Einführung
Abb. 1: Ein erfrischender Cocktail - doch aus einem können viele werden
Verkehrsunfälle gab es , an dem mindestens ein Beteiligter unter Einfluss eines berauschenden Mittels stand. Oftmals bleiben alle Beteiligten unverletzt, doch nicht immer ist das der Fall. Menschen starben, Menschen wurden schwer verletzt.
Das ist eine erschreckende Zahl. Dabei trifft es nicht nur den Menschen, der so unverantwortlich war in seinem berauschten Zustand Auto zu fahren. Es trifft auch Unschuldige, die nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnten.
In diesem Skript wollen wir uns mit Drogen beschäftigen. Wir wollen uns anschauen, was bei Drogenkonsum und Suchtverhalten mit deinem Körper passiert und wie du wieder von den Drogen loskommst.
Drogen und Sucht im Allgemeinen
Bei einer Droge denkst du vielleicht an die vielen illegalen Stoffe wie Ecstasy, Kokain oder Cannabis. Das Spektrum ist jedoch noch viel größer. Es gibt einige legale Drogen wie Alkohol, Zigaretten oder Medikamente. Der Begriff Droge wurde ursprünglich für pflanzliche Heilmittel verwendet. Man findet diese Bedeutung heute noch im englischen drug für Medikament. Heutzutage wird der Begriff jedoch für einen Stoff verwendet, der in die natürlichen Abläufe des Körpers eingreift und deine Stimmung, Gefühle oder Wahrnehmung beeinflussen kann.Wie entsteht eine Sucht?
Abb. 2: Drogen sind ihr eigener Treibstoff
Drogen führen bei regelmäßiger Einnahme zu einer körperlichen Abhängigkeit, der Sucht. Der Körper gewöhnt sich an den Effekt der Droge. Bleibt der Effekt über längere Zeit aus, dann reagiert der Körper mit einer Reaktion auf das Ausbleiben der Droge, um dir zu signalisieren, dass er die Droge gerne wieder haben möchte. Man nennt das die Entzugserscheinugen.
Auch psychisch macht dich die Droge von ihr abhängig. Wenn du z.B. viel Alkohol trinkst, dann befreit dich der Alkohol von Sorgen. Du wirst insgesamt ausgelassener und fröhlicher. Wenn du wieder nüchtern bist, dann kehren deine Sorgen wieder zurück und du fängst an, dich an das trügerisch schöne Gefühl der Sorglosigkeit zu erinnern und du wünschst dir diesen Zustand wieder zurück.
Oft treiben dich die Drogen dabei in einen Teufelskreis. Sie verbessern deinen Zustand während der Einnahme. Später sinkt deine Laune wieder und du spürst Nebenwirkungen, wie z.B. den Kater nach starkem Alkoholkonsum. Dieser Zustand lässt dich nicht nur wieder die Droge herbeisehnen, sondern wird auch direkt von der Droge erzeugt. Die Droge ist also selbst der Treibstoff, der dich weiter in den Konsum der Droge treibt.
Wie wirkt eine Droge?
Abb. 3: Eine Balkenwaage - unser Gehirn befindet sich ebenfalls in einem Gleichgewicht
Drogen greifen in dein Gehirn ein. Einige Drogen führen zur Ausschüttung des Stoffes Dopamin. Dieser ist ein Teil des Belohnungssystems in unserem Kopf, d.h. die Droge macht dich glücklich. Andere Drogen beruhigen dich oder schalten Körperfunktionen wie z.b. das Hungergefühl ab.
Dabei bringen sie das körpereigene Gleichgewicht aus der Fassung. In unserem Gehirn herrscht ein komplexes System aus Hormonen, die sich alle gegenseitig regulieren. Du kannst dir das Vorstellen wie eine Balkenwaage, die im Gleichgewicht steht. Nehmen wir nun Drogen, dann nehmen wir eine der Waagschalen und ziehen sie nach unten. Dadurch gerät das ganze Hormonsystem durcheinander. Die negativen Nebenwirkungen, die auftreten, wenn die Droge aufhört zu wirken, sind Folgen dieses Ungleichgewichts.
Nehmen wir nun regelmäßig Drogen, dann akzeptiert unser Körper das Ungleichgewicht als neues Gleichgewicht. Mit dem Absetzen der Drogen gerät die Waage wieder in ihr natürliches Gleichgewicht. Der Körper hat sich jedoch schon so verändert und an das Ungleichgewicht angepasst, dass das ursprüngliche Gleichgewicht wieder Chaos in unserem Gehirn anrichtet. Dies sind die Entzugserscheinungen.
Aus welchem Grund greifen Menschen zur Droge?
Es gibt viele Gründe, die einen Menschen dazu verleiten können Drogen zu nehmen. Oft sind es Probleme entweder im familiären Umfeld, in der Schule oder generell Stress und Angst. Man versucht seinen Problemen aus dem Weg zu gehen. Die Drogen helfen dabei, sich von Ängsten, Stress und Depressionen loszusagen. Ein anderer häufiger Grund ist das Dazugehörigkeitsgefühl. Man konsumiert eine Droge, weil andere es auch tun. Man möchte cool wirken, man wird von seinem Umfeld förmlich dazu gezwungen. Wer nicht mitzieht ist uncool.Wie kann ich damit aufhören?
Mit einer Droge wieder aufzuhören kann ein sehr anstrengender Prozess sein, der eine enorme Willenskraft benötigt. Der Körper macht es uns schwer, über die Entzugserscheinungen und auch die psychische Abhängigkeit hinweg zu kommen. Der erste Schritt bei der Abgewöhnung einer Droge ist es, sich einzugestehen, dass man ein Problem hat. Verharmlost man die Situation mit Aussagen wie „Ich kann jederzeit aufhören“ oder „Ach das sind doch nur ein paar Zigaretten“, dann signalisiert man seiner eigenen Psyche, dass der Konsum okay ist. Der nächste Schritt besteht im schrittweisen Abbau des Drogenkonsums. Man nimmt die Droge in immer geringeren Mengen und in immer größeren Zeitabständen voneinander, um somit den Körper allmählich von seiner Abhängigkeit zu lösen. Da der Prozess nicht einfach ist, empfiehlt es sich Hilfe zu suchen. Dabei muss es nicht immer professionelle Hilfe sein. Gerade der Schritt zu einer öffentlichen Hilfsstelle kann schwierig sein, da man unbekannten Personen gestehen muss, dass man ein großes Problem hat und nicht alleine aus der Situation wieder herauskommt. Dieses Öffnen, diese Nacktheit, diese Verletzlichkeit, ist für die meisten Menschen sehr schwer einzugestehen.
Abb. 4: Echte Freunde stützen und unterstützen dich
Hilfe kann auch von der Familie oder Freunden kommen. Diese Vertrauenspersonen sind öfters in der eigenen Nähe und einem vertrauter als Experten. Eventuell kann die Hilfe sogar von anderen Abhängigen, die ebenfalls einen Entzug versuchen wollen, stammen. Indem man die Fortschritte des Anderen sieht, kann man sich gegenseitig motivieren und antreiben. Außerdem hat man ein besseres Verständnis für die Probleme, die bei einem Entzug auftreten können.
Egal wie schwer es ist sich Hilfe zu holen und den Entzug zu wagen, man sollte immer bedenken, dass man nie alleine ist. Man kann auf die Unterstützung seines Umfelds zählen und Kraft daraus schöpfen. Auch professionelle Hilfe ist eine gute Alternative. Diese Leute sind dazu ausgebildet, Menschen in dieser schweren Situation zu helfen und zu unterstützen.
Nun hast du einen Einblick bekommen, was Drogen anrichten können und wie sie wirken. Wir haben noch einen Erfahrungsbericht von einer ehemals zigarettenabhängigen Person für dich. Sie hat sich bereit erklärt, dir ihre Geschichte zu erzählen, möchte aber anonym bleiben. Somit hast du zusätzlich zur Theorie noch einen praktischen Einblick in die Welt der Drogen.
Ein Erfahrungsbericht
Ich hab Drogenabhängige niemals verstanden. Teilweise habe ich sie sogar dafür verachtet, dass sie ihre Probleme einfach nicht in den Griff bekommen haben. Wenig wusste ich damals, was diese Menschen wirklich durchmachen. Ich hatte ein intaktes Elternhaus, gute Freunde und auch sonst relativ wenig Probleme in der Schule.
Alles änderte sich, als ich war. Meine Mutter wurde mit Krebs diagnostiziert. Mein Vater hatte Probleme damit klarzukommen. Meine Eltern stritten sich immer öfters, bis es schließlich zur Scheidung kam. Die Situation belastete mich immer mehr. Ich musste auf einige Vorzüge verzichten, die ich vorher als selbstverständlich wahrgenommen habe. Ich musste meiner alleinerziehenden Mutter immer mehr im Haushalt helfen, hatte weniger Taschengeld zur Verfügung und insgesamt weniger Zeit für mich selbst.
Unter dem entstandenen Stress litten auf Dauer auch meine Schulnoten. Meine Stimmung verschlechterte sich immer weiter und ich wurde gereizter. Einige meiner Freunde hielten es nicht mehr mit mir aus und unsere Wege trennten sich. In einem besonders schlimmen Moment griff ich dann schließlich zur Zigarette. Wie ich an meine Zigaretten kam, will ich hier lieber nicht erzählen. Es war nicht immer auf legale Weise und ich habe Dinge getan, auf die ich im nachhinein absolut nicht stolz bin.
Die Zigaretten halfen mir. Mit jedem Zug an der Zigarette spürte ich meine Probleme schwinden. Mein Stress nahm ab, meine Probleme traten in den Hintergrund. Solange ich an der Zigarette zog, war ich ruhig, war ich frei. Es gab nichts, das mich noch belastete. Die wirklich schlimmen Momente begannen jedoch dann, als das Nikotin in meinem Körper an Kraft verlor. Alles was ich vorher verdrängt hatte, stürzte auf mich ein.
Deshalb begann ich immer mehr zu rauschen. Irgendwann hielt ich es teilweise nicht einmal mehr bis zur nächsten Pause aus und ging unter dem Vorwand zur Toilette zu müssen, rauchen.
Schließlich erreichte meine Sucht ihren Höhepunkt. Ich würde das Schuljahr nicht schaffen und sitzenbleiben. Als ich an einem Abend nach Hause kam, saß meine Mutter vor einem Brief von der Schule und konfrontierte mich mit meiner Situation. Ich war nicht mehr in der Lage meinen Problemen aus dem Weg zu gehen und es kam zum Streit. Wir schrien uns gegenseitig an und schließlich rannte ich aus der Wohnung.
Ich rannte einfach durch die Nachbarschaft, bis ich letztendlich an einer Straßenecke stehen blieb und meine Zigaretten hervorholte. Die ganzen Ereignisse rasten durch meinen Kopf und keine Zigarette, die ich rauchte, machte die Situation besser. Nach Zigaretten war meine Schachtel leer, doch ich hatte mich immer noch nicht beruhigt. Fluchend und schreiend begann ich auf eine Mülltonne, die vor einem Haus stand einzutreten und einzuschlagen. Ich ließ meine ganzen Aggressionen an der Tonne aus, bis ein Anwohner aus dem Haus kam und mir drohte die Polizei zu rufen.
Ich floh nach Hause. Als ich die Wohnung betrat, fand ich meine Mutter dort vor, wo ich sie vorher verlassen hatte. Sie saß in einem hilflosen Heulkrampf zusammengesunken am Tisch. Dieser Augenblick traf mich mehr als jedes meiner anderen Probleme. Meine krebskranke Mutter, die so viele eigene Probleme hatte, hatte noch die Kraft um mich zu weinen und meine Probleme gingen ihr auch nahe.
Das war der Moment, in dem ich Begriff, dass mehr in meinem Leben schief lief als ich gedacht hatte. Meine Zigaretten waren ein elementarer Bestandteil dieses Problems. Nachdem ich meine Mutter getröstet hatte, setzten wir uns zusammen und überlegten, wie wir meine Probleme in den Griff bekommen könnten.
Im Endeffekt habe ich es mit der Hilfe meiner Mutter geschafft, meinen Zigarettenkonsum einzudämmen. Es war ein schweres Jahr, doch mittlerweile kann ich eine Zigarette rauchen, ohne wieder in mein altes Verhaltensmuster zu fallen. Ich bleibe jedoch streng mit mir und rauche nur noch aus Genuss ca. ein mal die Woche. Wahrscheinlich werde ich die Zigarette niemals los, aber ich werde den Rest meines Lebens wachsam sein.
Mein Apell an dich ist, dass du nicht vor deinen Problemen weg läufst. Es macht die Situation nicht besser. Es verschiebt nur den Zeitpunkt, an dem du dich damit auseinander setzen musst und je länger du wartest, desto größer wird das Problem. Hol dir Hilfe. Du kannst deine Sucht nicht alleine besiegen. Ich habe in meinem Leben noch niemanden getroffen, der das geschafft hat. Du bist nicht alleine, vergiss das nicht!