starke Wechselwirkung ist die stärkste Wechselwirkung zwischen Teilchen. Die Kraft, die die Teilchen zusammenhält, hat allerdings keine Reichweite über den Atomkern hinaus, weshalb sie im alltäglichen Leben nicht wahrgenommen werden kann. Beschreiben lässt sich die Kernkraft mit der Farbladung. Jedem Quark wird eine Farbe rot, grün oder blau zugeordnet, dem entsprechenden Antiteilchen die Antifarbe antirot bzw. cyan, antigrün bzw. magenta und antiblau bzw. gelb. Die starke Wechselwirkung läuft nur zwischen Teilchen mit Farbladung ab. Gluonen, die die Kraft übertragen, haben ebenfalls eine Farbe, können somit auch untereinander Wechselwirken. Wird ein Gluon zwischen zwei Quarks ausgetauscht ändert sich auch die Farbe der Quarks. Bilden mehrere Quarks ein größeres Teilchen, so muss die Summe der Farbladung immer weiß ergeben. Bei einem Teilchen-Antiteilchen-Paar besitzten die Teilchen komplementäre Farben und bilden in Summe weiß. Bei Teilchen, die aus drei Quarks bestehen, muss jedes Quark eine andere Farbe haben. Neutronen sind beispielsweise aus zwei Down-Quarks und einem Up-Quark gebilden. So kann ein Down-Quark grün, das andere blau und das Up-Quark muss dann rot sein. Es kann jedoch nicht unterschieden werden welches Down-Quark grün, welches blau ist.

Schwache Wechselwirkung

Die schwache Wechselwirkung wird auch schwache Kernkraft genannt. Die Energie wird dabei durch den Autausch von Z-Bosonen und W-Bosonen übertragen. Die schwache Wechselwirkung ist etwa um den Faktor 1013 kleiner als die starke Wechselwirkung. Dennoch ist sie für wesentliche Prozesse im Atomkern verantwortlich. Radioaktive Zerfall sowie Kernfusion sind durch die schwache Wechselwirkung möglich. Die Kraft wirkt allerdings wie bei der starken Wechselwirkung nur in einem sehr kleinen Bereich innerhalb des Atomkerns.

Elektromagnetische Wechselwirkung

Die elektromagnetische Wechselwirkung ist uns aus unserem Alltag bekannt. Durch die elektromagnetische Wechselwirkung sind Phänomene wie Licht, Elektrizität sowie Magnetismus möglich. Diese Erscheinungen werden bereits seit über 100 Jahren erforscht. Zur Übertragung von Kräften und Energie wird durch den Austausch von Photonen beschrieben. Photonen wechselwirken nicht untereinander.

Eigenschaften

Die Elementarteilchen haben drei grundlegende Eigenschaften, die die Teilchen ausreichend beschreiben.

Masse

Die Masse von Elementarteilchen wird nicht in der uns bekannten SI-Einheit für die Masse dem Kilogramm angegeben, sondern es wird eine Energie in Elektronenvolt angegeben. Die Umrechnung erfolgt über Einsteins Formel zur Äquivalenz von Masse und Energie.

\(E=m\cdot c^2\)
Um eine Energie in eine Masse umzurechnen musst du die angegebene Energie mit der Elementarladung \(e=1,602\cdot10^{-19}\text{C}\) multipliziert und durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit \(c^2=8,99\cdot10^{16}\,\dfrac{\text{m}^2}{\text{s}^2}\)dividieren.
Eine Energie \(1\,\text{GeV}\) entspricht demnach einer Masse von \(1,78\cdot10^{-27}\,\text{kg.}\)
Masse ist verantwortlich für gravitative Wechselwirkung zwischen Teilchen. Sowohl Photonen wie auch Gluonen haben keine Masse.

Ladung

Die Ladung der kleinsten Teilchen wird im Verhältnis zur Ladung des Elektrons angegeben. Das Elektron hat die Elementarladung \(-e\). Das Top Quark hat zum Beispiel die Ladung \(\dfrac{2}{3}\,e\). Es gibt auch Teilchen ohne Ladung wie Neutrinos und Photonen. Die Ladung eines Teilchens bestimmt die elektromagnetische Wechselwirkung des Teilchens. Ein Teilchen mit negativer Ladung zieht Teilchen positiver Ladung an und stößt Teilchen negativer Ladung ab. Teilchen in Bewegung bilden ein Magnetfeld.

Spin

Es gibt halbzahlige und ganzzahlige Spins. Der Spin hat auch eine Richtung, es gibt Spin up sowie Spin down. Mit der Spinzahl wird zwischen Fermionen mit \(\text{Spin } \dfrac{1}{2}\) und Bosonen mit \(\text{Spin }1\) unterschieden. Das Higgs-Boson hat allerdings keinerlei Spin, also \(\text{Spin }0\). Die Eigenschaft des Spins ist vergleichbar mit einem Drehimpuls. Der Gesamtspin von mehreren Teilchen addiert sich. Ein System aus mehreren Boson und einer ungeraden Anzahl an Fermionen muss somit in Summe einen halbzahligen, bei einer geraden Anzahl an Fermionen einen ganzzahligen Gesamtdrehimpuls haben.

Bildnachweise [nach oben]
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http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Standard_Model_of_Elementary_Particles-de.svg - Murphee, CC BY.
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