Steckbrief

Beruf:
  • Studium der Rechte in Königsberg von 1792-1798
  • 1800: Gerichtsassessor in Posen, erzwungene Versetzung nach Plock 1802
  • 1806: kriegsbedingte Arbeitslosigkeit
  • 1806-1814: erste literarische Veröffentlichungen, Kapellmeister in Bamberg
  • 1814: Anstellung im Kammergericht in Berlin nach der Niederlage Napoleons
  • 1814-1822: Nebeneinander von literarischen Veröffentlichungen und Staatsdienst

Biographie

Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann wurde am 24. Januar 1776 in Königsberg als jüngstes von drei Kindern geboren. Seine Eltern stammten aus traditionsreichen Juristenfamilien. Sein Vater Christoph Ludwig Hoffmann war Advokat in Königsberg, seine Mutter Luise Albertine Hoffmann, geb. Dörffer, dessen Cousine. 1778 ließen sich die beiden scheiden, E.T.A. Hoffmanns Vater galt als Alkoholiker, seine Mutter als hysterisch. Fortan wuchs Hoffmann im Elternhaus seiner Mutter auf, in welchem auch der Romantiker Zacharias Werner (1768-1823) mit seiner psychisch kranken Mutter wohnte. Ernst Theodor Wilhelm Hoffmanns Verwandte kümmerten sich liebevoll um den jüngsten Spross der Familie und sorgten so für eine gute Erziehung des kleinen Hoffmann. 1782 wurde E.T.H. Hoffmann in die Burgschule in Königsberg eingeschult, wo er seinen Freund Theodor Gottlieb von Hippel (1775-1843) kennenlernte, der ihm in späteren Lebenskrisen in seiner Position als Politiker viele Male zur Seite stand.
Hoffmann schlug den Weg seiner Vorfahren ein und begann 1792 das Studium der Rechte in Königsberg. Schon in diesem jungen Alter zeigte sich aber, dass Hoffmann sich nicht mit der Laufbahn des Juristen zufriedengab: Er interessierte sich für Literatur, Zeichenkunst und Musik, komponierte bereits, seit er 13 Jahre alt war. Seine künstlerischen Interessen belasteten sein Studium nicht, er erbrachte trotz seiner vielfältigen Aktivitäten gute Ergebnisse. Belastender war seine Liebe zur neun Jahre älteren fünffachen Mutter Dora Hatt, die er 1792 in seiner Tätigkeit als Musiklehrer kennengelernte. Trotz des Rats seines Freundes von Hippel, der mit ihm studierte, beendete Hoffmann die Beziehung nicht und leistete sich 1796 einen Skandal, indem er in eine öffentliche Auseinandersetzung mit einem anderen Geliebten der Dora Hatt geriet. Hoffmann führte sein Studium daher in Glogau fort, wo er sein zweites Staatsexamen 1798 mit der Note „vorzüglich“ abschloss. Die anschließende zweijährige Referendariatszeit verbrachte er bei seinem Onkel in Berlin, wo er eine lebendige Theater- und Musikwelt vorfand, deren Eindrücke ihn ein Leben lang prägten.
Offensichtlich wollte Hoffmanns Onkel die Familienbande mit einer Heirat stärken, weshalb sich E.T.H. Hoffmann 1800 mit seiner Cousine Minna Dörffer verlobte - E.T.H. Hoffmann liebte sie jedoch nicht und heiratete die Polin Maria Thekla Michalina Rorer-Trzynska nur zwei Jahre später. 1802 ist auch das Jahr eines Skandals, der den jungen Juristen berüchtigt machen sollte. Beim Karneval in Posen verteilten maskierte Unbekannte Karikaturen, die Vertreter von Posens städtischer Elite zeigten und ins Lächerliche zogen. Zwar konnte kein Täter ausfindig gemacht werden, doch vermutete man E.T.H. Hoffmann und andere Juristen hinter dem Karnevalsspaß. Hoffmann, der sich stets nach den großen Städten im Westen gesehnt hatte, versetzte man daraufhin nach Plock, also in den Osten. E.T.H. Hoffmann kompensierte die Schmach der Strafversetzung mit außerordentlich guter Arbeit in seinem Beruf und Kompositionen, die ihn zu einer lokalen Berühmtheit machten. Hippel vermittelte seinen Freund 1804 schließlich nach Warschau, wo er mehr Gehalt erwartete. Auch dort sollte Hoffmann aber nicht bleiben, denn die Stadt wurde 1806 von Napoleon erobert. Die Beamten standen vor der Wahl, einen Eid auf Napoleon abzulegen oder aber die Stadt zu verlassen. E.T.A. Hoffmann entschied sich für letzteres und war damit arbeitslos. Für Hoffmann war es eine Chance. Er verließ die Frau, die er nicht wirklich liebte und seine zweijährige Tochter Cäcilia, um in Berlin als Künstler zu leben. Dort änderte er auch seinen Namen in Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, in Andenken an Wolfgang Amadeus Mozart. Er versuchte, seine Zeichnungen zu verkaufen, sandte seine Kompositionen an Musikverlage und sprach bei Theatern vor, doch er blieb erfolglos. Einen großen Erfolg erzielte er aber in dieser Zeit: Ihm wurde die Stelle des Kapellmeisters am Bamberger Theater zugesagt. Allerdings wurde dieser Posten erst im Jahre 1808 frei, sodass Hoffmann die restliche Zeit in Berlin ohne feste Arbeit leben musste. Wieder half ihm sein Freund Hippel mit einem Darlehen. Anscheinend half sich Hoffmann mit einer Berliner Geliebten über die Einsamkeit und die Misserfolge hinweg, denn er erkrankte in Abwesenheit seiner Familie an Syphilis.
Die Affäre führte nicht zum Scheitern der Ehe, denn er zog mit seiner Frau (die Tochter war gestorben) 1808 zusammen nach Bamberg. Als das Theater bereits 1809 Konkurs anmeldete und Hoffmann seine Stelle nach nur wenigen Monaten verlor, versuchte er sein Glück zum ersten Mal mit der Schriftstellerei - und flugs wurde seine Erzählung Ritter Gluck in der Allgemeinen musikalischen Zeitung von Leipzig abgedruckt, in welcher er fortan auch Musikkritiken veröffentlichte. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche seiner Geschichten und Erzählungen in dieser Zeitung gedruckt. 1810 konnte Hoffmann eine Stelle als Direktionsgehilfe am neu gegründeten Bamberger Theater einnehmen. Einen kleinen Skandal erlaubte sich Hoffmann, als er sich in seine Gesangsschülerin Julia Mark verliebte, und zwar so offensichtlich, dass sich die Eltern des Mädchens nicht anders zu helfen wussten, als sie 1812 zu verheiraten und damit Hoffmanns Zugriff zu entziehen. Hoffmann zog daher nach Dresden, wo er die Opern Aurora und Undine veröffentlichte.
Hippel verschaffte ihm 1814 nach der Niederlage Napoleons eine Stelle am Kammergericht in Berlin, die E.T.A. Hoffmann auch gleich einnahm. Dort arbeitete er als Kammergerichtsrat (eine hohe Position im Landesgericht), während er quasi „nebenher“ weiterhin schrieb. In seiner Berliner Zeit veröffentlichte E.T.A. Hoffmann zahlreiche Werke, so die Fantasiestücke, den Roman Die Elixiere des Teufels und die Nachtstücke. Der Jurist und Autor erlangte Berühmtheit und die Freundschaft der damaligen romantischen Geistesgrößen Adalbert von Chamisso und Clemens Brentano. 1819 wurde E.T.A. Hoffmann in die Immediatskomission aufgenommen, welche aufgrund der Karlsbader Beschlüsse 1819 gegründet worden war. Ihre Aufgabe war es, „Demagogen“ zu verurteilen, also Menschen, die für Demokratie, Liberalismus und die nationale Einheit eintraten. Hoffmann und seine Kollegen führten aber, zum Ärger des Ministerialdirektors im Polizeiministerium, Karl von Kamptz, faire Prozesse, sie verurteilten niemanden wegen seiner Gesinnung. So trat Hoffmann auch für den Freispruch des berühmten Turnvaters Jahn ein, dessen Fall er bearbeitete. Seine Erfahrungen mit Kamptz, der verbissen versuchte, Demokraten und Nationalisten eine Schuld nachzuweisen, verarbeitete Hoffmann 1822 im Werk Meister Floh. Die Ähnlichkeiten mit einem Fall, den die Immediatskomission bearbeitet hatte, waren so groß, dass Kamptz sich selbst in der Figur des Geheimen Hofrats Knarrpanti entdeckte. Hoffmann wurde angeklagt, geheime Prozessakten in seinem Werk veröffentlicht zu haben. Das Ende seines eigenen Strafprozesses erlebte Hoffmann aber nicht mehr, denn er starb am 25. Juni 1822.

Werk und Einordnung

E.T.A. Hoffmann kann man als romantisches Genie bezeichnen, als Sinnbild seiner Epoche. Er war kein Kopist der Werke Schlegels und Novalis‘, die als Begründer der Romantik gelten, sondern hat deren Ideen durch seine eigenen ergänzt. Zwar war er zu seinen Lebzeiten nicht der berühmteste romantische Autor, doch wird er heute als einer der kreativsten Köpfe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewertet. Zum einen vereinte er, was den Künstler seiner Epoche ausmachte, was Schlegel und Novalis stilisierten: Er war Autor, Zeichner und Komponist, versuchte, die verschiedenen Kunstarten zu vermischen. So referieren manche Charaktere seiner Erzählungen über berühmte Kunstwerke oder Musikstücke, die Texte zu seinen Opern schrieb er selbst, manchen seiner Geschichten liegen Zeichnungen bei. E.T.A. Hoffmann gab sich nie mit dem Erreichten zufrieden, suchte stets auf allen Bereichen der Kunst nach Möglichkeiten, sich auszudrücken. „Typisch romantisch“ war auch der Grad seiner Aktivität: Er komponierte dutzende Musikstücke und schrieb über 50 Werke, deren größter Teil in den Sammlungen Fantasiestücke (1814), Nachtstücke (1816/1817) und Die Serapionsbrüder (1819/1821) zusammengefasst ist.
Hoffmanns Leistung erscheint noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass er seinen Beruf als Jurist zu keiner Zeit vernachlässigte. Er selbst sagte hierzu:
„Die Wochentage bin ich Jurist und höchstens etwas Musiker, sonntags, am Tage wird gezeichnet, und abends bin ich ein sehr witziger Autor bis in die späte Nacht.“
Ein Nebenher von Alltag, Realität auf der einen Seite und der Phantasie sowie dem Wahn auf der anderen Seite prägt auch seine Werke. Es gibt kein rein phantastisches Werk Hoffmanns, es kommt aber auch keines ohne zumindest Momente des Geheimnisvollen und Unwirklichen aus. Hoffmann versuchte, seine Kreativität durch Alkohol zu steigern - viele seiner Werke haben durchaus „rauschhaften“ Charakter. Man hat den Eindruck, als wolle Hoffmann sich ebenso sehr von der Realität lösen, als er sie in seinen Erzählungen verarbeitet. Diese Zweiteilung, dieser Widerspruch von Wirklichkeit und Phantasie zeigt sich besonders im Kunstmärchen „Der goldne Topf“ aus den Fantasiestücken. Dort findet sich der Student Anselmus zwischen der nüchternen Realität, in welcher er eine Karriere als Hofrat anstrebt, und der Fantasie hin- und hergerissen. Der Leser ist sich im Unklaren darüber, ob die Geschichte um den Archivarius Lindhorst, der sich im Laufe des Märchens als Salamander aus dem Reich der Poesie Atlantis erweist, der Wirklichkeit entspricht. Anselmus findet schließlich den Weg nach Atlantis und der Erzähler des Werkes plädiert für ein Leben in der Poesie, um die Wirklichkeit zu ertragen. Dies verdeutlicht E.T.A. Hoffmanns Kunstauffassung: Diese hat nicht das Ziel, die Wirklichkeit allegorisch darzustellen, sondern die Phantastik in den Werken soll dem Leser eine Welt abseits der Wirklichkeit erlffnen. Das Prinzip der Kunst steht dem am Alltag orientierten Philistertum (Spießbürgertum) entgegen.
Realitätsbezug und Phantastik schließen sich bei Hoffmann also nicht aus; tatsächlich findet sich in seinen Werken oftmals Kritik an der Gesellschaft. So verarbeitet sein Kunstmärchen Meister Floh von 1822 seine Erfahrungen in der Immediatskommission, das Thema der ungerechten Justiz findet sich auch in der Novelle Das Fräulein von Scuderi aus den Serapionsbrüdern. Realitätsbezogen sind auch die Stellen, in welchem die Akteure der Erzählungen über Kunst diskutieren - Hoffmann nutzte seine Werke als Medium, um seine eigene Kunstauffassung kundzutun. Ähnlich tat dies später Georg Büchner, in dessen Werken auch über die Kunst an sich debattiert wird.
Ein weiteres Merkmal von Hoffmanns Literatur ist die Unwissenheit des Lesers, was in den Werken Wirklichkeit und was Wahn ist. Besonders die Nachtstücke und der Roman Die Elixiere des Teufels befassen sich mit dem Wahn, wobei die Unwissenheit des Lesers zur Steigerung des Schauereffekts dient. Oftmals eskaliert eine zuerst rationalistisch beschriebene Situation wie in der Erzählung Der Sandmann aus den Nachtstücken. Der Protagonist Nathanael beobachtet als Kind seinen Vater bei der Durchführung alchemistischer Experimente mit dem Advokaten Coppelius. Dabei geht die Beschreibung des Experiments zu einer Horrorvision über, in welcher Nathanael meint, Coppelius reiße ihm Füße und Hände aus. Nie weiß der Leser, wo die Stelle von Wahn und Wirklichkeit überschritten wird. Zu einem bedeutenden Autoren von Schauergeschichten macht Hoffmann auch die Verwendung von psychologischem Wissen. Melancholiker, Maniker, Hysteriker, Schizophrene - sie alle finden sich in Hoffmanns Geschichten. Zumeist versucht er, dem dargestellten Horror eine psychologische Komponente zu geben und nicht nur als Werk des Bösen darzustellen. Er hat somit die Nachtseiten des menschlichen Lebens, das in ihm schlummernde Böse und den Wahn als erster deutscher Autor gezielt und in einer Vielzahl von Werken literarisch behandelt.
Zwar ist E.T.A. Hoffmann heute vor allem für seine phantastischen und schaurigen Geschichten bekannt, doch sollte man ihn nicht als rein eskapistischen Autoren sehen, der sich eine Idealwelt erschafft. Selbst im goldnen Topf bleibt die Ungewissheit, ob Atlantis wirklich existiert, in dem Kunstmärchen wird auch der Kampf zwischen der Realität und der Fantasie beschrieben. Hoffmann ist auch in seinen scheinbar der Welt enthobenen Geschichten stets gesellschaftlich relevant, weil er den Wahnsinn thematisiert und die Probleme der damaligen Gesellschaft. So greift etwa der Sandmann die Angst im 19. Jahrhundert vor dem Verlust der Menschlichkeit durch den Fortschritt der Technik auf; in den Elixieren des Teufels verliert der Mönch Medardus zeitweilig den Sinn für seine Identität, da ihm ein Doppelgänger auf Schritt und Tritt folgt. Bemerkenswert ist, wie einer der wesentlichen Vertreter der Schwarzen Romantik, die sich mit der Nachtseite der Welt befasst, den Leser immer im Zweifel darüber hielt, was nun im Werk tatsächlich geschehen war.
E.T.A. Hoffmann hat zwar weniger zur Entwicklung des Romans beigetragen (er verfasste nur einen einzigen), doch war er ein sehr versierter Novellenkünstler. Zumeist ereignet sich in seinen Erzählungen ein besonderes Ereignis, das gleichsam als gewaltsamer Eintritt des Schicksals in das Leben des Protagonisten interpretiert wird. Der Protagonist muss sich fremden Mächten entgegenstellen oder ergründet ein Geheimnis. Das Fräulein von Scuderi konzentriert sich auf letzteren Aspekt und stellt die erste deutsche Kriminalnovelle dar: Die Autorin von Scuderi deckt eine Serie von unerklärlichen Verbrechen auf, die sich in Paris ereignen. Hierfür und für die Vermischung von Wahn und Wirklichkeit, Schrecken und dem Hoffmann‘schen Humor, der ironisch über die Gesellschaft witzelt, ist Hoffmann eine herausragende Rolle in der deutschen Literaturgeschichte einzuräumen.

Form und Sprache

Für E.T.A. Hoffmanns Zwecke eignete sich die Form der Novelle oder der Erzählung am besten, denn er war ein Autor des Ungewöhnlichen, Witzigen und Unheimlichen, der innerhalb seiner Werke die Grenzen zwischen Einbildung und Wirklichkeit verschwimmen ließ. Seine Erzählungen beziehen sich meistens auf eine sonderbare Begebenheit, nur der Roman Die Elixiere des Teufels schildert die gesamte Lebensgeschichte seines Protagonisten, er von Ort zu Ort getrieben wird, wobei ihm das schreckliche Schicksal seiner mit einem Fluch belasteten Familie folgt. Der Roman Lebens-Ansichten des Katers Murr, der verschiedene geistige Strömungen seiner Zeit in einem Bildungsroman satirisch behandelt, blieb Fragment. Das Publikum, das Hoffmann erreichen wollte, wollte von der Literatur auch unterhalten werden. Gerade Novellen und Erzählungen ließen sich leicht verlegen, wurden gut verkauft und waren ideal, um eine schaurige oder groteske Geschichte zu erzählen.
Besonderen Wert legte E.T.A. Hoffmann darauf, dem Leser den Eintritt in seine literarische Welt zu ermöglichen. Seine Leser sollten die Geschichte fühlen, die Wirklichkeit vergessen. Ein Mittel zum Zweck ist die Erzählperspektive in vielen Werken Hoffmanns. Zumeist läutet ein Herausgeber die Geschichte ein, der angibt, in Besitz von Dokumenten zu sein, die die Vorkommnisse belegen oder der selbst die Geschichte (wenn auch nicht als Protagonist) miterlebt hat oder zumindest von ihr weiß. Seine Funktion ist es, die Geschichte einzuleiten und dem Leser das Gefühl zu geben, der präsentierte Text sei wahr. Hoffmann verringert durch die direkte Ansprache durch den Herausgeber die Distanz von Leser und Werk, wodurch schon vor Beginn der eigentlichen Geschichte ein Eindruck der Lebendigkeit und Brisanz des Werks entsteht.
Ein weiterer Anspruch E.T.A. Hoffmanns an sich selbst und seine Literatur ergibt sich aus dem serapiontischen Prinzip, welches er mit Adalbert von Chamisso und anderen künstlerisch und kulturell Interessierten im Kreise der Serapionsbrüder entwickelte. Diese Gesellschaft, welche mit E.T.A. Hoffmann aus etwa sieben Mitglieder bestand, war ein Bund von Bürgerlichen und Künstlern, die sich als Befürworter oder gar Beteiligte der romantischen Epoche sahen. Das serapiontische Prinzip als ästhetische Leitlinie besagt, dass der Künstler seine innere Welt, also die Eindrücke aus der äußeren Welt, die er durch die Phantasie verarbeitet, verfremdet und zu einem neuen Zusammenhang formt, durch die Literatur nach außen tragen soll. Den Lesern soll also die innere Welt des Autors im Werk aufgeschlossen werden, er soll die Geschichte nicht nur lesen, sondern erleben. Damit die nach dem serapiontischen Prinzip gestaltete Geschichte auch erlebbar ist, soll der Autor all das, was er beschreibt, in seinem Innern bereits erlebt haben. Das heißt nicht, dass er beispielsweise mit Geistern Kontakt gehabt haben soll, sondern dass er quasi vor dem Schreiben oder beim Schreiben selbst fühlt, was er schreibt. Als Patron der Serapionsbrüder dient der Heilige und Erimit Serapion, der abgeschieden von der Welt lebte. Gleich ihm soll der serapiontische Autor in seiner eigenen poetischen Welt leben (siehe die Handlung von Der goldne Topf). Nicht distanziert und nüchtern soll der Autor schreiben, sondern so, dass seine Leser sich in die Handlung und die Personen hineinversetzen können. Das Phantastische soll durch zahlreiche Details fassbar gemacht werden und dient als Maxime - keine beschreibende Literatur, die die Wirklichkeit allegorisch darstellt, sondern das Greifbarmachen der Phantasie ist das Ziel.
Dementsprechend versuchte Hoffmann auch, durch seine Sprache dem Leser den Eindruck zu vermitteln, den er selbst von seinem Werk hatte. Er verwendet daher oft eine Überfülle von Adjektiven, die dem Leser die Umgebung genau schildern:
„Du würdest dich mit mir auf dieselbe, in duftige Stauden und bunt glühende Blumen halb versteckte, steinerne Bank setzen; du würdest, so wie ich, recht sehnsüchtig nach den blauen Bergen schauen, die sich in wunderlichen Gebilden hinter dem sonnichten Tal auftürmmen“
(E.T.A. Hoffmann: Die Elixiere des Teufels, Köln, Anaconda Verlag 2010, S. 7)
Da das Gefühl als wichtigstes Element der Romantik galt, versuchte auch Hoffmann, die Gefühle der Figuren in seinen Werken in Szenen wie dieser darzustellen, indem er fast jedem Nomen ein Adjektiv zuordnet. Die Fülle an Sinneseindrücken verdichtet sich an Stellen wie obiger zu einer Synästhesie. So entstehen starke Bilder, die das Gefühl des Lesers anregen sollen.
Zur Darstellung des Wahnsinns nutzt Hoffmann sowohl subtile, als auch explizite Mittel. Zu den subtilen Mitteln gehört die Unklarheit über Wahn und Wirklichkeit, die sich durch viele seiner Werke zieht. Ein Schizophrener hält sich schließlich selbst nicht für verrückt, sondern erlebt seine Halluzinationen als Normalität. So geht auch das Geschehen in Hoffmanns Werken unversehens und ohne merklichen Stilbruch in den Wahnsinn über, der Leser weiß nicht, was er nun für Wahn und was für die Realität halten soll. Hoffmann bezweckt, den Leser das Gefühl zu geben, sich in einem Traum zu befinden, der seiner eigenen Logik folgt. Explizit stellt Hoffmann aber den erlebten Wahnsinn durch die Sprache dar. Die Rede der Wahnsinnigen folgt daher nicht unbedingt den grammatikalischen Regeln, ist durch Gedankenstriche und sonstige Pausen gekennzeichnet. Hoffmann wandelt das Gestammel psychisch Kranker auch in ein literarisches Gestammel um, indem er deren Sprache „aufbricht“.
Zu den Merkmalen Hoffmann‘scher Ästhetik gehört zusätzlich zur Erleichterung des Erlebens der Handlung noch die Verwendung von Leitmotiven. So spielen Augen eine wichtige Rolle im Sandmann, welcher u.a. die Frage stellt, wodurch sich ein Mensch von der Maschine unterscheidet. In der Novelle Das Fräulein von Scuderi zieht sich die Motivik des Glanzes und des Schmucks, wobei im Werk nach den Intentionen des Künstlers und dem Gehalt guter Kunst gefragt wird - der Glanz steht hier für den falschen Schein. Die Elixiere des Teufels behandeln u.a. das Thema Leidenschaft, welches an zahlreichen Stellen als glühend heißes Feuer beschrieben wird, auch als feuriger Glanz in den Augen. Diese Motive haben gemeinsam, dass sie einerseits starke Bilder sind, die die Phantasie des Lesers anregen, aber auch das Thema des jeweiligen Werks komprimiert darstellen und so das Verstehen erleichtern.
Bekannt ist E.T.A. Hoffmann auch für seinen Humor, den er sich selbst hoch anrechnete, der aber auch von manchen seiner Zeitgenossen kritisiert wurde. Als Karikaturist schätzte Hoffmann vor allem das Groteske. Der harmlosen Groteske, z.B. die Offenbarung, dass der Archivarus Lindhorst in Wahrheit ein Salamander ist, steht die durchaus gallige Groteske in seinen schaurigen Werken gegenüber. Grotesk mag es anmuten, dass Nathanael im Sandmann durch die Betrachtung eines Busches wahnsinnig wird und seine Geliebte vom Turm schmeißt oder seine Liebe zu einer Maschine namens Olimpia, welche wie eine junge Frau aussieht, die neben der komischen auch eine beunruhigende Komponente hat. Als humoristisches Mittel setzt Hoffmann auch auf die Ironie, mit der er die Gesellschaft kritisiert. Manche Passagen in seinen schaurigen Werken haben so auch einen satirischen Charakter, z.B. als die Bürger einer Stadt im Sandmann Maßnahmen ergreifen, die einen Menschen von Maschinen unterscheiden soll - so sollen Mädchen zwei Dinge gleichzeitig tun und schief singen. Hoffmann karikiert hier das Spießbürgertum, dass panisch versucht, sich als tatsächlich fühlendes Wesen auszuzeichnen und nicht bloß als lebloser Automat.

Wichtige Werke

  • 1814/1815 Fantasiestücke in Collots Manier, Sammlung von Erzählungen und Kunstmärchen, darunter der Goldne Topf
  • 1815/1816 Die Elixiere des Teufels, Roman
  • 1816/1817 Nachtstücke, Sammlung von Schauergeschichten, darunter der Sandmann
  • 1819 Klein Zaches, genannt Zinnober, Kunstmärchen
  • 1819/1821 Die Serapionsbrüder, Sammlung von diversen Essays, Erzählungen und Novellen, darunter Das Fräulein von Scuderi
  • 1819/1822 Lebens-Ansichten des Katers Murr, satirischer Roman
  • 1822 Meister Floh, Kunstmärchen, führte zu einem Verfahren gegen E.T.A. Hoffmann