DNA
Definition
Die DNA (desoxyribonucleic acid) bzw. im Deutschen DNS (Desoxyribonucleinsäure) ist ein Biopolymer, dessen grundlegende Aufgabe darin besteht, als Träger der Erbinformationen von Lebewesen zu dienen. Wir wollen uns in diesem Skript insbesondere mit der Chemie dieser Verbindung auseinandersetzen. Dazu betrachten wir zunächst die Monomere (Bausteine) der DNA in Form der Nucleotide sowie deren Aufbau. Anschließend sind wir in der Lage die Monomere zu einem Polymer zusammenzusetzen. Abschließend wollen wir die Struktur der DNA besprechen, um dann auch die charakteristische Helix-Struktur und ihre Stabilität kennen zu lernen.
Die Inhalte dieses Skripts beziehen sich wie bereits erwähnt auf die Chemie der DNA. Uns interessieren hier die molekularen Bausteine, ihre Zusammensetzung, spezifische chemische Eigenschaften und zwischenmolekulare Kräfte. Die biologische Relevanz werden wir nur am Rande behandeln. Wenn du jedoch den ganzen Blick auf die DNA und RNA, ihre biochemischen Eigenschaften und Funktionen haben möchtest, dann empfehlen wir dir einen Blick in die BioLV-Skripte Molekulare Genetik - DNA und Molekulare Genetik - Proteinbiosynthese zu werfen. Dort findest du bspw. Informationen zu
- der DNA-Analyse (Polymerase-Kettenreaktion, genetischer Fingerabdruck, u.ä.).
- der Replikation.
- der Proteinbiosynthese durch die RNA mit allen relevanten Teilschritten.
Nucleinsäuren
Neben den Kohlenhydraten und Polypeptiden sind die Nucleinsäure der dritte wichtige Vertreter biologischer Polymere. Dabei nimmt diese Verbindung für das Leben eine fundamentale Bedeutung ein, da die Erbinformationen in Form der DNA gespeichert werden. Es werden zwei Typen von Nucleinsäuren unterschieden:
- Desoxyribonucleinsäure - DNA
- Ribonucleinsäure - RNA (werden wir hier nicht im Detail behandeln!)
Wir wollen uns nun von den Bausteinen der Monomere hin zur kompletten Struktur der DNA vorarbeiten und so ihre chemischen Aspekte verstehen. Die RNA werden wir an geeigneten Stellen erwähnen, aber nicht im Detail diskutieren.
Monomere der Nucleinsäuren - die Nucleotide
Bei einer Nucleinsäure handelt es sich um ein Biopolymer. Analog zu den anderen im ChemieLV-Themengebiet Naturstoffe besprochenen Biopolymeren wollen wir uns an dieser Stelle zunächst mit den Monomeren (Bausteine) dieser makromolekularen Verbindung beschäftigen. Im Fall der Nucleinsäuren werden die Monomere als Nucleotide bezeichnet. Ein Nucleotid setzt sich aus drei Untereinheiten zusammen:
- einer Nucleobase in Form von Stickstoffheterozyklen
- einer Pentose
- einem Phosphatrest
Wir wollen uns nun zunächst die einzelnen Untereinheiten anschauen und im Anschluss das Nucleotid zusammensetzen.
Die Bausteine des Nukleotids
Nucleobasen
Stickstoffheterozyklen
Nucleobasen besitzen Stickstoffheterozyklen als Grundstruktur. Unter dem Begriff der Heterozyklen versteht man organische Moleküle, die eine Ringstruktur mit mindestens einem von Kohlenstoff verschiedenen Atom besitzen (vgl. Abb. 2)
Abb. 2: Drei Heterozyklen mit Sauerstoff und Stickstoff in der Ringstruktur
Im Fall der Nucleobasen sind für uns insbesondere das zweite und dritte Molekül wichtig: Pyrimidin und Purin. Diese Moleküle bilden die Grundlage für die angesprochenen Nucleobasen, von denen es fünf verschiedene gibt. Der Basenbegriff geht auf das basische Verhalten der beiden Verbindungen in wässriger Lösung zurück. Wenn du dir die Moleküle anschaust, dann fällt auf, dass hier freie Elektronenpaare am Stickstoff vorhanden sind. Stickstoff kann hier nach Brönsted also die Rolle eines Protonenakzeptors (Base) einnehmen.
Nucleobasen auf Grundlage von Pyrimidin
Pyrimidin stellt den Baustein für folgende Nucleobasen dar:
- Cytosin
- Thymin
- Uracil
In Abbildung 3 sind die Strukturformeln dieser drei Nucleobasen dargestellt:
Abb. 3: Strukturformeln von Cytosin, Thymin und Uracil - rot: Grundbaustein Pyrimidin
Cytosin und Thymin sind Bestandteil der DNA, während Uracil in der RNA vorkommt und dort Thymin ersetzt.
Nucleobasen auf Grundlage von Purin
Purin stellt den Grundbaustein für zwei weitere Nucleobasen dar:- Adenin
- Guanin
Wiederum sind die Strukturformeln in nachfolgender Abbildung 4 dargestellt.
Abb. 4: Strukturformeln von Adenin und Guanin - orange: Grundbaustein Purin
Hier fällt auf, dass im Fall von Adenin nur eine Aminogruppe (R-) bzgl. der Grundstruktur Purin hinzukommt und im Fall von Guanin ein zusätzlicher Carbonylsauerstoff (R-CO).
Tautomerisierung von Nucleobasen
Die Tautomerie beschreibt die gleichzeitige Umlagerung eines Protons und einer Doppelbindung in einem Molekül. Dieses Phänomen ist uns bereits im Zusammenhang mit den Monosacchariden über den Weg gelaufen (vgl. ChemieLV-Skript Monosaccharide). Dort haben wir uns mit der Keto-Enol-Tautomerie von D-Glucose und D-Fructose beschäftigt. Damit wollen wir an dieser Stelle ebenfalls einen kurzen Blick auf die Auswirkungen werfen und die Tautomerisierung am Beispiel von Cytosin (vgl. Abb. 5) und Guanin betrachten (vgl. Abb. 6).
Abb. 5: Tautomerie von Cytosin
Abb. 6: Tautomerie von Guanin
Das Proton () wandert an das nächstgelegene N-Atom und die Doppelbindung klappt in den Ring hinein. Die anderen Basen zeigen ein ganz ähnliches Verhalten, was bedeutet, dass du die hier dargestellten Konzepte auf sie übertragen kannst.
Pentosen und Phosphatreste
Pentosen
Nucleotide können aus zwei verschiedenen Pentosen (Monosaccharid mit 5 C-Atomen) aufgebaut sein: 2‘-Desoxyribose oder Ribose (vgl. Abb. 7).
Abb. 7: 2-Desoxyribose (links) und Ribose (rechts) als mögliche Bausteine eines Nukleotids
Die beiden Monosaccharide (Einfachzucker) unterscheiden sich nur im Substituenten am C-2‘-Atom: 2‘-Desoxyribose weist ein H-Atom auf, während im Fall der Ribose eine Hydroxygruppe vorhanden ist. Desoxy lässt sich als „ohne Sauerstoff“ übersetzen, der in dem Fall am C-2‘-Atom fehlt. Wir wollen an dieser Stelle zwei Aspekte festhalten:
- Kohlenstoffatome der Zuckereinheiten werden neben dem Durchnummerieren mit einem Apostroph gekennzeichnet, also 1‘-5‘. Diese Kennzeichnung benötigen wir später, wenn wir auch die Nucleobasen betrachten.
- 2‘-Desoxyribose tritt in den Nukleotiden der DNA auf, während die Ribose in den Nukleotiden der RNA zu finden ist.
Phosphat-Rest
Neben den Nucleobasen und Pentosen stellt der Phosphat-Rest den dritten Bestandteil des Nucleotids dar. Der Phosphat-Rest leitet sich von der Phosphorsäure ab (vgl. Abb. 8).
Abb. 8: Strukturformel der Phosphorsäure und des Phosphat-Rests
An den Phosphat-Rest ist eine der oben angesprochenen Pentosen gebunden.
Das Nucleotid
Das Nucleotid besteht aus den drei Bausteinen Nucleobase, Pentose und Phosphatrest (vgl. Abb. 9).
Abb. 9: Strukturformel eines Nukleotids - hier: 2-Desoxyguanidylsäure
In Abbildung 9 siehst du beispielhaft einen Nucleotid (2‘-Desoxyguanidylsäure) der DNA mit der Nucleobase Guanin. Es existieren jeweils vier Nucleotide für die DNA und die RNA. Diese setzen sich wie folgt zusammen:
- DNA Nucleotid: 2‘-Desoxyribose + Phosphatrest + eine Nucleobase (Guanin, Adenin, Thymin oder Cytosin)
- RNA Nucleotid: Ribose + Phosphatrest + eine Nucleobase (Guanin, Adenin, Uracil oder Cytosin)
Als wir die Pentosen eingeführt haben, haben wir auch die spezielle Nummerierung der C-Atome des Monosaccharids kennen gelernt. Diese Nummerierung wird im Fall der Polymerisierung der Nucleotide zur Nucleinsäure notwendig. Nucleinsäuren sind über Phosphatesterbrücken vom C-5‘-Atom eines Nucleotids zum C-3‘-Atom eines anderen Nukleotids verknüpft (vgl. Abb. 10).
Abb. 10: Strukturformelausschnitt einer Nukleinsäure der DNA
Aufgrund der Nummerierung können wir die Verkettung der Nucleotide über das C-3‘- und das C-5‘-Atom den C-Atomen der Pentose zuordnen. Die Nucleobasen sind nicht am Aufbau dieser Kettenstruktur beteiligt.
Struktur der DNA
Bisher haben wir uns nur mit dem Aufbau einer Nucleinsäure beschäftigt und Wechselwirkungen mit anderen Nucleinsäuren vernachlässigt. An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass DNA aus zwei komplementären Nucleinsäuresträngen aufgebaut ist. Wir wollen nun zunächst die Wechselwirkung von Basenpaaren diskutieren und anschließend zwei komplementäre Nucleinsäurestränge betrachten, bevor wir zur Struktur der DNA übergehen.
Orientierung der DNA-Stränge
Basenpaare und deren Orientierung
Obwohl wir bereits wissen, wie die Nucleinsäuren aufgebaut sind, begeben wir uns noch einmal auf das Niveau ihrer Monomere und betrachten hier die Nucleobasen. Dazu wählen wir die in Abbildung 11 dargestellten Paare:Abb. 11: Basenpaarung Adenin - Thymin und Guanin - Cytosin
Wenn die Nucleobasen gepaart vorkommen, dass bedeutet, wenn sich zwei Nucleinsäuren gegenüberliegen und die beiden Nucleobasen sich gegenüberstehen, dann immer in dieser Konstellation. Der Grund hierfür liegt in der Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen begründet (vgl. Abb. 12).
Abb. 12: Zwischen den Basen Adenin und Thymin bilden sich zwei Wasserstoffbrücken aus
Zwischen Adenin und Thymin können sich zwei Wasserstoffbrücken ausbilden. Verantwortlich dafür sind die relativ stark polarisierten H-Atome an den jeweiligen N-Atomen sowie die freien Elektronenpaare am Carbonylsauerstoff von Adenin und dem N-Atom im ehemaligen Purin des Thymins. Im Fall von Guanin und Cytosin beobachten wir folgendes (vgl. Abb. 13):
Abb. 13: Zwischen den Basen Guanin und Cytosin bilden sich drei Wasserstoffbrücken aus
Komplementäre Nucleinsäuren
Die DNA ist nun aus zwei komplementären Nucleinsäuresträngen aufgebaut. Diesen Umstand wollen wir uns anhand von Abbildung 14 veranschaulichen. Um die Darstellung zu vereinfachen stellen wie die einzelnen Nucleobasen sowie den Phosphat-Rest in der Phosphatesterbrücke nur noch durch ihre Anfangsbuchstaben dar:- Adenin A
- Thymin T
- Guanin G
- Cytosin C
- Phosphat-Rest P
Abb. 14: Basenpaarung im Fall zwei paralleler Nukleinsäurestränge
- Liegen zwei Nukleinsäurestränge nebeneinander, dann müssen diese Paarungen eingehalten werden. Wenn wir demnach die Abfolge der Nucleobasen (Basensequenz) einer Nucleinsäure kennen, dann können wir direkt die Basensequenz der komplementären Nucleinsäure ableiten.
- Innerhalb der DNA treten jeweils genau gleich viele Guanin- und Cytosin-Basen sowie Adenin- und Thyminbasen auf. Diese Tatsache ergibt sich daraus, dass die Nucleobasen immer nur in den angesprochenen Paaren auftreten.
- Die Nucleinsäurestränge können extrem hohe molare Massen aufweisen.
Wir haben nun alle Informationen beisammen, um uns nun der tatsächlichen Struktur der DNA zuzuwenden.
Die Doppelhelix
Ein wenig Wissenschaftsgeschichte
Zu Beginn der 1950er Jahre kam es im Cavendish-Laboratorium der Universität Camebrigde zu der schicksalshaften Begegnung zweier Männer, die eine der wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts machen sollten: die Entschlüsselung der DNA-Struktur. Francis Crick, ein Physiker, der sich mit Röntgenkristallographie biologischer Moleküle beschäftigte und der Biologe James Watson machten es sich zum Ziel die Struktur der DNA zu entschlüsseln, wobei ihnen der Einfluss dieser möglichen Entdeckung bereits damals bewusst war. Auf der Grundlage experimenteller Arbeiten von Rosalinde Franklin und Maurice Wilkins, welche die DNA strukturell untersuchten, schafften es Francis und Crick 1953 durch fieberhaftes Rätseln die Doppelhelix-Struktur der DNA theoretisch zu entschlüsseln. Dies brachte ihnen und Maurice Wilkins 1962 den Nobelpreis für Medizin ein. Rosalinde Franklin war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, sodass sie nicht an dieser Ehrung beteiligt werden konnte.
Die Doppelhelix-Struktur
- Zwei komplementäre Nucleinsäuren bilden die Doppelhelix aus.
- Die Doppelhelix wird durch die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Basenpaaren der Nucleobasen zusammengehalten.
- Das Gerüst der DNA bilden die über Phosphatesterbrücken verbundenen Pentose-Baueinheiten in Form der 2‘-Desoxyribose.
- Die Nucleobasen stehen im Bezug auf die Doppelhelix ins innere der Struktur.
- Die Nucleotidsequenz, genauer die Sequenz der Nucleobasen, der Nucleinsäuren codiert die Erbinformationen eines Organismus.
Zusammenfassung
- Nucleinsäuren sind neben Kohlenhydraten und Proteinen die dritte wichtige Gruppe der Biopolymere.
- Nucleinsäuren werden in Desoxyribonucleinsäure (DNA) und Ribonucleinsäure (RNA) unterschieden.
- Aus dem Englischen stammen die Begriffe DNA (desoxyribonucleic acid) und RNA (ribonucleic acid).
- Aus dem Deutschen stammen die Begriffe DNS (Desoxyribonucleinsäure) und RNS (Ribonucleinsäure).
- Die Monomere der Nucleinsäuren sind die Nucleotide.
- Nucleotide bestehen aus drei Bestandteilen: einem Phosphatrest, einer Pentose und einer Nucleobase.
- In DNA nimmt 2‘-Desoxyribose die Rolle der Pentose im Nucleotid ein, im Fall der RNA ist es Ribose.
- Die Grundbausteine der Nucleobasen sind die Stickstoffheterozyklen Pyrimidin und Purin.
- Es existieren fünf Nucleobasen: Adenin, Thymin, Guanin, Cytosin und Uracil.
- Uracil ersetzt Thymin in der RNA.
- In Nucleinsäuren sind die Nucleotide durch Phosphatesterbrücken über das C-3‘- und C-5‘-Atom verknüpft.
- Nucleobasen bilden die Basenpaare: Adenin - Thymin und Guanin - Cytosin.
- Die Paarung kommt auf Grundlage von Wasserstoffbrückenbindungen zu Stande, die zwischen den jeweiligen Nucleobasen ausgebildet werden. Zwischen Adenin und Thymin kommt es zur Ausbildung von zwei Wasserstoffbrückenbindungen und zwischen Guanin und Cytosin zu dreien.
- Innerhalb eines DNA-Strangs liegen zwei komplementäre Nucleinsäuren vor.
- Die Basenpaarung bestimmt die Nucleotidsequenz der komplementären Nucleinsäure: Beide Stränge ergänzen sich genau so, dass die Basenpaarung immer gewährleistet ist.
- Auf Grundlage der komplementären Nucleinsäuren liegen innerhalb eines DNA-Strangs immer genau gleich viele Adenin- und Thymin-Basen sowie Guanin- und Cytosin-Basen vor.
- Die Struktur der DNA wird durch eine Doppelhelix beschrieben. Diese wurde 1953 von Francis Crick und James Watson eingeführt.
Francis Crick: https://goo.gl/7wr0im - Francis Crick, Marc Lieberman CC-BY 2.5