Weimarer Klassik

Epochenmerkmale

Auf einen Blick
  • Zeit: 1786-1832 (oder 1805)
  • Geschichtlicher Hintergrund: Bildung und Kultur gelten als Basis einer guten Gesellschaft; die Französische Revolution, die Napoleonischen Kriege und die anschließende Restauration verursachen einen Epochenumbruch und verändern ganz Europa.
  • Autoren: Bildungsbürger (Weimarer Viergestirn aus Goethe, Schiller, Herder und Wieland).
  • Merkmale: Wiederentdeckung antiker Formen und Mythen, zeitlose und formvollendete Kunst, Verbindung von Gefühl und Vernunft (Sturm und Drang und Aufklärung), Versuch durch den Verweis auf antike Ideale und durch Schönheit den Menschen zu einer Harmonie mit sich und der Welt zu führen, Einfluss des Humanismus' und der Philosophie der Aufklärung.
  • Themen: Große und ewige Themen der Menschheit wie Liebe, Suche nach dem Sinn des Lebens, Freiheit, Gerechtigkeit, Streben nach Harmonie und Perfektion.

Definition

Die Weimarer Klassik beginnt 1786 mit der Italienreise Goethes und endet mit dessen Tod 1832. Auch der Tod Schillers 1805 wird bisweilen als Ende der Weimarer Klassik angesehen, da die gemeinsame Arbeit Schillers und Goethes als Hochphase der Epoche angesehen wird. Zusammen mit den Schriftstellern Herder und Wieland bilden sie das Weimarer Viergestirn, deren Federn die Weimarer Klassik entsprang.
Dem Begriff liegt das lateinische Wort „classicus“ zugrunde, das ursprünglich die gehobene Bürgerschicht beschrieb, aber im weiteren Sinne für etwas Beispielhaftes und Vollendetes steht, eben etwas, das Klasse hat. Die Weimarer Klassik entwickelte sich aus dem Sturm und Drang, der Aufklärung und dem Humanismus heraus und steht nicht nur für eine literarische Periode, sondern auch für eine bestimmte Denkweise über Kunst und Kultur, die sich auf das Vorbild der Antike gründet. Abgelöst wird sie von der Romantik, die nach freieren Formen strebt, sich von den bildungsbürgerlichen Idealen der Weimarer Klassik abgrenzt und sich mehr am Mittelalter statt an der Antike orientiert.
Geschichtlicher Hintergrund
Mit dem Aufstreben des Bürgertums gewinnen Kunst und Kultur an Bedeutung. Das Ideal des Humanismus, der den Wert und die Talente des Menschen betont, ist die Grundlage für eine gehobene Bildung, dabei stehen Kultur, Geschichte und Kunst des klassischen Altertums im Zentrum des Unterrichts, denn die griechisch-römische Blütezeit gilt als Vorbild in Sitte und Wissen. Folglich gewinnt die Bildung im 18. Jahrhundert an Bedeutung, Fürsten fördern Künstler und Philosophen, denen sie oft Anstellungen am eigenen Hofe verschaffen.
Die Weimarer Klassik fällt in die Zeit eines Epochenumbruchs, eingeleitet durch die Französische Revolution 1789-1799. Die Französische Revolution sagt dem Absolutismus den Kampf an und wird dabei immer radikaler, was zur Errichtung der Jakobinerdiktatur in den Jahren 1793 und 1794 führt. Viele deutsche Bürger stehen der Jakobinerdiktatur ablehnend gegenüber - vor allem die Vertreter der Weimarer Klassik, die ja selbst am Hofe des Weimarer Herzogs angestellt waren und Gewalt verabscheuten. Die revolutionären Ideen werden trotzdem durch die Revolutionskriege 1792-1802 verbreitet. Weitreichende Auswirkungen hat auch die Herrschaft von Napoleon, der sich an die Spitze des französischen Staats putscht, die Revolution für beendet erklärt und sich zum Kaiser krönen lässt. Frankreichs Herrschaftsbereich dehnt sich unter ihm durch die Napoleonischen Kriege 1800-1814 bis nach Russland aus.

Literarische Merkmale

  • Ereignisse: Goethes Italienreise 1786-1788, während der er die Kunst des klassischen Altertums und eine leichte, direkte Art zu leben kennenlernt. Beginn der Freundschaft zwischen Schiller und Goethe 1794 und gemeinsames Schaffen.
  • Antike Kunst: Die antike Kunst zeichnet sich in der Vorstellung des 18. Jahrhunderts als eine Zeit der Echtheit, der Ideale und der Harmonie mit der Natur aus, die über alle politischen Probleme hinweg zeitlos ist.
  • Elite: Aus der Geniephase des Sturm und Drang etablierte sich eine kulturelle Elite.
  • Harmonie: Gefühl und Verstand sollen beide als wesentliche Bestandteile des Menschen und gleichberechtigt anerkannt werden und die Kunst soll beide Elemente verbinden. Das Zusammenspiel von Schönheit (sinnliche Erfahrung) und Ideal (geistige Idee) ist die perfekte Harmonie.
  • Sprache: Die Autoren der Weimarer Klassik legen Wert auf eine hohe Sprache mit vielen rhetorischen Stilmitteln und Tiefgang.
  • Form: Formal zeichnet sich die Weimarer Klassik durch eine Tendenz zur Regelmäßigkeit oder zumindest zur festen Form aus.

Naturbegriff

Auf einen Blick: Naturerkenntnisse und Selbsterkenntnisse
  • Abgrenzung von der Abstrahierung der Naturwissenschaften.
  • Verbindung von Einzelphänomenen und Naturgesetzen.
  • Naturerkenntnis als Schlüssel zur Selbsterkenntnis.
  • Naturerkenntnisse haben einen symbolischen, allgemeingültigen Wert.
  • Lehrgedichte: Typische Gattung, naturphilosophische Gestaltung.
  • Strengere Formen als im Sturm und Drang: Sonette (s. Beispiel), Oden, Balladen.
Die Epoche wird von Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller und ihrer gemeinsamen Schaffenszeit in Weimar geprägt. Daneben verfassen auch Friedrich Hölderlin und Heinrich von Kleist Texte, die in die Epoche einzuordnen sind. Die Themen des Sturm und Drang werden größtenteils übernommen, aber formal strenger gestaltet. Der Geniekult wird zurückgedrängt und stattdessen wird der Ausgleich von Gegensätzen zentral: Gefühl und Verstand, Pflicht und Trieb sowie Kunst und Natur werden nach dem Vorbild der Antike aufgearbeitet und miteinander verknüpft. Das Symbolhafte der Natur wird zum Mittelpunkt der Naturlyrik. Die Natur dient dazu, menschliches Verhalten zu reflektieren und bewusst zu machen. Naturerkenntnis ist der Schlüssel zur Selbsterkenntnis.

Beispiele

Natur und Kunst (Johann Wolfgang von Goethe, 1800)

Abb. 1: Natur und Kunst, Johann Wolfgang von Goethe (1800)
Weitere wichtige Beispieltexte der Epoche:
  • Gesang der Geister über den Wassern, Johann Wolfgang von Goethe (1779/1789)
  • Berglied, Friedrich Schiller (1804)
  • Der Spaziergang, Friedrich Hölderlin (1810)
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