Einführung
Was haben Licht, Radios, Handys und die Mikrowelle in deiner Küche gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Schaut man jedoch genauer hin und hinterfragt die Funktionsweise der technischen Geräte, fällt die Gemeinsamkeit dieser Gegenstände auf: Alle haben etwas mit elektromagnetischen Schwingungen zu tun.
Bei der Mikrowelle steckt der Wellencharakter schon im Namen, aber auch Radios empfangen den Sender über elektromagnetische Wellen, den sogenannten Ultra-Kurz-Wellen Daher der alternative Name UKW-Radio.
Auch die Strahlung von Licht besitzt Wellencharakter. Dies kann man durch Interferenz belegen: Scheint Licht auf einen Doppelspalt, zeigt sich, dass das Licht an manchen Stellen intensiver, und an manchen weniger intensiv ist. Grund dafür sind die Wellen des Lichts: Treffen zwei Maxima aufeinander, verstärken sich die Wellen, die Lichtintensität nimmt zu. Treffen allerdings ein Maxi- und ein Minimum aufeinander, dann löschen sich die beiden Wellen gegenseitig aus, diese Stelle scheint dunkel.1
Nun haben wir die Gemeinsamkeit zwischen Licht, Radios, Handys und Mikrowelle gefunden. Doch warum klingelt das Handy nicht, wenn die Suppe in der Mikrowelle erwärmt wird? Und warum können wir mit unserer Schreibtischlampe keine Musik empfangen?
Alle Geräte funktionieren zwar durch elektromagnetische Schwingungen, allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Wellen in ihre Wellenlänge und ihrer Frequenz.
An dieser Grafik kannst du erkennen, welche Strahlung mit welcher Wellenlänge und mit welcher Frequenz zu welchem Zweck dient.
Sichtbares Licht hat beispielsweise eine Wellenlänge im Bereich von bis . Die unterschiedlichen Farben, die wir in unserer Umgebung wahrnehmen, haben jeweils eine andere Wellenlänge innerhalb des sichtbaren Bereichs. Radiowellen dagegen sind wesentlich länger. Je nach verwendeter Technik (Ultrakurz-, Langwellenfunk, GPS, ...) haben diese Wellen eine Länge im Zentimeter- bis Kilometerbereich.
1Genaueres zu Interferenz von Wellen kannst du im PhysikLV-Skript „Interferenz“ nachlesen!
Allgemeines
Genau wie eine mechanische Welle handelt es sich auch bei der elektromagnetischen Welle um eine Schwingung, die sich räumlich und zeitlich ausbreitet.
Im Gegensatz zu anderen Wellen brauchen elektromagnetische Wellen kein Medium, um sich auszubreiten, da sie aus aus dem Wechselspiel elektrischer und magnetischer Felder entstehen.
Ausbreitungsgeschwindigkeit
Im Vakuum breiten sich die Wellen mit Lichtgeschwindigkeit aus.
|
In einem Medium verringert sich die Geschwindigkeit, sodass gilt
ist dabei der Brechungsindex des Mediums.
Beispielhafte Brechungsindices
Medium | Brechungsindex |
---|---|
Vakuum | exakt 1 |
Luft (bodennah) | 1,000292 |
Wasser | 1,33 |
menschl. Augenlinse | 1,35 |
Kunststoffglas für Brillen | bis 1,76 |
Ausbreitungsgeschwindigkeit berechnen
Eine Welle schwingt während einer Periode mit der Schwingungsdauer genau einmal. Jede Phase der Wellenlänge ist dabei um die Wellenlänge mit der konstanten Geschwindigkeit weitergewandert.
Für die Geschwindigkeit gilt also:
Die Frequenz einer Schwingung ist definiert als , also gilt für die Geschwindigkeit
|
Entstehung elektromagnetischer Wellen
Alle Ladungsträger, die beschleunigt oder abgebremst werden, senden elektromagnetische Felder aus, die sich mit Lichtgeschwindigkeit im Raum ausbreiten.
Bisher kennst du nur das elektrische und das magnetische Feld. Im elektromagnetischen Feld sind diese beiden Felder, wie der Namen vermuten lässt, miteinander kombiniert.
Wird zum Beispiel die Stromrichtung in einem langen geraden Draht periodisch geändert, so werden die Elektronen im Draht ständig in die eine Richtung beschleunigt, abgebremst, in die andere RIchtung beschleunigt, wieder abgebremst, ...
Um einen stromdurchflossenen Draht wird das Magnetfeld induziert, das von der Stromrichtung abhängt.2 Da sich die Stromstärke periodisch ändert, ändert sich auch das Magnetfeld in einem periodischen Zyklus. Skizziert man diese Magnetfeldänerdung ergibt sich folgende Welle:
Steigt die Stromstärke, beginnen die Ladungsträger zu einer Seite des Stabes zu wandern. Erreicht die Stromstärke den Wert , sind die Ladungen so weit wie möglich von einander getrennt. Das eine Ende des Stabes ist nun positiv, das andere negativ geladen. Der Draht ist nun ein sogenannter Dipol.
Zwischen den positiv und negativ geladenen Polen verlaufen die Linien des elektrischen Feldes.
Wird die Stromstärke umgepolt, fließen die Ladungsträger wieder in die entgegengesetzte Richtung zurück, die Stärke des elektrischen Feldes nimmt ab.
Während der Strom durch einen Leiter fließt, baut sich andauert ein elektrisches und ein magnetisches Feld auf- und wieder ab. Diese Felder breiten sich dann - wie es oben schon beschrieben ist - mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum aus.
Die Wellen des elektrischen und des magnetischen Feldes stehen sowohl zur Ausbreitungsrichtung als auch zueinander senkrecht.
In einem Medium verringert sich die Geschwindigkeit, sodass gilt .
2 Genaueres zur Induktion von Magnetfeldern kannst du im Skript „Induktion“ nachlesen
Polarisation
Die obige Abbildung zeigt genau eine elektromagnetische Welle. In der Praxis schwingen allerdings viele Wellen gleichzeitig. Die Schwingungsebenen der Wellen sind dabei nicht parallel, sondern zueinander verdreht.
Hierbei handelt es sich um unpolarisierte Strahlung.
Im Gegensatz dazu wird Strahlung mit gleichgerichteten Schwingungsebenen polarisierte Strahlung genannt. Um diese Art der Strahlung zu erhalten, muss die Strahlung durch einen sogenannten Polarisator verlaufen.
Den Polarisator kannst du dir wie ein Gitter vorstellen, durch das nur eine bestimmte Schwingungsebene hindurchgelangt:
Der Polarisator lässt nur Schwingungen in eine Richtung durch!
Kohärenz
Im Skript „Interferenz“ haben wir einige Interferenzbilder betrachtet. Derartige sehende Bilder erhält man nur, wenn die beiden interferierenden Wellen die gleiche Frequenz und die gleiche Phase besitzen.
Wellen mit gleicher Phase und gleicher Frequenz nennt man zueinander kohärent.
Besitzen zwei Wellen nicht die gleiche Phase, nennt man sie dennoch kohärent, solange sie mit konstanter Phasendifferenz schwingen.
Die rechts abgebildeten Schwingungen sind kohärent zueinander, da sie mit der selben Phase und mit einer konstanten Phasendifferenz schwingen.
Anwendungsbeispiele
Mikrowelle
Fast in jeder Küche deutscher Haushalte befindet sich ein Mikrowellen-Ofen zum erwärmen von Speisen, Getränken, und anderen geeigneten Materialien.
Doch wie funktioniert ein solches Küchengerät?
Die elektromagnetischen Strahlen der Mikrowelle durchdringen die Speise und geben dabei einen Teil ihrer Strahlungsenergie an die Wassermoleküle im Essen in Form von Wärme ab.
Ein Wassermolekül besteht aus zwei Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom. Wenn du neben Physik auch Chemie belegt hast, hast du vielleicht schon gelernt, dass Sauerstoff elektronegativer ist als Wasserstoff. Falls das nicht der Fall ist, hier noch einmal in vereinfachter Form:
Die Bindung im Wassermolekül zwischen Wasser- und Sauerstoff besteht aus einem Elektronenpaar, also aus zwei Elektronen. Das Sauerstoffteilchen zieht die Elektronen etwas stärker an sich als das Wasserstoffatom.3
Diese Fähigkeit, Elektronen einer Bindung an sich zu ziehen, nennt man Elektronegativität.
Durch diese asymmetrische Verteilung der Elektronen in der Bindung ist das Wassermolekül auf der Seite des Sauerstoffs etwas negativer geladen als auf der Wasserstoff-Seite. Man schreibt dafür die sogenannten Formalladungen und .
Ein Molekül mit solchen Formalladungen nennt man Dipol.
Aufgrund dieses Dipolcharakters werden die Wassermoleküle durch die elektromagnetischen Wellen ständig hin und her gedreht. Die Reibung der Moleküle bei dieser Rotationsbewegung erzeugt Wärme - das Essen wird warm!
Nicht nur Wassermoleküle werden durch die Strahlung zum Rotieren gebracht. Jedes Dipol-Molekül fängt an, um sich selber zu rotieren und dadurch Reibung und Wärme zu erzeugen.
Wie bei der Interferenz von Licht und Wasserwellen überlagern sich auch die elektromagnetischen Wellen in der Mikrowelle. An manchen Stellen verstärken sie sich, an manchen löschen sie sich aus. Deshalb entstehen im Essen, das erwärmt werden soll, sogenannte hot- und coldspots. Durch den Drehteller in der Mikrowelle oder durch Umrühren befinden sich diese sports immer an unterschiedlichen Stellen und die Speise wird gleichmäßig erwärmt.
3 Warum das Sauerstoff die Elektronen der Bindung stärker anzieht, kannst du im ChemieLV-Skript „Die Elemente des Periodensystems“ nachlesen!
Datenübertragung
In der heutigen Zeit ist es nichts besonderes mehr, Daten und Informationen über eine drahtlose Verbindung zu übertragen. Egal ob Mobiltelefone, WLAN oder Bluetooth: Alles funktioniert nach dem gleichen Prinzip, nämlich durch elektromagnetische Wellen mit einer bestimmten Amplitude und einer bestimmten Frequenz.
In der heutigen Informationstechnik werden alle Informationen durch zwei unterschiedliche Signale übermittelt, man bezeichnet diese Signale mit den Werten und . Ein Buchstabe, eine Zahl und jede andere Information wird durch eine Kombination aus diesen beiden Werten angegeben.
Wenn ein Gerät zum Beispiel den Code empfängt, weiß es, wofür diese Kombination steht. Die Kombination bedeutet dagegen eine andere Information, eine andere Zahl oder einen anderen Buchstaben.
Diese beiden Werte können durch elektromagnetische Wellen auf zwei unterschiedliche Weisen übertragen werden.
Bei der Übertragung durch die sogenannte Amplitudenmodulation gibt die Amplitude der Welle an, ob es sich um den Wert 1 oder 0 handelt.
Die andere Möglichkeit der Übertragung ist die Frequenzmodulation. Dabei variiert die Frequenz der Schwingung, um 1er und 0er zu übertragen.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Magnetron.jpg?uselang=de - Magnetron, Ellywa, CC BY-SA;
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sternrecorder.jpg - Sternrecorder, Wossi1991, CC BY-SA;
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pylon_ds.jpg - Pylon ds, Yummifruitbat, CC BY-SA;
Bearbeitung durch SchulLV: dieses Werk ist lizenziert unter CC BY-SA.