Welle und Teilchen

Einführung

„Wer glaubt, die Quantentheorie verstanden zu haben, der hat sie nicht verstanden.“
(Richard Feynman, Nobelpreisträger 1965)

Dieses Zitat, eines der größten Physikern nach dem Zweiten Weltkrieg, zeigt auf, wie schockierend die Theorie der Quantenphysik auf diejenigen wirkt, die versuchen sie zu verstehen. Denn sie widerspricht jeglicher Alltagserfahrung. Da Wellen und Teilchen völlig verschiedene Phänomene sind, hat es sich in der Physik als nützlich erwiesen, Experimente, entweder mit dem Wellen- oder dem Teilchenkonzept zu beschreiben.
Die Quantenphysik macht diese klare Beschreibung bestimmter Experimente jedoch unmöglich. Sie sprengt unsere Vorstellungskraft dadurch, dass mikroskopisch kleine Objekte sich sowohl wie Wellen, als auch wie Teilchen verhalten. Daher resultiert der Name des „Welle-Teilchen-Dualismus“.

Vorgeschichte

Die Frage, was Licht ist, war viele Jahrhunderte lang umstritten und nahm seinen Anfang bereits im 17 Jahrhundert. Damals wurden die Gesetze der geometrische Optik für Reflexion und Brechung von Lichtstrahlen näher erforscht und es standen sich zwei grundverschiedene Auffassungen entgegen:

  • Christiaan Huygens deutete die optischen Gesetze mithilfe der Wellenvorstellung und entwickelte dabei sein bis heute gültiges huygenssches Prinzip.
  • Sir Isaac Newton deutete die Gesetze der Optik mit der Korpuskelvorstellung, nach der sich ein Lichtstrahl aus einem Strom schneller und leichter Teilchen zusammensetzt.
Abb. 1: Das typische Interferenzbild eines Doppelspaltversuchs

Auf Grund der großen Reputation von Isaac Newton und in Ermangelung an Experimenten setzte sich dessen Vorstellung des Lichts durch. Lange Zeit wurde also angenommen, dass Licht aus einem Strom von Teilchen besteht. Doch bereits 1802 sollte die Vorstellung Newtons zu wanken beginnen. In diesem Jahr schaffte es nämlich Thomas Young, ein britischer Augenarzt und Physiker, das bekannte Beugungsexperiment am Doppelspalt durchzuführen. In diesem Experiment tritt Licht auf zwei schmale, parallele Spalten und bildet am Beobachtungsschirm, der in einem sehr viel größeren Abstand angebracht ist, als der Abstand der beiden Spalten, das in Abbildung 1 erkennbare, typische Interferenzmuster. Dieses Muster entsteht dadurch, dass sich Licht an manchen Stellen durch Interferenz auslöscht. Mit diesem Versuch wurde die Wellennatur des Lichts bewiesen und die Vorstellung, dass Licht ein Teilchenstrahl ist, wurde undenkbar. Jedoch dauerte es noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bis die Korpuskeltheorie vollständig abgelöst wurde. Großen Beitrag hierzu leistete unter anderem auch die Tatsache, dass sich Licht polarisieren lässt. Dieser Umstand ist ebenfalls mit der herkömmlichen Theorie, dass Licht ein Strom aus vielen Teilchen ist, nicht zu erklären.

Entdeckung der Quantentheorie

Abb. 2: Max Planck (1858-1947) auf der Rückseite einer 2-DM-Münze

Die Reinkarnation der Teilchentheorie wurde im Jahre 1900 eingeleitet. Der bekannte Physiker Max Planck versuchte zum damaligen Zeitpunkt die Wärmestrahlung zu erforschen, also wie sich heiße Körper verhalten und was für elektromagnetische Wellen sie abstrahlen. Auch die besten Berechnungen zum damaligen Zeitpunkt waren so ungenügend, dass sie einen fundamentalen Fehler beinhalten mussten. Innerhalb eines gewissen Temperaturbereichs ergaben das Wiensche Strahlungsgesetz (blau in Abb. 4) und das Rayleigh-Jeans-Gesetz (rot in Abb. 4) zwar gute Ergebnisse, zum Beispiel bei Glühbirnen, doch ein allgemein gültiges Gesetz der klassischen Physik ließ sich nicht finden.
Für Glühbirnen gilt zum Beispiel, dass wenn sie heiß genug sind, sie zunächst rot, dann gelb und schließlich weiß glühen. Dabei werden die Wellen der Strahlung mit steigender Temperatur immer kürzer. Würde man den Draht in der Birne nun aber immer weiter erhitzen, so würde er überwiegend sehr kurzwelliges Licht abstrahlen. Die sehr heiße Sonne müsste demnach vor allem sehr kurzwelliges Licht abgegeben. Aber bereits im 19. Jahrhundert war bekannt, dass dies nicht der Fall ist.

Abb. 3: Der österreichische Physiker Ludwig Boltzmann (1844-1906)

Ursprünglich war Max Planck angetreten das Rätsel der Wärmestrahlung mit der klassischen Physik zu lösen. Doch zunächst - wie alle anderen auch - vergeblich. Jahrelanges Brüten über dem Problem brachten ihn nicht weiter, bis er sich von der klassischen Physik löste und mit großem Widerwillen das Gesetz des damals verpönten österreichischen Physikers Ludwig Boltzmann in seine Rechnungen integrierte. Rückwirkend nannte er dies einen „Akt der Verzweiflung“. Was Boltzmann bereits früher vermutete, erkannte Planck als die Lösung des Rätsels: Das neue Gesetz nahm an, dass die Energie nicht unendlich zerteilt werden kann, sondern in Paketen, er nannte sie Quanten, vorliegt. Im Rahmen dieser Arbeit führte Planck auch das Plancksche Wirkungsquantum h, eine Naturkonstante, ein. Den Buchstaben \(h\) nahm er dabei von „Hilfsgröße“.
Was Planck damals noch nicht wusste, war, dass er nicht nur die Grundlage der Quantentheorie gelegt, sondern, neben der Gravitationskonstanten \(G\) und der Lichtgeschwindigkeit \(c\), auch eine der drei fundamentalen Naturkonstanten der Physik gefunden hatte.

Das von Planck entwickelte Strahlungsgesetz führte, wie du Abbildung 4 entnehmen kannst, genau das Rayleigh-Jeans und das Wiensche Strahlungsgesetz zusammen.

Abb. 4: Vergleich der Gesetze von Rayleigh-Jeans (rot), Planck (grün) und Wien (blau). Hier zum Bildnachweis

Mit dem Planckschen Strahlungsgesetz schafft Planck eine Formel, die hervorragend mit allen Beobachtungen übereinstimmt. Doch trotzdem war die Physikergemeinschaft nicht begeistert und keiner wusste genau, was dieses Gesetz zu bedeuten hatte. Auch Max Planck selbst nicht. Die Quanten waren mehr als rechnerischer Trick gedacht und dementsprechend auch als ein solcher behandelt. Erst Albert Einstein erkannte ihre wahre Relevanz.

„Die Quanten sind doch eine hoffnungslose Schweinerei!“
(Max Born, Nobelpreisträger 1954, an Albert Einstein)

Photoeffekt

Die praktische Grundlage des Photoeffekts legte bereits 1839 Alexandre Becquerel, der feststellte, dass sich Ladungsträger aus einer Metalloberfläche freisetzen, wenn diese mit Licht bestrahlt wird. Diese Forschung wurde von Heinrich Hertz und dessen Schüler Wilhelm Hallwachs fortgesetzt.
Dessen Hallwachseffekt und die Quantenvorstellung von Planck wurden von Albert Einstein mit dem Photoeffekt zusammengeführt und von ihm interpretiert. Für diese Interpretation und nicht für seine Relativitätstheorie erhielt er schließlich 1921 den Nobelpreis für Physik.

Hallwachseffekt

Hallwachs bestrahlte eine elektrisch geladene Zinkplatte mit UV-Licht. Ein an die Zinkplatte angeschlossenes Elektroskop zeigte quantitativ die Ladungsmenge, die auf der Zinkplatte vorhanden sind. Als Hallwachs schließlich bei seinen Versuchen die geladene Zinkplatte mit UV-Licht bestrahlte ergab sich, dass sich eine negativ geladene Platte entlädt, bei der positiv geladenen Platte passierte allerdings nichts. Er interpretierte dieses Ergebnis dadurch, dass auf der negativ geladenen Platte Elektronen sitzen, die vom UV-Licht herausgeschlagen werden. Die Energie des Lichts bringt dabei die Austrittsarbeit \(W_{A}\) auf und sorgt dafür, dass sich die Elektronen mit der kinetischen Energie \(W_{kin}\) von der Platte weg bewegen:

Abb. 5: Der Versuchsaufbau des Hallwachs-Experiments

Bei Verwendung von Rot-Licht konnte Hallwachs allerdings für keine Versuchsanordnung feststellen, dass sich die Platte entlädt. Dies lässt sich mit dem Wellenmodell nicht erklären!

Photoeffekt

Abb. 6: Albert Einstein im Jahr 1904

Albert Einstein, damals noch im Patentamt Bern tätig, befasste sich in seinem „Wunderjahr“ 1905, in dem er vier nobelpreiswürdige Publikationen, u.a. auch die spezielle Relativitätstheorie, verfasste, mit dem sogenannten äußeren photoelektrischen Effekt, auch lichtelektrischer Effekt oder kurz Photoeffekt genannt. Der Versuchsaufbau gleicht dem Experiment von Wilhelm Hallwachs. Allerdings werden die herausgeschlagenen Elektronen an einer Anode in Abhängigkeit der Frequenz des Lichts gemessen. Das Licht schlägt beim äußeren photoelektrischen Effekt Elektronen aus der Photokathode heraus, welche sich zur positiv geladenen Anode bewegen. Gleichzeitig wird ein elektrisches Feld bzw. eine elektrische Gegenspannung angelegt, die soweit erhöht wird, bis sie der kinetischen Energie der Elektronen entspricht. Es kommen somit keine Elektronen mehr an der Anode an. An der Anode gilt also folgende Energiebetrachtung:

\(\begin{array}{rl@{\hspace{1cm}}l}
    W_{kin}=& W_{el}\\
    =& e \cdot U
    \end{array}\)

Der Versuch wird mit verschiedenen Lichtquellen durchgeführt und ist folgendermaßen aufgebaut:

Abb. 7: Aufbau einer Photozelle

Dabei ist nach dem Wellenmodell zu erwarten, dass

  1. mit steigender Lichtintensität, also größerer Amplitude der Lichtwellen, die Elektronen schneller werden. Die Gegenspannung sollte steigen.
  2. mit steigender Frequenz und gleichbleibender Intensität die Elektronen nicht schneller werden.

Entgegengesetzt zu den Erwartungen nach dem Wellenmodell zeigten sich jedoch in den experimentellen Ergebnissen, dass

  1. mit steigender Lichtintensität die Elektronen nicht schneller werden.
  2. mit steigender Frequenz und gleichbleibender Intensität die Elektronen schneller werden.

Ob Elektronen aus der Photozelle herausgelöst werden, ist demnach nicht von der Lichtintensität. sondern nur von der Frequenz des Lichts abhängig. Dies stimmt auch mit Hallwachs Beobachtungen überein, bei denen niederfrequentes Rot-Licht keine Elektronen auslöst.

Es ergibt sich der folgende Graph, wobei der Teil unterhalb der \(x\)-Achse extrapoliert wird, da bei diesen Frequenzen keine Elektronen herausgeschlagen werden:

Du kannst also erkennen, dass es zwischen der Energie \(W_{kin}\) (hier in eV) und der Frequenz \(f\) (hier in \(10^{+14}\) Hz) einen linearen Zusammenhang gibt:

\(W_{kin}=m \cdot f + b \)

Der \(y\)-Achsenabschnitt \(b\) bezeichnet hierbei gerade die Austrittsarbeit \(W_A\) des Materials, die mindestens aufgewendet werden muss, damit Elektronen herausgelöst werden. Es gilt: \(b=-W_A \approx -1,9\) eV

Die Steigung \(m\) ergibt zu \(m \approx 6,626 \cdot 10^{-34}\,\,\text{Js}\). Dies entspricht gerade dem Planckschen Wirkungsquantum h . Es gilt also:

\(h=6,626 \cdot 10^{-34}\,\,\text{Js}\)

Für die kinetische Energie eines ausgetretenen Elektrons ergibt sich somit:

\(W_{kin}=h \cdot f - W_A \)

Da die gesamte Energie des Lichts beim Aufprall auf die Platte in Austrittsarbeit \(W_A\) und die kinetische Energie \(W_{kin}\) des Elektrons umgewandelt wird, ergibt sich für die Energie des Lichts:

\(\begin{array}{rl@{\hspace{1cm}}l}
    W_{Licht}=&W_{kin} + W_A\\
    =&h \cdot f - W_A + W_A\\
    =&h \cdot f 
    \end{array}\)

Einsteinsche Deutung des Photoeffekts

Albert Einstein deutete den Photoeffekt und die damit verbundene Gleichung der Energie des Lichts damit, dass die Lichtenergie gequantelt ist. Licht kann also mit Materie nicht beliebige Energiemengen austauschen, sondern nur bestimmte „Energiepakete“. Die Träger dieser Energiepakete werden Quanten genannt. Lichtenergie kann also nur mithilfe von Quanten ganz oder gar nicht, also in kleinen Energiepaketen, übertragen werden.
Demnach beträgt die übertragene Energiemenge immer ein ganzzahliges Vielfaches der Energie eines Lichtquants:

\(\Delta W = h \cdot f \)

Diese Hypothese, die von Planck noch als Rechentrick angesehen wurde, nutze Albert Einstein, um die experimentellen Befunde des äußeren photoelektrischen Effekts zu erklären. Für diese Arbeit erhielt Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik.

Später wurde für die Lichtquanten der Begriff „Photonen“ eingeführt.

Abb. 9: Eine Postmarke der Bundespost würdigt die einsteinsche Deutung des Photoeffekts

Masse der Photonen und die De-Broglie-Wellenlänge

Mithilfe von Einsteins Jahrtausendformel \(E_0=m\cdot c^2\) lässt sich die Masse eines Photons herleiten:

\(\begin{array}{rl@{\hspace{1cm}}l}
    E_{0}=&E_{Licht}\\
    m \cdot c^2=&h \cdot f\\
    m \cdot c^{\color{orange}{2}}=&h \cdot \dfrac{\color{orange}{c}}{\lambda}&\mid\; :c\\
    m=&\dfrac{h}{\lambda \cdot c}
    \end{array}\)

Photonen besitzen diese Masse allerdings nur, wenn sie sich bewegen. Eine Ruhemasse dieser Lichtquanten existiert nicht, was bedeutet, dass Photonen nur in Bewegung existieren.

Abb. 10: Louis de Broglie (1892-1987) erhob in seiner kühnen Dissertation den Welle-Teilchen-Dualismus zum allgemeinen Prinzp.

Der französische Adelige und Physiker Louis de Broglie stellte in seiner Doktorarbeit im Jahre 1924 die kühne These auf, dass nicht nur Licht einen Wellen- und Teilchencharakter aufweist, sondern auch Elektronen und andere kleine Objekte.

Mithilfe der obigen Formel und der Tatsache, dass der Impuls als \(p=m \cdot v\) definiert ist, brachte ihn auf die Idee, diesen ebenfalls relativistisch auszudrücken. Ersetzt du in der Formel des Impulses die Geschwindigkeit des Photons durch die Lichtgeschwindigkeit \(c\) und setzt die oben bestimmte Masse eines Photons ein, so erhältst du:

\(\begin{array}{rrl@{\hspace{1cm}}l}
    p=&m \cdot v=&m\cdot c\\
    &=&\dfrac{h}{\lambda \cdot \color{orange}{c}} \cdot \color{orange}{c}\\
    &=&\dfrac{h}{\lambda} 
    \end{array}\)

Umgeformt nach der Wellenlänge ergibt sich daraus die berühmte De-Broglie-Wellenlänge:

\(\boldsymbol{\lambda = \dfrac{h}{p}}\)

Demnach können Objekten wie Elektronen, Protonen oder sogar Molekülen wie Fulleren eine Wellenlänge zugeordnet werden. Diese Welleneigenschaften wurden später durch zahlreiche Experimente bestätigt.

Sehr kleinen Teilchen können also sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften zugewiesen werden und je nach Verhalten können Experimente durch diese Eigenschaften erklärt werden. Beide Eigenschaften scheinen sich eigentlich zwar zu widersprechen, doch zeigt die experimentelle Physik, dass wir über unsere Vorstellungskraft hinaus denken müssen. Denn was genau jetzt diese kleinen Teilchen sind, entzieht sich unserer Erfahrung. Wir können sie lediglich mit unser Wahrnehmungsfähigkeit beschreiben.

„In sehr kleinen Dimensionen verhalten sich die Dinge wie nichts, von dem wir unmittelbare Erfahrung haben. Sie verhalten sich nicht wie Wellen, nicht wie Teilchen oder irgendetwas, was wir jemals gesehen haben.“
(Richard Feynman, Nobelpreisträger 1965)
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