Leben im Mittelalter

Denkt man heutzutage an das Mittelalter, hat man häufig ein sehr düsteres Bild von schmutzigen Straßen, armen Menschen und Willkürherrschern im Kopf. Dass nicht alle Dinge, die man über das Mittelalter aus dem Volksmund kennt, auch unbedingt stimmen müssen, hast du bereits in dem Einführungs-Skript erfahren.
Es gibt jedoch aus geschichtswissenschaftlich korrekter Sicht einige Systeme und Begriffe, die typisch für das Mittelalter sind und die du auf jeden Fall kennen solltest, wenn du in der Schule das Thema Mittelalter behandelst.

Das System der Grundherrschaft

Definition
  • Grund (von unfreien Bauern bewirtschaftet) + Herrschaft (von Grundherren ausgeführt)
    \(\rightarrow\) Grundherrschaft
  • Auch: Leibeigenschaft

Abb. 1: Das System der Grundherrschaft.

Das Lehnswesen

Was bedeutet Lehnswesen? „Lehen“ - das hört sich so ähnlich an wie „leihen“. Damit hat es auch wirklich zu tun: Heutzutage ist es vollkommen normal, mit Geld zu bezahlen. Wir haben also eine Geldwirtschaft. Diese kannten die Franken aber noch nicht. Im Mittelalter bezahlte man mit Naturalien (das konnten z.B. Vieh oder Lebensmittel sein). Auch die Angestellten des Königs bekamen also kein Geld für ihre Tätigkeit. Aber wie wurden sie stattdessen bezahlt?
Seit Karl dem Großen (er herrschte von 768 bis 814) wurden Menschen, die für den König arbeiteten (sei es der Kriegsdienst oder das Arbeiten in der Verwaltung) mit Land „bezahlt“. Je mehr Land man im Mittelalter besaß, desto wohlhabender war man. Der König als oberster Lehnsherr, dem das gesamte Land gehörte, war somit der reichste Mann im Land.
Die Menschen, die für den König arbeiteten (also z.B. Herzöge, Grafen oder aus der Schicht des Klerus: Bischöfe und Äbte), bekamen das Land jedoch nicht geschenkt. Sie erhielten es als Lehen. Das heißt, sie bekamen es auf Lebenszeit „ausgeliehen“ - mitsamt der Menschen, die auf diesem Land wohnten.

Die Ständeordnung

Doch nicht nur die Bauern, die das Land von Grundherren bewirtschafteten, waren unfrei: Alle Menschen im Mittelalter waren der Ständeordnung verpflichetet. Sie waren also der festen Überzeugung, dass die von Gott vorgegebenen Stände (Bauern, Geistliche und der Adel) ihnen keinerlei soziale Bewegung ermöglichten. Und das war auch der Fall: Sozialer Aufstieg war im Mittelalter nahezu unmöglich. Du darfst jedoch nicht annehmen, dass die Ständepyramide auch über das Vermögen der Personen Aufschluss gibt: Ein sehr reicher, freier Bauer konnte durchaus wohlhabender sein als ein verarmter Adeliger. Dennoch war die Gesellschaft nach einem bestimmten Muster aufgebaut:
Die unterste Schicht der Gesellschaft (im Schaubild gar nicht abgebildet) stellten die sozial Verachteten (Bettler, Kranke und Ausgestoßene) dar. Danach kamen die Bauern, die einen Großteil der Bevölkerung darstellten. Freie Bauern waren dabei höher angesehen als unfreie Bauern. Über den Bauern standen Ritter und der niedere Klerus (also einfache Geistliche, z.B. Pfarrer). Da diese aus dem einfachen Bürgertum stammten, waren sie nicht so hoch angesehen wie der hohe Klerus. Dieser stand über dem niederen Klerus, zusammen mit dem Adel. An oberster Stelle stand der König (bzw. später der Kaiser). Auch wenn dies in der Ständepyramide nicht klar ersichtlich ist, musst du immer im Kopf behalten, dass die Bauern den größten Teil der Bevölkerung darstellten. Der niedere Klerus (also z.B. Pfarrer) war der nächst größere Teil, hoher Klerus und Adel waren ein sehr kleiner Teil der Gesamtbevölkerung des deutschen Gebiets. Den kleinsten Teil der Bevölkerung stellte natürlich die Königsfamilie (bzw. der sehr hohe Adel) dar.

Das Christentum

Ein weiterer Faktor, der das Leben der Menschen im Mittelalter grundlegend mitbestimmte, war die Religion: Die Menschen im Mittelalter waren sehr gläubig und Religion spielte in ihrem Alltag eine viel größere Rolle, als sie das heutzutage im Alltag der meisten Menschen tut.
Während ein Großteil der Menschen heutzutage nur noch zu besonderen Anlässen (z.B. an Weihnachten oder wenn eine Taufe stattfindet) in die Kirche geht, war der Gang in die Kirche für die Menschen im Mittelalter sehr viel selbstverständlicher. Jeden Sonntag verbrachten sie Stunden beim Gottesdienst, jede Mahlzeit wurde mit einem Gebet begonnen und der Tag begann und endete mit Gebeten.
Dies liegt an dem Selbstverständnis der Menschen im Mittelalter: Sie sahen sich als schlimme Sünder. Die Höllenqualen, die ihnen gegen Ende ihres Lebens drohten, konnten von ihnen nur durch christliches, frommes Verhalten abgewehrt werden.

Der Papst

Der Papst war (und ist auch heutzutage noch) das Oberhaupt der christlichen Kirche. Der Bischof von Rom wurde seit dem 5. Jahrhundert Papst genannt, was übersetzt so viel wie „Vater“ bedeutet. Der Papst übernahm neben den geistlichen auch zunehmend weltliche Aufgaben (also z.B. die Pflege der Kranken, Repräsentation der Stadt nach außen, etc.).

Kaiser und König

Der König war im Mittelalter der oberste Gerichtsherr, oberster Lehnsherr und oberster Heerführer. Das heißt, er konnte in gerichtlichen Entscheidungen - wenn er das denn wollte - die letzte Entscheidung treffen, die dann rechtsgültig war. Außerdem stand er an der Spitze aller Lehnsmänner und hatte die Verfügungsgewalt über das Heer, er konnte also über Kriege entscheiden.
Wenn man Texte über das Mittelalter liest, liest man ab dem Hochmittelalter (also ca. ab 850) immer wieder auch von Kaisern. Doch woran liegt das? Was unterscheidet einen König von einem Kaiser? Stand der Kaiser noch einmal über dem König? Nein: Fränkische Könige beanspruchten später den Kaisertitel, da sie davon überzeugt waren, diesen als Nachfolger der römischen Kaiser zu verdienen. Daher führten Könige ab dem Hochmittelalter den Kaisertitel.
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