Was ist freies Erörtern überhaupt?

Freies Erörtern bedeutet, dass man keine strikten Vorgaben hat, wie beispielsweise einen gegebenen Text, an dem man sich orientieren soll. Man ist also insofern frei, als dass man die Schwerpunkte seiner Erörterung in ihrer Argumentationsstruktur selbst setzen kann. Trotzdem muss die Erörterung immer fundiert sein und genau über ein Thema informieren.
Eine freie Erörterung ist nicht so sehr an formale Richtlinien gebunden wie eine textgebundene Erörterung. Das bedeutet, dass die rhetorischen Mittel variiert werden können und ein nicht ganz so trockener und sachlicher Schreibstil gewählt werden muss. Allerdings ist es immer noch eine Erörterung und deshalb kann mit diesen Mitteln zwar gespielt werden, jedoch nicht in zu hohem Maße, da sonst die Glaubwürdigkeit der Argumente darunter leidet.
Die freie Erörterung zielt auf die persönliche Auffassung über ein bestimmtes Thema. Man kann seine eigene Meinung beim Schreiben mit einbringen, indem man das Thema individuell bearbeitet, einzelne Aspekte stärker gewichtet oder sich spezialisiert. Dennoch ist hierbei Vorsicht geboten: Der Text sollte sachlich fundiert bleiben und durch das Spiel mit den Argumenten und Stilmitteln nicht seine inhaltliche Stimmigkeit verlieren.

Wie kann eine freie Erörterung aussehen?

In einer freien Erörterung wird meist ein kontroverses Thema aufgegriffen (Problemfrage) oder eine These (z. B. in Form eines Zitats) zur Diskussion gestellt. Dazu sollst du eine Stellungnahme verfassen. Wichtig ist, dass es hier keine Textvorlage gibt, nach der in der Aufgabenstellung konkret gefragt wird. Dir steht es außerdem frei, eine lineare oder eine dialektische Erörterung zu schreiben.

Lineare Erörterung

In einer linearen Erörterung sprichst du dich für oder gegen eine Sache aus. Du versuchst, den Leser von deinem Standpunkt zu überzeugen und blendest alles andere aus. Gegenargumente werden nicht genannt.
Beim Schreiben beginnst du mit dem schwächsten Argument, fährst fort mit dem etwas stärkeren und steigerst dich, um am Schluss das stärkste Argument zu nennen. Aus diesem Grund spricht man auch von einer steigernden Erörterung. Diese Strategie ist u. a. deshalb wichtig, weil dem Leser das letzte Argument am besten in Erinnerung bleibt.
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Dialektische Erörterung

Eine dialektische Erörterung betrachtet ein Thema abwägend. Es werden sowohl Pro- als auch Contraargumente aufgeführt. Dabei gibt es zwei mögliche Strategien für die Strukturierung: Entweder man führt zuerst alle Argumente der einen Seite auf und anschließend alle der anderen Seite (Sanduhrprinzip), oder man ordnet die Argumente so, dass sie sich abwechseln (These-Gegenthese-Modell). Beide Möglichkeiten sind bei jedem Thema denkbar und können je nach persönlichem Geschmack gewählt werden.
Sanduhrprinzip
Beim Sanduhrprinzip nennst du zuerst alle Argumente und Beispiele zur Gegenthese. Hierbei beginnst du mit dem stärksten Argument und endest mit dem schwächsten. Dann nennst du alle Argumente und Beispiele zur These, die deiner Position entspricht. Hierbei beginnst du mit dem schwächsten Argument und endest mit dem stärksten.
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These-Gegenthese-Modell
Beim These-Gegenthese-Modell nimmst du thematisch zueinander passende These und Gegenthese nacheinander auf. Mit den Thesen kannst du die davor genannten Gegenthesen direkt entkräften. Auch hier beginnst du mit dem schwächsten Argument für deine Position und endest mit dem stärksten.
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