Aufklärung

Auf einen Blick

  • Zeit: Die Epoche der Aufklärung datiert man insgesamt auf den Zeitraum von 1650 bis 1800. Als Literatur der Aufklärung bezeichnet man jedoch meist diejenigen Werke, die erst zwischen 1720 und 1800 entstanden sind. So positioniert sich die Aufklärung zwischen den literarischen Epochen Barock und Klassik.
  • Geschichtlicher Hintergrund: Aufstieg und Emanzipation des Bürgertums , Französische Revolution als Höhepunkt der Epoche, Aufgeklärter Absolutismus, Aufklärung als Meilenstein auf dem Weg in die Moderne.
  • Autoren: Philosophische Literatur besonders vertreten (Voltaire, Montesquieu, Rousseau), Drama (Lessing), Aufstieg des Romans (Wieland, Lichtenberg).
  • Leitsatz: Berühmter Ausspruch des Philosophen Immanuel Kant: „Sapere aude!“ (frei übersetzt: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“)
  • Merkmale: Aufstieg des Bürgertums und damit das Entstehen einer kritischen Öffentlichkeit, Etablierung einer von den Naturwissenschaften beeinflussten Weltsicht, Erkenntnis durch Vernunft (Rationalismus), durch Sinneswahrnehmung (Sensualismus) und durch Erfahrung (Empirismus), Betonung der Naturwissenschaften, Herausbildung einer neuen Funktionen von Literatur (vermittelt zwischen Philosophie und dem Bürgertum), Entstehung neuer literarischer Gattungen.
  • Themen: Kritik am absolutistischen Herrschaftssystem, Bildung und Erziehung des Individuums, Moralität als höchster Wert, Befreiung des Bürgertums, naturwissenschaftlich begründetes Weltbild.

Definition

Abb. 1: Holzstich L‘atmosphère, Paris 1888.
Dieser Holzstich eines unbekannten Künstlers wurde erstmals in dem Band L‘atmosphère. Météorologie populaire von dem französischen Autor und Wissenschaftler Camille Flammarion abgedruckt. Es zeigt einen Menschen, der gemäß einem mittelalterlichen Weltbild den Rand den Erdrand erreicht. Die Sonne als Symbol der erhellenden Aufklärung läutet am linken Bildrand eine neue Epoche ein.
Als Aufklärung bezeichnet man eine in der Mitte des 17. Jahrhunderts einsetzende geistige Strömung in Europa, die darauf abzielte, unter Berufung auf vernunftgeleitetes Handeln (lat. ratio, die Vernunft) und mithilfe der Naturwissenschaften, breiten gesellschaftlichen Fortschritt zu erzielen. Dazu mussten das traditionelle, oft noch von Mittelalter herrührende Herrschaftssystem geistig durchbrochen werden, damit ein neues System entstehen konnte, in dem fortan die Interessen des Individuums in den Mittelpunkt gestellt und gewahrt werden konnten. In anderen Sprachen wird Aufklärung oft als „Zeitalter der Erleuchtung“ (z.B. englisch: Age of Enlightenment) umschrieben.In diesem Sinne wollten die Vertreter der Aufklärung mit ihren Gedanken das Licht der Erkenntnis verbreiten, das die dunkle Epoche des vorangegangenen Mittelalters erhellen und gleichzeitig überwinden sollte. Wesentliches Anliegen der Aufklärer war zunächst das Vorantreiben der Emanzipation des sich entwickelnden Bürgertums. Dazu zählte besonders die Entwicklung und Formulierung von Grund-, Menschen- und Bürgerrechten und die Konzentration auf den Ausbau eines umfassenden Bildungssystems. Die Loslösung der bürgerlichen Schichten von traditionellen Bindungen und Unfreiheiten war dabei das Ziel. Es galt, gesellschaftlichen Spannungen rational zu begegnen und diese mithilfe von Toleranz und Optimismus zu lösen. Impulse dieser gesamt-gesellschaftlichen Tendenzen fanden ihren Niederschlag besonders in der Literatur - denn die Literatur wurde damals aufgrund verbesserter Drucktechnik zu einem Allgemeingut und war nicht mehr nur der Elite verfügbar. Viele der aufklärerischen Gedanken, die in dieser Epoche entwickelt wurden, beeinflussen das Miteinander in europäischen Gesellschaften noch heute.

Geschichtlicher Kontext

Die literarische Aufklärung stützte sich auf geistig-kulturelle Impulse der Renaissance (Kulturepoche des 15. und 16. Jahrhunderts) und wurde ebenfalls von der Reformation beeinflusst. Sie kann also als Fortführung breiter kultureller Bestrebungen betrachtet werden, die versuchten, das Mittelalter, das den Aufklärern als rückständig galt, zu überwinden und den Weg in die Moderne einzuläuten. Historischer Höhepunkt und gleichzeitig Endpunkt der europäischen Aufklärung war die Französische Revolution (1789-1799), die als prägendstes Ereignis der Frühen Neuzeit die absolutistische Ständeordnung (zumindest in Frankreich) abschaffte und viele Ideen der Aufklärung umzusetzen vermochte (Stichworte: Freiheit, Gleichheit, Gerichtbarkeit). Im 18. Jahrhundert hatte man es besonders im deutschen Raum mit einer Abwandlung der klassischen Aufklärung zu tun, nämlich mit dem Aufgeklärten Absolutismus. Dies war der Versuch einiger führender Herrscher in Europa, Ideen und Gedanken der Aufklärer aufzunehmen und in Teilen in Form von Reformen umzusetzen. Besonders in den Großmächten Preußen (unter König Friedrich II.) und Österreich (unter Joseph II., der zwischen 1765 und 1790 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war) hatte der Aufgeklärte Absolutismus Hochkonjunktur.

Merkmale der Aufklärung

Mit der Aufklärung begann Schritt für Schritt die Formierung des Bürgertums und sein sozialer Aufstieg innerhalb der absolutistischen Gesellschaft. Gleichzeitig bedeutete dies den Niedergang des Adels. Zunehmende Kritik an der Unterdrückung des Menschen durch die Kirche und den autoritären Staat sind das wichtigste Merkmal dieser Epoche. Verbunden mit einer noch nie dagewesenen Massenproduktion von Büchern und literarischen Zeitschriften, die durch die Erfindung des Buchdrucks um 1500 möglich wurde, entstand somit eine breite Öffentlichkeit von Bürgerlichen, die für ihre Interessen öffentlich eintrat. Insgesamt wandte sich die aufklärerische Literatur des 18. Jahrhunderts gegen die zuvor in der Epoche des Barock etablierten Wertvorstellungen (z.B. die Abkehr von der Welt als vergänglichem Zustand und Zuwendung zum Jenseits und dem Glauben). Bürgerliche Tugend (durch vernünftiges und moralisches Handeln) und optimistischer Fortschrittsglaube waren fortan die Leitmotive, mit denen die Literatur der Aufklärung aufwartete. Oftmals wurden diese Leitideen dem Leser unterhaltsam und gleichzeitig lehrreich dargeboten. Hier wurde besonders die Fabel als Gattung bevorzugt benutzt, die eine moralische Belehrung mit sinnlicher Anschauung verband. Der tiefgreifende Umbruch im Denken der Menschen und die Veränderungen innerhalb des kulturellen Lebens zeigten sich auch in einem Wandel der Funktion von Literatur. Sie richtete sich fortan verstärkt an ein bürgerliches Publikum und nicht mehr an den Adel. In diesem Zuge entstanden, neben der Fabel, auch weitere neue Formen literarischer Gattungen. Das Drama erfuhr beispielsweise durch die Entwicklung des bürgerlichen Trauerspiels, das im deutschsprachigen Raum besonders mit dem Namen Gotthold Ephraim Lessings verbunden ist, eine neue Stoßrichtung. Neu war hier, dass nun der gewöhnliche Bürger zum Protagonisten emporstieg und seine Lebenswelt Gegenstand der Handlung war. In der Mitte des 18. Jahrhunderts formierte sich in der Lyrik eine geistige Strömung, die man Empfindsamkeit nennt. Für Vertreter dieser literarischen Tendenz stellten überschwängliche Emotionen keine Schwäche menschlichen Daseins dar (wie etwa noch im Barock, wo das Vanitas-Motiv als Sinnbild für die Sinnlosigkeit zerstörerischer Leidenschaft die Lyrik dominierte), sondern Gefühle wie Liebe und Leidenschaft wurden vielmehr als Grundlage der Gesellschaft betrachtet. Gleichzeitig erfuhr die Prosa in der Aufklärung eine enorme Aufwertung und der Brief- und Bildungsroman entstand. Besonders wichtig für die Entwicklung in Deutschland waren beispielsweise die Prosawerke von Christoph Maria Wieland, dessen Bildungsroman Geschichte des Agathon 1766/67 entstand, oder der Roman Anton Reiser (1785/86) von Karl Philipp Moritz. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kritisierte eine neue, von dem französischen Schriftsteller und Philosophen Rousseau beeinflusste geistige Strömung, der "Sturm und Drang", Teile der klassischen Ideen der Aufklärer. Zu Vertretern dieser Tendenz zählten beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Sie betonten zusätzlich zur Vernunft die Emotionen als Grundlagen menschlichen Handelns. Daneben schufen eine Reihe von Philosophen im Zeitalter der Aufklärung neue Staatstheorien, die den Übergang vom absolutistischen Herrschaftssystem zu modernen Regierungssystemen ebneten. Die Idee der Gewaltenteilung (in Exekutive, Judikative und Legislative), die der französische Staatstheoretiker Montesquieu entwickelte, sollten dabei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sichern. Das größte literarische Projekt der Aufklärung stellte die in Frankreich ab 1750 entwickelte Enzyklopädie dar, die das Wissen der Menschen sammeln sollte. Gemeinsam war allen literarischen Erzeugnissen, die in der Epoche der Aufklärung verfasst wurden, dass sie sich selbstbewusst gegen die absolutistische Herrschaft und die rigide Politik der Kirche richteten und somit den Weg des Individuums in die Moderne ebneten. Dabei sollten diese Werke nicht nur unterhalten, sondern die Leser auch bilden und etwas für das alltägliche Leben mitgeben - auch die Literatur sollte dazu beitragen, die Ziele der Aufklärung zu erfüllen.

Wichtige Werke und Autoren

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
    Miss Sara Sampson (1755)
    Minna von Barnhelm (1767) Emilia Galotti (1772)
    Nathan der Weise (1779)
Christian Fürstegott Gellert (1715-1767)
    Die Betschwester (1745)
Christoph Maria Wieland (1733-1813)
    Geschichte des Agathon (1766/67)
Voltaire (1694-1778)
    Candide, ou l‘optimisme (1759)
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)
    Émile ou De l‘éducation (1762)
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